Bildschirmfoto 2019 10 14 um 01.53.26Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 9. /10. Oktober 2019, Teil 31

Hanno Lustig

Köln (Weltexpresso) – Schade, daß sich Fox nicht zu einer richtigen Serie durchringen konnte, denn so bleibt die bisher zweite Verfilmung von INTRIGO, wie Hakan Nesser in deutscher Übersetzung 2018 seinen Erzählband nennt, der im schwedischen Original ebenfalls im Vorjahr erscheint, eine etwas lieblose und auch zusammenhanglose Sache. Dabei ist wichtig festzuhalten, daß mitnichten alle verfilmten Erzählungen vor den Verfilmungen niedergeschrieben wurden.

Mit der Absicht, an den (auch ökonomischen) Erfolgen der Millennium-Trilogie teil zu haben, wird jedoch der Betrachter in die Irre geführt, denn es geht mitnichten um Fortsetzungen oder gar dasselbe filmische Personal.

Das schreibt der Autor ganz offen in seinem Vorwort von INTRIGO, einem dicken Band von , im Vorjahr bei btb erschienen. Demnach ist INTRIGO nicht nur der Name eines Cafés in der Keymerstraat im Zentrum von Maardam, sondern auch „der übergreifende Titel für drei Filme in der Regie von Daniel Alfredson, die 2017 gedreht wurden und 2018/19 ihre internationale Premiere feiern werden. Tod eines Autors, Samaria und In Liebe, Agnes.“ Die Filme basieren auf Erzählungen, die Nesser vor Jahren – konkret: 1996, 1999 und 2000 - in verschiedenen Büchern veröffentlicht hatte und die nun, weil die Filme anlaufen, unter dem Titel INTRIGO mit insgesamt fünf Erzählungen erneut erscheinen. Erst mal denkt man, es sind neue Geschichten, Aber, ha, dann schreibt Nesser noch etwas, was aufzeigt, daß wir uns um seine Erzählungen und INTRIGO gar nicht kümmern sollten! „Ein Buch ist ein Buch, ein Film ist ein Film. Geschichten müssen häufig umgestülpt werden, neue Ausdrucksformen finden, wenn sie aus dem einen Medium in ein anderes übertragen werden. Sie können sogar eine völlig neue Auflösung erhalten. Was INTRIGO begrifft, so sind alle Unterschiede zwischen Buch und Film sowohl notwendig als auch im höchsten Maße absichtlich.“

Das ist ja allerhand. Wozu haben wir uns denn dann das Buch besorgt? Das werden sich manche Leser fragen. Aber, daß wir mit dieser Kenntnis jetzt noch einen Vergleich der Änderungen von Text zu Film vornehmen, wie es unsere Absicht war, ist überflüssig. Zu sehr fühlen wir uns auf den ökonomischen Leim gegangen. Kommt noch Regisseur Daniel Alfredson hinzu, dessentwegen wohl vor allem der Vergleich mit Stieg Larssons Trilogie: Verblendung, Verdammnis, Vergebung hergestellt wurde. Er ist nämlich der Regisseur der beiden letzteren Fernsehverfilmungen, was ihn nun quasi berechtigt als filmischer Testamentsvollstrecker des schwedischen Krimis für den Verleih zu fungieren.

Ja, wir sind verärgert, weil das alles vorne und hinten nicht stimmt, will sagen, es sehr lange dauert, bis man das Ganze durchschaut. Fangen wir also mit SAMARIA an, weil IN LIEBE, AGNES angeblich der Abschluß einer Trilogie sein soll, wobei die Geschichten unabhängig von einander entstanden sind und auch im oben erwähnten neuen Band die Geschichte von Agnes vor DIE WILDORCHIDEE AUS SAMARIA kommt. Sei‘s drum. Paula Polanski (Phoebe Fox) ist Filmemacherin und das rätselhafte Verschwinden ihrer ehemaligen Klassenkameradin Vera Kall (Millie Brady) damals auf der Abschlußfeier der Schule hat sie immer beschäftigt, jetzt will sie einen Film darüber machen und wendet sich an den damaligen Deutschlehrer Henry (Andrew Buchanan), der inzwischen . Das Eigenartige daran ist, daß es einen Verurteilten für die Tat gibt, deren Problematik aber darin liegt, daß keine Leiche vorhanden war und ist. Vera Kall ist damals einfach verschwunden.

