f malick2Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 30. Januar 2020, Teil 11

Redaktion

Wien/ Berlin (Weltexpresso) - EIN VERBORGENES LEBEN beruht auf der Lebensgeschichte des Franz Jägerstätter, einem Bauern in Österreich, der den Eid auf den Führer verweigerte. Wegen Wehrkraftzersetzung wurde er im August 1943 im Zuchthaus Brandenburg/Havel in einer Garage hingerichtet. Der Film greift auf den Briefwechsel zwischen Jägerstätter und seiner Frau Franziska „Fani“ zurück, den Erna Putz als Buch herausgebracht hat. Außerhalb von St. Radegund war die Geschichte Jägerstätters kaum bekannt – und wäre vielleicht nie entdeckt worden, wenn nicht der Amerikaner Gordon Zahn Nachforschungen betrieben und das Dorf in den 70er Jahren besucht hätte. 1984 veröffentlichte der Soziologe die Biografie „Er folgtre seinem Gewissen. Das einsame Zeugnis des Franz Jägerstätter”. Das Zitat am Ende des Films ist das Schlusswort aus „Middlemarch” von George Eliot.

DREHORTE

Die Jägerstätters lebten in St. Radegund, einem kleinen Dorf mit 500 Einwohnern, nah bei Salzburg und der deutschen Grenze – in demselben Bezirk, in dem Hitler geboren wurde und seine frühe Jugend verbrachte – und nicht weit von Berchtesgaden, Hitlers Rückzugsort in den Bergen während seiner Zeit als „Führer“. Die achtwöchigen Dreharbeiten fanden im Juli/August 2016 statt. Das Produktionsteam war 24 Tage am Set in Südtirol und wechselte dann nach Österreich, wo in St. Radegund selbst gedreht wurde. Die Gefängnisszenen entstanden während der letzten 14 Tage in Zittau (7) und Berlin (7). Steve Summersgill, Art Director Supervisor, erklärt die sorgfältige Auswahl der Drehorte, für die Kriterien wie Landschaftsstruktur, Authentizität und visuelle Reichhaltigkeit ausschlaggebend waren. „Unsere wichtigste Erkenntnis war, dass die natürlichen Lichtverhältnisse ausschlaggebend bei der Entscheidungsfindung sind, ob ein bestimmter Ort als Location funktioniert oder nicht“, sagt Summersgill. Der Film wurde in Kirchen und Kathedralen, echten Bauernhöfen mit Viehbestand, auf Obstwiesen, Bergen und Äckern sowie entlang von Feldwegen gedreht. „Die Natur bzw. die natürliche Umgebung waren ein bedeutender visueller Subtext im Film, die Drehorte sind gewissermaßen die Grundlage, auf der wir aufbauen konnten“, fügt Summersgill hinzu.

Mithilfe von Briefen und Archivmaterial recherchierte der Produktionsdesigner Sebastian Krawinkel die Geschichte von Franz Jägerstätter und die wichtigen Stationen seines Lebens. „Einige Drehorte haben wir bereits ein Jahr vorher gescouted, damit wir wussten, wie sie in der entsprechenden Jahreszeit aussehen würden“, sagt Krawinkel. „Ich habe mich fast ein Jahr lang wöchentlich mit Terry ausgetauscht, um herauszufinden, welche Sets er braucht und welche Locations und spezifischen Merkmale ihm zusagten.“ Die Vorproduktionsphase war im Frühjahr und im Sommer fand der Dreh statt. Kameramann Jörg Widmer, langjähriges Crew-Mitglied von Malick, leitete eine kleine Splinter Unit, die zwei Jahreszeiten filmte und dann später an die Drehorte zurückkehrte. Angesichts des zeitgeschichtlichen Hintergrunds des Films durften in der Produktion keine modernen Gebäude oder Hinweise auf die Gegenwart auftauchen. „Wir hatten das Glück, in einer Mühle und in einer Schmiede drehen zu können, die noch in Betrieb waren sowie in einigen echten Gefängnissen“, stellt Krawinkel fest. Eines der Gefängnisse war Hoheneck, das berüchtigte Stasi-Gefängnis bei Dresden – berüchtigt für die unmenschlichen Zustände, die darin herrschten. Eine Einstellung zeigt das Gefängnis in Tegel von außen, genau wie es zu Jägerstätters Zeiten aussah. Da das Gebäude noch heute als Gefängnis genutzt wird, mussten die Innenaufnahmen an einem anderen Ort gedreht werden.

Einige Szenen wurden an den realen Locations gedreht, wo die historischen Ereignisse tatsächlich stattgefunden hatten – darunter ein paar Innenaufnahmen in Jägerstätters Haus. Das Haus und die Salzach, die bei St. Radegund und an dem Wald unterhalb des Jägerstätter Hauses entlang fließt, wurden über die Jahre zur Pilgerstätte. Die Wanduhr in Jägerstätters Wohnzimmer ist dieselbe, die Fani um 16 Uhr am 9. August 1943 – genau zu der Stunde seiner Hinrichtung – schlagen hörte, während sie die Gegenwart von Franz spüren konnte, wie sie sich erinnerte. Es ist auch ihr Schlafzimmer von damals, das noch genauso aussieht. Fanis Stickereien hängen immer noch an den Wänden. Die drei Töchter von Franz und Fani – Maria, Rosalia und Aloisa – leben heute in oder nah bei St. Radegund. Fani verstarb 2013 im Alter von 100 Jahren.

Valerie Pachner, die Fani spielt, wuchs ca. 60 km entfernt im selben Bezirk auf. Manche Szenen spielen am Hof von Bauer Eckinger, einem Freund und Nachbarn von Jägerstätter. Heute wächst auf den Feldern um St. Radegund Mais, der damals noch nicht angebaut wurde. Es gibt Strommasten und zahlreiche moderne Häuser, manche davon in unmittelbarer Nähe zu Jägerstätters Haus. Deshalb mussten einige Szenen in den Bergen oberhalb des Dorfes gedreht werden. Die Gerichtsszene wurde im Kammergericht Berlin-Schöneberg gefilmt, in dem damals das berüchtigte Reichskriegsgericht tagte. „Es war ein beklemmendes Gefühl, in dem echten Gerichtssaal zu sein, in dem die Nazis so viele Todesurteile gefällt hatten“, bemerkt Krawinkel. Werner Lueben (Bruno Ganz), jener Richter, der das Todesurteil über Franz verhängt hatte, hätte im folgenden Jahr auch noch drei Priester aus Stettin zum Tode verurteilen sollen – stattdessen beging er Selbstmord.

Foto:
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Info:
Darsteller
Franz Jägerstätter – August Diehl
Fani Jägerstätter – Valerie Pachner
Resie Schwaninger, Fanis Schwester – Maria Simon
Rosalia Jägerstätter – Karin Neuhäuser
Vikar Ferdinand Fürthauer – Tobias Moretti
Lorenz Schwaninger, Fanis Vater – Ulrich Matthes
Herder – Matthias Schoenaerts
Waldland – Franz Rogowski
Major Kraus – Karl Marcovics
Richter Lueben – Bruno Ganz
Bischof Fliesser – Michael Nyqvist

Abdruck aus dem Presseheft