f agentin2Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 29. August 2019, Teil 10

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Schon wieder kann man darüber spekulieren wie philosophieren, was einen ‚guten‘ Film ausmacht. Dieser ist nämlich lausig, wenn es um das Handlungswirrwarr und sein Schleichwege geht, aber einfach sehenswert, weil uns Diane Kruger (Rachel) mit auf ihre unwägbare Reise nimmt, eine israelische Agentin im Iran sein zu wollen – und tatsächlich in eine solche hineinwächst.

Richtig spannend ist es, ihr dabei zuzusehen und das Entscheidende ist eigentlich ihre Normalität, in der sie lebt, die ihr nicht langt, weshalb aus für den Zuschauer durchaus undurchsichtigen Motiven, sie – die erst mal sagt, NEIN, auf keinen Fall – sich auf ihre Rolle als Spionin einläßt, was bitter dann heißt, lieber in Teheran einen netten nächtlichen Hausmeister umzubringen, als selber aufzufliegen. Damit ist die Bandbreite der Rolle skizziert, die von der unbedarften Europäerin bis zur knallharten Agentin reicht. Wichtig f agentinnoch, aber dann doch eher nebensächlich: ihr Führungsoffizier Thomas Hirsch, der in Martin Freeman einen eher unauffälligen Agentenführer findet, was ja ganz im Sinne der Rolle ist: er soll ja nicht auffallen. Agenten, Spione, Geheimdienstler sollen nie auffallen. Die des Mossad auch nicht. Die nicht nur in Israel operieren, was wir auch zu sehen bekommen, sondern dann in Leipzig auf die Jagd gehen.

Wichtig wird Thomas zum Schluß, denn wir haben am Anfang eine verwickelte Geschichte, die mit dem Anruf von Rachel an Thomas gleich schon mal Verwirrung stiftet. „Mein Vater ist gestorben...“ und mit kurzer Pause: „schon wieder“. Erst am Schluß verstehen wir, daß dies der Code zwischen beiden war, wenn sie bei Ihrer Spionagetätigkeit im Iran in Gefahr geriete und sofort abgezogen werden müßte. Das geschah vor einem Jahr, aber sie tauchte unter und ist jetzt in Leipzig...

Das alles ist nicht wichtig. Wichtiger schon ihre Annäherung an das persische Land mit seinen Sitten und Gebräuchen, einschließlich des Kopftuches und auch einschließlich des Alkohols und der Bars mit Striptease. Stimmt. Stimmt auch für den Iran, aber eben geheim und nur für eine auserwählte Schicht. Zu dieser gehört der Mann, an den sie sich ranmachen soll, was gelingt. Sie soll Werksspionage betreiben und herausbekommen, was Farhad (Cas Anvar) und sein Bruder mit seiner Elektronikfirma vorhaben, um f agentin1dem Iran Vorteile im Atomprogramm zu verschaffen. Im Gewande einer Englischlehrerin kann sie erst gut seinen Sohn und dann ihn beschulen und so Vertrauen erwecken.

Aber schon wieder sind wir in die Fall getappt, die so einfache wie kompliziert verstrickte Handlung wiederzugeben, was unsinnig ist, weil man an viele Sachverhalte deutliche Fragen richten müßte, so wenig glaubwürdig oder durchschaubar sind diese Stränge im ständigen Hin und Her. Nein, lieber, beim Gesicht der Diane Kruger bleiben, die hochkonzentriert wie um ihr Leben spielt. Und um das geht es im Film ja auch. Sie bringt dadurch eine Atemlosigkeit ins Geschehen, die allein durch ihren Blick, ihr Huschen, ihre Ängste die schillernde Atmosphäre von gefährlicher Spionagetätigkeit herstellt.

Dann kommt erneut ein sehr ungewöhnlicher Handlungszweig, wo sie in der Rolle einer Archäologin nämlich geheime Waffenlieferungen, Sprengstoffdazu über die unwegsamen Gebirgszüge der Grenze zwischen der Türkei und dem Iran schmuggelt, offiziell jedoch ausgraben will. Das ist alles hanebüchen, aber Diane Kruger macht es glaubwürdig, die versuchte Vergewaltigung genauso wie den Prozeß, wo aus ihrer Verführung des Iraners in ihr ein echtes Gefühl für ihn entsteht und...hier hören wir auf. Denn daß das Private politisch ist, ist eine Binsenweisheit, wie erst, wenn das Politische hier privat wird. Sie erwartet ein Kind. Sie entscheidet sich: sie will leben, mit diesem Mann. Schau‘n wir mal.

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Info:
Originaltitel: The Operative
Deutschland/Israel/Frankreich/USA 2019, 116 min
Genre: Thriller
Regie: Yuval Adler
Drehbuch: Yuval Adler
Kamera: Kolja Brandt
Schnitt: Hansjörg Weißbrich
Musik: Haim Frank Ilfman
Produktion: Viola Fügen, Michael Weber, Eitan Mansuri, Jonathan Doweck, Anne Carey, Jean Labadie
Darsteller: Diane Kruger, Martin Freeman, Cas Anvar, Werner Daehn, Ohad Knoller
FSK: 16
Kinostart: 29.08.2019

Das Drehbuch basiert auf dem israelischen Bestseller „The English Teacher“ von Yiftach Reicher Atir, einem ehemaligen israelischen Geheimdienstmitarbeiter, der aus erster Hand Einblick in die Arbeit des Mossad gewährt.