Serie: Die heute anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 11. Juli 2013, Teil 1

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt (Weltexpresso) – Gleich zwei Episodenfilme beschert uns diese Woche. Darunter versteht man Filme, die aus einer beliebigen Anzahl von einander unabhängiger und abgeschlossener Kurzfilme bestehen. Manchmal ergibt sich auch eine Rahmenhandlung und entweder sind die auch Omnibusfilm genannten Werke aus einer Hand oder von mehreren Regisseuren gedreht.

 

 

7 TAGE IN HAVANNA

 

Diesmal kommen die beiden Episodenfilme auf Spanisch daher. Mag sein, daß wir voreingenommen sind, weil wir Havanna ganz gut kennen und faszinierend finden, aber bei den sieben Tagen auf der Reise durch eine Woche haben wir tatsächlich das Lebensgefühl und die Bizarrerie wiedergefunden, die einen selbst Havanna leicht abhebt.

 

Dabei wird nichts geschönt. Die verfallenen Mauern, der Dreck von gestern, der Alkohol, die Hitze, die schönen Frauen, die begehrenden Männer, sie alle tragen bei zu diesem Geflimmer, in dem Erotik aus jeder Mauerritze wächst und das Wort Gefühl durch die zu bestaunenden Leidenschaften seinen tiefen Sinn erhält. So recht eigentlich ist dieser Film mit den sieben Geschichten eine Liebeserklärung an die kubanische Hauptstadt.

 

Wer also je dort war, weiß, daß immer alles auch um das Dableiben oder das Weggehen, besser: Fliehen kreist. Und um Musik, das nahe Meeresrauschen und um...Doch, doch, wir finden alles wieder, was in dieser Stadt rumort. Denn es sind die Menschen, die diese Geschichten zu unseren eigenen machen. Sieben recht bekannte Regisseure, nicht alle aus dem spanischen Kulturkreis, nehmen den Rhythmus der Stadt in ihre Filme auf. Für uns gab es keinen einzigen Ausfall. Aber sagen wir es gleich, der des Pablo Trapero JAM SESSION hat uns besonders gut gefallen, weil der ansonsten hinter der Kamera stehende Emir Kusturica sozusagen sich selbst spielt und als bekannter Regisseur sich in Kuba einen Preis abholen soll.

 

Wir sehen den rastlosen und sinnlosen Ablauf des Lebens solcher Berühmtheiten und auch wie fehlgeleitet und alkoholabhängig sie sind. Was interessiert den Mann schon solch ein Preis, wenn er in seinem Chauffeur auf einmal einen findet, der Musik macht und ihn dazu mitnimmt. Tatsächlich ist das nicht nur typisch, sondern das Lebenselixier von Havanna, diese Erdverbundenheit, dieses Irdische, ja Bodenstämmige, das den Körper mitnimmt auf die musikalischen oder erotischen Reisen durch die Nacht – und auch die Tage. Spannend eben auch die Unverfrorenheit solcher Berühmtheiten, die für sie und ihren Preis Arbeitenden kaum zur Kenntnis zu nehmen, ja sie und die Termine zu ignorieren, dann doch noch die Kurve zu kratzen und die Preistrophäe in letzter Minute entgegenzunehmen, eine Trophäe, die wir nach seinem Abflug in den Händen der Chauffeurstochter entdecken und uns mit ihr darüber freuen. Da hat eine Trophäe einmal wirklich jemanden glücklich gemacht.

 

Diese Episode ist auch deshalb typisch, weil die meisten Filme denen gelten, die als Touristen oder Geschäftsleute, auf jeden Fall von außen nach Kuba kommen. Auch Daniel Brühl, der Deutsche mit gleichbedeutenden spanischen Wurzeln, darf mitspielen. CECILIAS VERSUCHUNG gibt den Mittwoch wieder und er, ein Musikmanager, folgt seit Tagen den abendlichen Auftritten der jungen Sängerin Cecilia, der er einen Vertrag in Madrid anbietet. Eine harte Versuchung für die junge Frau, die mit ihrem Freund José zusammenlebt, der als Baseballspieler gerade ein absolutes Tief hat. Daß es aber nicht nur ums Singen geht, sondern auch um das einander Begehren bei den aufflammenden Diskussionen und nötigen Entscheidungen, macht diese nicht einfacher.

 

Und sie wäre wohl dem Fremden nach Europa gefolgt, hätte sie nicht mitbekommen, wie kurz vor dem Beischlaf er ans Telefon gerufen, seinem Kompagnon mitteilt, daß er gerade dabei sei...Nein, verschachern läßt sie sich nicht. Was aber wir Zuschauer herauslesen, ist eben auch eine Absage an den fremden Verführer, der hier die weite Welt bedeutet, und ein verantwortliches Dableiben beim angeschlagenen Freund, der das gebeutelte Kuba charakterisiert. Das ist aber von Regisseur Julio Medem nicht mit dem Holzhammer serviert, sondern einfach die wirklichkeitsnahe Konsequenz aus dieser Geschichte.

 

Ganz toll fanden wir auch BITTERSÜSS von Juan Carlos Tabío, dem einzigen auf Kuba lebenden Regisseur des gemeinsamen Films. Mirtha ist Verhaltenspsychologin und teilt ihr Wissen einmal wöchentlich der gesamten Nation mit, indem sie in einer Fernsehsendung persönliche Ratschläge gibt. Daß sie auch noch Torten backt, und was für welche, und damit den eigentlichen Unterhalt für den Haushalt bestreitet, zeigt nicht nur, daß in Kuba die Frauen wie anderswo die eigentlichen Heldinnen des Alltags sind, sondern führt hier zu enormen Verwicklungen. Schließlich geht es hier wie in den anderen Filmen immer darum, das Gefühlsspektrum der Personen möglichst auszudehnen und dies im Film vorzuführen. Leidenschaft in jeder Lebenslage und extreme Gefühle in jede Richtungen.

 

EIN FREITAG IN BARCELONA

 

In Barcelona sind es sechs Episoden mit acht Männern und vier Frauen, die alle vom selben Regisseur Cesc Gay in Szene gesetzt werden, wobei der Geschlechterkampf wie auch das Ineinanderfallen hauptsächlich über Worte erfolgen.