Bildschirmfoto 2019 09 27 um 19.27.36Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 26. September 2019, Teil 22

Redaktion

Paris (Weltexpresso) - Ich war zweieinhalb Jahre lang „embedded“ bei Yves Saint Laurent. Pierre Bergé wollte ein Zeichen setzen. Als Yves Saint Laurents Ruhestand näher rückte, organisierte Bergé eine Reihe von zum Teil bemerkenswerten Happenings und Events auf aller Welt, um YSL zu feiern. Ich benutzte diese Abfolge von Feiern, diesen veritablen Schwanengesang als Basis für den Spannungsbogen meines Films. Yves Saint Laurent zu filmen glich dem Versuch, zwei verschiedene Figuren gleichzeitig zu filmen:

Auf der einen Seite die historische Gestalt, auf der anderen einen Mann im körperlichen Verfall, der unablässig arbeitet. Ich brauchte eine visuelle Struktur, um diese Situation wiederzuspiegeln. Mir kam die Idee, abwechselnd in schwarzweiß und in Farbe zu drehen. Schwarzweiß, um das Bild des Menschen zu evozieren, der seinen Platz in der Geschichte bereits gefunden hat, und Farbe, um das Gefühl von Nähe und Mitgefühl mit dem zerbrechlichen, aber noch höchst lebendigen Mann zu erzeugen, der er zu der Zeit war, als wir den Dokumentarfilm drehten.

Ich wollte das kollektive Abenteuer hinter dem Ruhm des Modeschöpfers enthüllen. Das Haus YSL ist ein Sinnbild der französischen Gesellschaft im Kleinen, mit seinen Näherinnen, Managern und zwei sehr reichen Männern an der Spitze. Ich verbrachte mit den Näherinnen ebenso viel Zeit wie mit Yves Saint Laurent. Die Näherinnen in den luxuriösen Räumen der Villa bei der Arbeit zu filmen, ermöglichte es mir, in eine Geschichte von so außergewöhnlichen Proportionen ein gewisses Maß an Normalität einzuführen.

Die Näherinnen verfolgten dasselbe Ziel wie Yves Saint Laurent und teilten seine Leidenschaft, seine Entwürfe zum Leben zu erwecken, doch sie bekamen ihn nur selten zu Gesicht, und wenn, dann aus der Entfernung der oberen Stockwerke. Diese beiden einander so nahen und doch so verschiedenen Welten zu filmen, gab uns die Möglichkeit, die Geschichte dieses Modehauses zu erzählen.

Die Kamera am richtigen Moment am richtigen Ort aufzustellen, wurde sofort belohnt. Einen Moment in unverblümter Dokumentarfilmmanier einzufangen, wie zum Beispiel bei Yves Saint Laurents Geburtstag, verwandelte ein Stück Leben in reine Fiktion. Wir mussten nur solche Situationen von allen Etagen des Modehauses zusammentragen und in ihrer Aussage verdichten. Manchmal ist uns das gelungen. Für mich waren die Dreharbeiten an diesem Film eine Reibung in der Inszenierung von Dokumentarfilmen.

Foto:
© Verleih

Info:
Celebration
ein Film von Olivier Meyrou
Frankreich 2007/2018, 73 Minuten, französische OF mit deutschen UT