Serie: 13.Festival des Mittel und osteuropäischen Films in Wiesbaden vom 10. bis 16. April, Teil 9

 

Helga Faber

 

Wiesbaden (Weltexpresso) – Die Besonderheit dieses Symposiums besteht in der Verschränkung von Filmen einer gesellschaftlich relevanten Zeit in Jugoslawien mit den Vorträgen und Diskussionen darüber aus dem heutigen Blick, genauso wie der Blick der Zeit, den der Westen wenig mitbekam, aufgearbeitet wird.

 

 

Bright Black Frames – Der Neue Jugoslawische Film zwischen Subversion und Kritik

 

Das goEast Symposium 2013 stellt die aufregendste Dekade der jugoslawischen Filmgeschichte in den Fokus: Anfang der 60er bis Anfang der 70er Jahre entstanden die Werke des sogenannten Neuen Jugoslawischen Films, der von Parteifunktionären und linientreuer Intelligenzija abwertend als „Schwarze Welle“ gebrandmarkt wurde. Diese Bezeichnung umfasste all jene Filme, die soziale Missstände offen legten oder Randgruppen ins Blickfeld rückten; sowie Werke, welche Kritik an den Autoritäten und der offiziellen Ideologie übten. Im Gegensatz zur offiziell proklamierten Vision des widerspruchsfreien Fortschritts der sozialistischen Gesellschaft, zeigten die Filme die ungeschönte Realität des sozialistischen Jugoslawiens.

 

Das Symposium möchte die Besonderheiten des politisch-ästhetischen Bewusstseins dieser sehr heterogenen Filmszene nachzeichnen. Das Wieder- Sehen und -Lesen der bewegten Bilder der Schwarzen Welle kann die Einzigartigkeit der jugoslawischen Bildsprache freilegen. Das Symposium lädt dazu ein, die vielfältigen politischen Strömungen zwischen Subversion und Kritik zu betrachten. Darüber hinaus gibt es Gelegenheit, die visuellen Spannungsfelder zu entdecken, in denen die filmischen Einflüsse der französischen Nouvelle Vague und des italienischen Neorealismus

im osteuropäischen Kino widerhallen.

 

Die Vorträge und die begleitende Filmreihe beleuchten gesellschaftlich brisante Themen und erkunden das spezifisch „Schwarze“ in der Schwarzen Welle. Dabei stellt sich die Frage, ob man heute, in post-jugoslawischen Zeiten, nicht mit einem ganz anderen „Schwarzen Fleck“ konfrontiert ist, scheint doch die gesamte jugoslawische Geschichte zu einem solchen geworden zu sein. Der Begriff „Jugoslawien“ ruft automatisch ambivalente Assoziationen hervor, die von totalitären bis zu nostalgisch verklärten Bildern reichen. In der Filmgeschichte selbst manifestiert sich die größte Veränderung in der „Nationalisierung“ derselben: Was einst „jugoslawisch“ war, ist zerfallen und gleichzeitig eingemeindet worden als nun slowenische, kroatische, serbische, mazedonische, montenegrinische und bosnisch-herzegowinische Filmgeschichte.

 

Das Symposium führt ZeitzeugInnen und WissenschaftlerInnen zusammen, erkundet sowohl die Entstehungsgeschichte als auch persönliche Erinnerungsräume und präsentiert Filmklassiker sowie Entstehungsgeschichte als auch persönliche Erinnerungsräume und präsentiert Filmklassiker sowie Neuentdeckungen der jugoslawischen Schwarzen Welle.

 

Symposiumsleitung: Dr. Gal Kirn & Vedrana Madžar

Dr. Gal Kirn promovierte in politischer Philosophie an der Universität von Nova Gorica (Neu-Görz), Slowenien. Er organisierte bereits eine Reihe von internationalen Konferenzen zum jugoslawischen Kino der Schwarzen Welle und brachte ein Buch zu diesem Thema heraus. Derzeit arbeitet er für das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) an einem Projekt zu Machiavelli.

 

Vedrana Madžar, geboren 1982 in Knin. Studierte Drama Arts an der Universität der Künste in Belgrad und Kunst im Kontext an der Universität der Künste (UdK) Berlin. Sie veröffentlicht Texte zur jugoslawischen Kultur und dem Partisanenfilm. Mitbegründerin der Kreativschmiede artACTians. Madžar lebt in Berlin und arbeitet als Kuratorin und Filmschaffende.

