Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 19. Dezember 2019, Teil 4
Redaktion
Paris (Weltexpresso) - Haben Sie sich über das Angebot von Cédric Klapisch gefreut, so kurz nach Der Wein und der Wind erneut mit ihm zu arbeiten?
Natürlich. Eine erneute Zusammenarbeit mit ihm schien mir fast selbstverständlich, weil zwischen Cédric und seinen Schauspielern etwas ganz Besonderes entsteht. Am Ende der Dreharbeiten fühlt man sich wie in einer Familie, da heißt es nicht Adieu für immer. Wenn man ihm Auf Wiedersehen sagt, weiß man, dass man in einem Teil des Lebens zusammengehört und dass man irgendwann mal wieder zusammen arbeiten wird. Nach Der Wein und der Wind hat er mir den Ausschnitt einer Filmidee zukommen lassen, die dann aber nicht realisiert wurde. Danach teilte er mir mit: „Ich habe eine andere Idee wieder aufgenommen, aber ich weiß nicht, ob das was für dich ist. Dagegen habe ich an François gedacht“. Ich war ziemlich eifersüchtig. Und letztendlich hat er uns eine Kostprobe zum Lesen gegeben und bemerkte aber gleichzeitig: „Vielleicht ist das nichts für euch, lest es mal selbst!“. Ich war begeistert nach der Lektüre. François ebenso. Wir haben ihn sofort angerufen, um ihm zu sagen, wir sind dabei! Cédric ist sehr ehrlich: Er versucht erst einmal alle diejenigen anzusprechen, die am besten für die Charaktere geeignet sind. François und ich waren nicht sicher, dass wir die Rollen bekommen würden. Aber dann hat uns Cédric doch mit ins Boot geholt.
Dabei behauptet Cédric, dass er nie an jemand anderes gedacht hat als an Sie...
Stimmt das? Unglaublich... Ich vermutete sowas aber schon lange. Das scheint auch irgendwie klar gewesen zu sein... beim Lesen des Drehbuchs habe ich gemerkt, wie ich mich als Frau angesprochen gefühlt habe. Ich habe ihn gefragt, ob ich manchmal wirklich so sei. Und er hat nur leise gelächelt...
Wie haben Sie sich auf die Rolle der Mélanie vorbereitet?
Das war ein wenig so wie bei Der Wein und der Wind: Vor den Dreharbeiten, während der Vorbereitung, war ich ziemlich zerstreut wie das so meine Art ist... ich war sehr... durch den Wind. Cédric hat mir damals gesagt: „Deine Figur der Juliette ist eine Landbesitzerin, du musst also bodenständig sein“. Bei EINSAM ZWEISAM war es ähnlich. Er hat mich gepackt, indem er mir sagte: „Die Depression ist eine harte Angelegenheit, etwas, das Angst macht, weil man plötzlich das Gefühl hat, da nicht herauszukommen, das wird ein konstanter Zustand sein, der uns umschließt. Ich möchte wirklich, dass du über diese Empfindung nachdenkst“. Und er fügte hinzu: „Und ich möchte nicht hören, dass du zu irgendwelchen Mode-Events oder Modeschauen gehst“. Ich habe also auf die Fashion Week verzichtet! Und während anderthalb Monaten habe ich Menschen getroffen, die eine Depression durchgemacht haben, wir haben darüber gesprochen... und vor allem habe ich eine Psychotherapie begonnen.
Die Vorbereitung war dann doch eine große Herausforderung, oder?
Und wie. Eigentlich bin ich ein fröhlicher Mensch und wollte verstehen, warum man sich nicht aus diesem Zustand befreien kann. Immer wieder hat mir Cédric bezüglich Mélanie gesagt: „Du leidest nicht darunter, du hast diesen Zustand noch nicht erreicht“. Erst zwei Tage vor Drehbeginn platzte der Knoten, habe ich diese „bittere Pille Mélanie“ quasi geschluckt. Und Cédric hat mich während der Dreharbeiten gefragt „Wie geht es dir? Du schaust so merkwürdig aus“. Und ich habe ihm geantwortet: „Ich hab’s geschafft“. Da ist etwas zwischen Mélanie, der Figur, und mir passiert. Ich habe Melanie unterstützt und Mélanie hat mich unterstützt. Das ist schon eine verwirrende Sache, die mich da ein oder zwei Monate in Atem gehalten hat.
Sie haben diese Figur lange in sich bewahrt...
Ich habe sie beim Skifahren verlassen, als ich mit dem Team am letzten Drehtag in den Bergen war. Da habe ich ihr gesagt: „Du bleibst da“. Das hatte etwas sehr Berührendes, weil Cédric dafür gesorgt hatte, dass die Figuren lebendig waren. Und wenn er mich manchmal innerlich mit der Figur leiden sah, wusste er, dass alles richtig war. Er sucht so lange nach Wahrheit, bis er genau da etwas anstößt, wo es sein muss. Und genau deshalb sind die Leute nach der Vorführung auch so berührt.
Wie ist die zweite Zusammenarbeit mit Cédric Klapisch gelaufen? War die Kommunikation einfacher?
Sie war schon sehr einfach bei Der Wein und der Wind! Es ist ihm gelungen, uns für das Projekt zu interessieren, uns zu verstehen und mit uns Gespräche zu führen. Und wir, wir haben die Ohren gespitzt und zugehört. Es entwickelt sich schnell eine Form von Respekt, die sich bei Cédric aufdrängt, weil er wie ein Freund ist, den man nicht verraten will. Man vertraut seinen Entscheidungen, seinem Kino, seiner Meinung ... also hat man Lust, in seine Richtung zu gehen, den Platz zu ehren, den er dir angeboten hat. Bei EINSAM ZWEISAM ist genau das Gleiche passiert, obgleich ich ohne meine „Brüder“ war, also ganz allein... Auch wenn François manchmal vorbeikam oder ich ihn am Set besucht habe...
Cédric Klapisch sagt, Sie hätten keine Angst gezeigt, hässlich auszusehen...
Na ja, es ist nicht schlimm hässlich zu sein! Man ist nicht festgelegt im Leben. Mir hat letztens jemand gesagt, dass ich keine Angst hätte, mit meinem Image zu spielen. Und, dass viele Schauspielerinnen sich das nicht trauen würden. Vielleicht... Aber wenn man Vertrauen in den Regisseur hat, in seine Kamera, in sein Auge, dann muss man keine Angst haben. Übrigens finde ich, dass diese Schwächen die Menschen schöner, sie anrührender machen.
In EINSAM ZWEISAM kreuzen sich Mélanie und François zwar ständig, aber erst in der letzten Einstellung treffen sie wirklich aufeinander...
Die wurde am letzten Tag in Paris gedreht. François und ich waren wie Kinder, es war einfach süß. Weil wir glücklich darüber waren, endlich miteinander vor der Kamera zu stehen. Gleichzeitig schien es uns merkwürdig, Personen zu spielen, die sich kennenlernen. Aber ich glaube, diese „Verlegenheit“ sieht man in 15 der Szene, weil es eine wirkliche Begegnung zwischen uns gab. Als Freunde wie auch als Schauspieler: Das ist eine Szene in der man sich entdeckt und letztendlich haben wir so etwas noch nie gespielt.
Foto:
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Info:
BESETZUNG
Ana Girardot Mélanie
François Civil Rémy
Camille Cottin Mélanies Psychiaterin
François Berléand Rémys Psychiater
Simon Abkarian Mansour