f celebration5Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 26. September 2019, Teil 23

Redaktion

Paris (Weltexpresso) - Für Yves Saint Laurent ging es stets um die richtigen Bilder, aber der Modeschöpfer war kamerascheu. Er igelte sich in seinem Arbeitszimmer ein. Die Lösung des Problems, unter solchen Bedingungen über längere Zeit hinweg zu filmen, bestand unserer Ansicht nach in der Anwendung der Techniken von Tierfilmern. Am ersten Tag der Dreharbeiten in Yves Saint Laurents Arbeitszimmer saßen wir in einer Ecke des Raumes auf dem Fußboden und verhielten uns so unauffällig, wie es beim Drehen mit einer Filmkamera nur möglich war.

Und wir warteten. Yves Saint Laurent kam nicht. Wir hielten einige Tage durch, denn große Katzen müssen früher oder später zum Wasserloch kommen, und Yves Saint Laurent musste früher oder später an seinen Schreibtisch, um seine Kollektion zu entwerfen. Eines Tages kam Yves Saint Laurent und setzte sich an seinen Zeichentisch. Er ignorierte unsere Anwesenheit, die in einem Raum von einhundert Quadratmetern unweigerlich störend gewirkt haben muss, so gut es ging. Sein Hund Moujik saß wachsam an seiner Seite, und Yves Saint Laurent gewöhnte sich allmählich daran, dass wir da waren.

Selbst bei der Arbeit war Yves Saint Laurent furchtsam und kurz angebunden. Seine Art zu schauen, sich zu bewegen und Stoffe zu berühren sagte mehr über ihn als alle Worte. Es war sinnlos, ihn interviewen zu wollen. In New York filmte ich ihn bei einem eigenartigen Gespräch mit einer Journalistin der französischen Tageszeitung Le Figaro, die ihm Fragen über seine Karriere stellte.

Wir inszenierten das Interview in Gegenlicht und schwarzweiß - Yves Saint-Laurent mit angespanntem Gesicht und die Journalistin, die er gut kannte und die dennoch Schwierigkeiten hatte, ihm auch nur die einfachste Frage zu stellen: Bilder, die seine umfassende Isolation besser zum Ausdruck brachten als Worte. Yves Saint Laurent glich seinen gespenstischen Entwürfen. Dem jungen Mann, dem aufstrebenden Künstler, dem kreativen und freudigen Revolutionär, den wir auf Andy Warhols Gemälden sehen, bin ich nie begegnet.

Pierre Bergé dagegen stand mit beiden Beinen fest auf dem Boden der Tatsachen. Bei ihm bestand meine Arbeit darin, hinter die Fassade seines öffentlichen Auftretens zu gelangen, um einen Eindruck von dem Mann zu bekommen, der alles unter Kontrolle hatte. Er engagierte sich rückhaltlos für die Dinge, an die er glaubte. Als ich diesen mächtigen Mann filmte, versuchte ich, seine kindliche Seite einzufangen. Er würde alles tun, um seinen Traum zu verteidigen. Seine Energie, sein Stolz, seine Wutanfälle und seine Unaufrichtigkeit, sein Ärger wurde anrührend und komisch. Wenn er verwirrt war, glich Pierre Bergé den verrückten komischen Figuren, die Louis de Funès spielte. Ich habe Yves Saint Laurent kennengelernt, ohne je mit ihm ein Gespräch zu führen. Mit Pierre Bergé wiederum hatte ich viele Gespräche. Die Umrisse dieses Films, die Geschichte, die er erzählt, ist von dem geprägt, was ich mit ihnen erlebte und was ich in dieser Zeitspanne beobachten konnte.

Foto:
Der Mann, den YSL an seiner Seite hatte und der ihn managte Pierre Bergé
© Verleih

Info:
Celebration
ein Film von Olivier Meyrou
Frankreich 2007/2018, 73 Minuten, französische OF mit deutschen UT