 

 

 

Bright Black Frames – Langfilmprogramm

 

 

Murnau-Filmtheater: 12.04. / 20:00 Uhr

TRI / DREI / THREE

Regie: Aleksandar Petrović, Jugoslawien 1965, 80 Min

 

Murnau-Filmtheater: 12.04. / 22:00 Uhr

JUTRO / EIN SERBISCHER MORGEN / THE MORNING

Regie: Puriša Ðorđević, Jugoslawien 1967, 95 Min

 

Murnau-Filmtheater: 13.04. / 16:00 Uhr

POSLEDNJA POSTAJA / DIE LETZTE STATION / THE LAST STOP

Regie: Jože Babič, Jugoslawien 1971, 88 Min

 

Murnau-Filmtheater: 13.04. / 18:00 Uhr

RDEČE KLASJE / ROTER WEIZEN / RED WHEAT

Regie: Živojin Pavlović, Jugoslawien 1970, 85 Min

 

Murnau-Filmtheater: 13.04. / 22:00 Uhr

SLIKE IZ ŽIVOTA UDARNIKA / DAS LEBEN EINES BESTARBEITERS / LIFE OF A SHOCK

FORCE WORKER

Regie: Bahrudin 'Bato' Čengić, Jugoslawien 1972, 100 Min

 

Murnau-Filmtheater: 14.04. / 20:00 Uhr

NEVINOST BEZ ZAŠTITE / UNSCHULD OHNE SCHUTZ / INNOCENCE UNPROTECTED

Regie: Dušan Makavejev, Jugoslawien 1968, 75 Min

 

Murnau-Filmtheater: 14.04. / 22:00 Uhr

VRANE / KRÄHEN / CROWS

Regie: Gordan Mihić & Ljubiša Kozomara, Jugoslawien 1969, 76 Min

 

Caligari: 15.04. / 22:00 Uhr

RANI RADOVI / FRÜHE WERKE / EARLY WORKS

Regie: Želimir Žilnik, Jugoslawien 1969, 87 Min

 

 

Bright Black Frames – Kurzfilmprogramm

 

 

Murnau-Filmtheater: 13.04. / 20:00 Uhr

I. SHORT BLACK FRAMES: VON ARBEITSLOS ZU GASTARBEITER

U.a. mit Filmen von Želimir Žilnik, Krsto Papić und Krsto Škanata, 87 Min

 

Murnau-Filmtheater: 14.04. / 18:00 Uhr

II. SHORT BLACK FRAMES: KRITIK DER IDEOLOGIE

U.a. mit Filmen von Petar Krelja, Vefik Hadžismajlović und Karpo Godina, 80 Min

 

 

Symposiumsvorträge

 

Festivalzentrum: 12.04. / 14:00 Uhr

Dr. Gal Kirn & Vedrana Madžar, Symposiumsleitung, Filmtheoretiker(-in) / Berlin

Einführung in den Neuen Jugoslawischen Film: Namensgebung, Kritik und Subversion

 

Festivalzentrum: 12.04. / 16:00 Uhr

Ivan Velisavljević, Literatur- und Filmwissenschaftler / Belgrad

Die Signifikanz der Form im Neuen Jugoslawischen Film

 

Festivalzentrum: 13.04. / 9:30 Uhr

Nebojša Jovanović, Filmwissenschaftler / Budapest

Gender und Neuer Film: Der Fall Bato Čengić

 

Festivalzentrum: 13.04. / 11:00 Uhr

Dr. Nevena Daković, Filmtheoretikerin / Belgrad

Die Schwarze Welle – theoretisch

 

Festivalzentrum: 14.04. / 9:30 Uhr

Sezgin Boynik, Filmwissenschaftler / Helsinki

Vom Arbeiter zum Immigranten: Der Wandel des politischen Motivs in Dušan Makavejevs

Filmen von DER MENSCH IST KEIN VOGEL (1965) bis DIE BALLADE VON LUCY JORDAN

(1981)

 

Festivalzentrum: 14.04. / 11:00 Uhr

Dr. Andrej Šprah, Filmhistoriker / Ljubljana

Die Vision Živojin Pavlovićs drastischer Bildsprache in ROTER WEIZEN

 

 

Abschlusspodium

 

Festivalzentrum: 14.04. / 14:00 Uhr

PodiumsteilnehmerInnen:

Borislav Anđelić, Filmkritiker, Belgrad

Dr. Greg DeCuir, Filmwissenschaftler, Belgrad

Prof. Dr. Miranda Jakiša, Slavistin und Literaturwissenschaftlerin, Berlin

Tatjana Simeunović, Slavistin und Filmwissenschaftlerin, Basel

Želimir Žilnik, Filmemacher, Novi Sad

 

Moderation: Vedrana Madžar

 

www.filmfestival-goEast.de