f klavierSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 20. Juni 2019, Teil 9

Kirsten Liese

Berlin (Weltexpresso) - Der Pariser Bahnhof fördert ein erstaunliches Talent zutage: Mathieu Malinski, ein junger polnischer Ganove, spielt auf einem öffentlichen Klavier Präludien von Bach. Und das derart konzertreif, dass der Direktor des Pariser Konservatoriums ihm fasziniert zuhört, ihn vor dem Gefängnis bewahrt, ein Studium ermöglicht und in einen  renommierten Wettbewerb bugsiert.  Ludovic Bernard konstruiert eine Erfolgsgeschichte, die an Einfältigkeiten,  absehbaren Wendungen, Konstruiertheiten und Klischees kaum zu überbieten ist und damit ähnliche Schwächen aufweist wie andere Filme um sozial benachteiligte Talente wie „Vier Minuten“ oder „La Mélodie-Der Klang von Paris“.

So ziemlich alles in dieser Geschichte bleibt eine Behauptung: Dass der „Klavierspieler vom Gare du Nord“ in eine Villa einbricht, nur um sich in größter Gelassenheit auf einem Flügel der Musik hinzugeben und später im Handumdrehen- wiewohl er keine Noten lesen kann-  umsetzen kann, was die ihm zugeteilte, obligatorisch strenge Klavierlehrerin am Konservatorium von ihm verlangt. Und dass sein ehrgeiziger Impresario auf ihn als einzigem vielversprechenden Kandidaten angewiesen sein soll, wo doch an talentierten Pianisten wahrlich kein Mangel herrscht.

Zudem erscheint Pierres Ehefrau Mathilde, die Malinski eine Falle stellt, weil sie ihren Mann verdächtigt, einen Ersatzsohn für ihren an Leukämie verstorbenen Sohn heranzuziehen, als Nebenfigur ebenso entbehrlich wie die schwarzafrikanische Studienkollegin Anna, die Mathieu schöne Augen- und als Cellistin eine schlechte Figur macht.

Bei alledem rührt eine Szene, in der sich die beiden jungen Leute  vor der Notre Dame küssen, ans Geschmacklose, mag man dem Regisseur auch zugute halten, dass sie vor dem tragischen Brand der Kathedrale gedreht wurde.

Das größte Ärgernis aber ist der aufdringliche fette Soundtrack, der überwiegend mit Popmusik empfindliche, unbegründete Stilbrüche zu den eingespielten Klavierwerken von Bach, Liszt und Rachmaninow evoziert. Einmal mehr scheitert damit ein gut gemeinter Film, der eigentlich eine Lanze für die klassische Musik brechen will, an einem miserablen künstlerischen Niveau.

Foto:
© Verleih

Info:
Regie: Ludovic Bernard
Drehbuch: Ludovic Bernard, Johanne Bernard nach dem gleichnamigen Roman von Gabriel Katz
Darsteller
Mathieu Malinski   Jules Benchetrit
Pierre Geithner       Lambert Wilson
Die Gräfin               Kristin Scott Thomas
Anna                       Karidja Touré
Mathilde Geithner   Elsa Lepoivre, von der Comédie Française
André Ressigeac    André Marcon
Monsieur Jacques  Michel Jonasz