Das Eigenartige ist auch, daß der ohne Leiche verurteilte Mörder Jakob (Jeff Fahey) ist, der Vater von Vera, die auf der Farm 'Samaria' leben. Das gibt es doch selten, daß Eltern ihre Kinder umbringen und wenn schreibt man darüber nicht gerne und zeigt den Kindesmord auch nicht gerne in Filmen. Der Vater bestreitet die Tat, hat sie aber nachweislich geschlagen, sitzt nun also seit zehn Jahren und nun will Paula mit Henrys Hilfe aufklären, was wirklich war. Ist ihr Film nur der Vorwand, sich legitim mit dem Verschwinden der Mitschülerin beschäftigen zu können? Denn nun wird sie auf der Suche nach der Wahrheit alle ehemaligen Klassenkameraden befragen. Das zeigt der Film in flotten Gesprächen in Cafés und anderen Szenerien. Dabei ist Lehrer Henry ihr Gewährsmann, der sich zuerst gegen ein Interview wehrte, nun aber mitmacht, wobei man zwischen den Rückblenden und dem Heute sich manchmal in der Vergangenheit nicht zurechtfindet, zumal das Ganze keinen spannenden Zug hat. Und wie immer bei solchem Herumstochern werden auch Geheimnisse von demjenigen aufgedeckt, der stochert. Mehr darf man nicht verraten.

Und als die einzige Verbindung zwischen den drei Filmen, deren dritter IN LIEBE, AGNES gleich kommt, fungiert das Café Intrigo, denn in diesem spielen immer wieder Szenen der verschiedenen Filme. Das ist schon alles, darum ist es echt gelogen, wenn über den Film geschrieben wird, mit AGNES würde der dritte Teil der Trilogie abgeschlossen. Auch hier ist eine Frau die Hauptperson. Agnes (Carla Juri) hat gerade ihren sehr viel älteren, schon lange kranken Gatten verloren. Die Beerdigung geht noch akzeptabel vorbei, doch dann eröffnen die erwachsenen Kinder des Toten aus seiner ersten Ehe, daß sie das Haus verlassen müsse. Will sie im Haus bleiben, dann muß sie den Miterben 500 000 Euro auszahlen.

Der Zufall, der Glück oder Unglück bringen kann, will es, daß sich bei ihr Jugendfreundin Henny (Gemma Chan) meldet. Sie hat sie schon bei der Beerdigung gesichtet, ohne sie recht zu erkennen. Und nun kommt sie und schlägt ihr ein mehr als ungewöhnliches Geschäft vor, unethisch, ja verbrecherisch dazu: Agnes soll ihren ihr widerwärtigen Ehemann ermorden und dafür viel Geld bekommen, das sie ja jetzt besonders braucht. In Agnes beginnt ein mörderischer Kampf, was sie machen soll, wieviel ein Menschenleben wert ist, ob man es in Geld aufwiegen kann und wieso sich die Freundin gerade an sie wendet.

Das Strickmuster der Machart ist klar. Jedesmal wird eine schwierige Situation im Heute zum Ausgangspunkt, sich in der Vergangenheit rückzuversichern, wie es damals war und mehr. Die ständigen Rückblenden stören oft, weil sie keine schlüssige Erklärung für das Heute bieten. Immer stärker hält man diese Verfilmung für eine uninspirierte Angelegenheit.

Foto:
© Verleih

Info:
Darsteller SAMARIA
PHOEBE FOX, ANDREW BUCHAN, MILLIE BRADY

Darsteller AGNES
CARLA JURI, GEMMA CHAN, JAMIE SIVES

Regie
DANIEL ALFREDSON