f Tel Aviv on Fire Copyright Patricia Peribanez Samsa Film TS Productions Lama Films Artemis Productions 4Seit November gibt es diese witzig-tiefsinnige Komödie auf DVD und Blue

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Das habe ich nun davon. Es war erst im Juli des Jahres, als der Film TEL AVIV ON FIRE in die deutschen Kinos kam und ich begeistert schrieb: „Ein Film, den man sich dreimal anschauen kann – oder jedes Jahr wieder, weil die Situationskomik derart durchschlagend ist, daß es sogar mehr Spaß macht, wenn man schon weiß, was kommt, man also schon vor dem subtilen Witz zu lachen anfängt. Es gibt ein hinreißendes Drehbuch um einen schwachen Mann, der groß herauskommt und dessen Hundeblick schon die Hälfte des Erfolgs ist: der junge Palästinenser Salam ( KAIS NASHIF).“

Und nun muß und darf ich meine eigene Aussage bestätigen, denn auch nach einem halben Jahr stimmt sie einfach. Man lacht schon, wenn die Szene erst beginnt, weil man die Absurdität genauso aus der Erinnerung voraussieht, wie die ganze Geschichte, die verwirrende Schlenker nimmt und in einem Durcheinander die Gewißheiten durcheinander wirbelt und immer etwas anderes herauskommt, als gedacht. Das gilt für den Film und für den Film im Film. Die Raffinesse liegt nämlich im Selbstreferentiellen, wie hier das Herstellen einer Seifenoper im Fernsehen, hätte man früher gesagt, was jetzt als SERIE einen seriöseren Anstrich erhält, die Filmhandlung bestimmt.

Das Ganze wird eingeführt durch den oben erwähnten Salam, dessen Onkel diese Fernsehproduktion produziert, weil Geldgeber ein Interesse haben an einer Fernsehfolge, die über das Gemüt die Zwistigkeiten zwischen den Israelis und den Palästinensern in Israel zu verharmlosen. Und so sitzen sie wirklich im Film bei jeder Folge gespannt, wie es weitergeht, vor dem Fernseher. Die eigentliche Geschichte sollte so gehen: Wir sind im Jahr 1967, das wichtige Jahr, in dem im Juni der von den Israelis gewonnene Sechstagekrieg stattfand, große Befürchtungen bestehen, daß ein neuer Krieg bevorsteht, weshalb solche rührseligen Geschichten im Fernsehen die Bevölkerung durchaus ablenken sollen, erst recht die Araber.

Eine rasant schöne Araberin namens Manal, gespielt von Tala (Lubna Azabal) , ist Spionin und nennt sich Rachel, damit man eher glauben soll, daß sie eine jüdische Emigrantin aus Frankreich ist. Sie soll die geheimen Kriegspläne der israelischen Armee eruieren und damit sie unauffällig an den Generalstab herankommt, hat sie gegenüber dem Hauptquartier ein Restaurant eröffnet, das die hohen Herren gerne frequentieren, so auch Yehuda Edelman, der mächtigste General der israelischen Armee, der sich schnell Rachel/Manal verliebt. Und sie sich laut Auftrag in ihn, denn ihre eigentliche Liebe gilt ja Marwan, dem Widerstandskämpfer aus der Westbank, der hinter der Intrige steckt.

Oder ist alles anders? Auf jeden Fall wird es anders. Denn als Salam dem weiblichen Grenzposten etwas locker, wie es seine Art ist, eine Frage nach weiblichem Verhalten stellt, fordert diese in umgehend auf, auszusteigen und sich beim Kommandanten dieser Grenzstelle,, Assi (Yaniv Biton) zu verantworten. Der findet zwar auch, daß dessen Frage doch durchaus interessant sei, aber will ein Exempel statuieren und spielt sich groß auf. Erst, als er mitbekommt, daß er es mit dem Autor der Serie TEL AVIV ON FIRE zu tun hat – der Schluri Salam macht aus dem Angebot seines Onkels, unbezahlt am Dreh teilnehmen zu können, sich unversehens zum Drehbuchautor – wird ihm dieser Salam interessant und er läßt ihn zappeln. Bauernschlau erkennt er, der zu Hause – landesüblich - nicht so ganz ernst genommen wird -,daß er sich durch das Umschreiben des Drehbuchs interessant machen kann.

Und von dieser Konstellation geht der Hauptreiz dieser Geschichte, des ganzen Films aus. Salam ist einer, der erst einmal alle Vorschläge aufsaugt und sie als eigene am Dreh ausgibt, sich dadurch als Konkurrenz für die bisherige Drehbuchfrau erweist, die empört von dannen zieht und Salam dann tatsächlich zum Drehbuchautor reüssiert. Denn seine Vorschläge – erst die von israelischen Assi, dann immer mehr seine eigenen - werden vor allem von der Hauptdarstellerin als poetisch und einfach stimmig angesehen.

Und auch Assi steigt in der Achtung seiner Familie, daß sich seine Voraussagen, wie es am nächsten Tag weitergeht, erfüllen. Die Drehungen und Windungen, die das Filmgeschehen nimmt, kann man nicht im Detail wiedergeben, so unaufhörlich ändern sich Intentionen und Verlauf. Denn die Fraktion des Assi, die Salam vertritt, will ein gutes Ende, eine Hochzeit zwischen der Spionin und ihrem Opfer, denn längst liebt sie ihn so sehr, daß sie ihren Auftrag ad acta legt und ihn heiratet.

Die Drehbuchplanungen sieht man im Film als abgedrehte Szenen. Aber der dann tatsächlich gezeigte Film hat ein anderes Ende, das sich durchgesetzt hat. Aber das wollen wir hier nicht verraten und auch nicht, ob Salam sich endlich getraut hat, seiner angebeteten Mariam (Maisa Abd Elhadi) seine Gefühle zu gestehen und...

Regisseur Sameh Zoabi ist eine voll Absurditäten strotzende Komödie gelungen.


Bisherige Berichterstattung in WELTEXPRESSO

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dvd telavivFoto:
© Verleih

Info:
Technische Facts
Genre: Komödie
Laufzeit: ca. 97 Minuten
Herstellungsland / -jahr Luxemburg, Frankreich, Israel, Belgien / 2018 Regie: Sameh Zoabi
Bildformat: 16:9 (2.39:1)
Audio: 5.1 Deutsch/Hebräisch & OV (Arabisch/Hebräisch)
Untertitel: Deutsch
Specials: Trailer, Trailershow
Freigegeben ab 6 Jahren

Besetzung
Salam     KAIS NASHIF
Tala         LUBNA AZABAL
Assi        YANIV BITON
Bassam  NADIM SAWALHA
Mariam   MAÏSA ABD ELHADI
Atef        SALIM DAW
Yehuda  YOUSEF SWEID
Nabil      AMER HLEHEL
Marwan  ASHRAF FARAH
Maïsa     LAËTITIA EÏDO

Regie
SAMEH ZOABI
Drehbuch
DAN KLEINMAN & SAMEH ZOABI