Bildschirmfoto 2020 02 23 um 22.19.5970. Berlinale vom 20. 2. - 1. 3.2020, WETTBEWERB, Teil 5/18

Claudia Schulmerich

Berlin (Weltexpresso) – Die Festivalleitung hat nach der Aufführung des Films PINOCCHIO, der Verfilmung der Abenteuer der Holzpuppe, von Carlo Collodi Ende des 19. Jahrhunderts erzählt und bei den Galas angesiedelt, mit UNDINE den nächsten Sagenstoff präsentiert, der sogar noch früher im Spätmittelalter und erneut in der Frühromantik angesiedelt ist und im WETTBEWERB läuft.

Können Sie sich noch an UNDINE erinnern? Auch nicht schlecht, wenn Filme dazu nötigen, sich mit Sagenstoffen zu beschäftigen, die noch gestern allgemeines Wissen waren. So erinnere ich mich an die gleichnamigen Opern von E.T.A. Hoffmann (1778-1822) sowie Albert Lortzing (1801-51). Für diesen Film muß man eigentlich nur wissen, daß Undine eine „Trostfrau“ war, die also Männer an den Wasserrändern rufen konnten, wenn sie einsam und verzweifelt waren und von ihr getröstet wurden, was ihren lustvollen Tod mit sich brachte. Aber dann gibt es auch eine andere tödliche Konsequenz, daß ein Mann, der Undine untreu wird, von ihr getötet wird.

Darauf bezieht sich Undine (Paula Beer), als sie im kleinen Museumscafé ihrem bisherigen Freund Johannes (Jacob Matschenze), der ihr gerade von der neuen Frau an seiner Seite und dem Ende der Liebe zu Undine sprach, erwidert: „Du weißt, daß ich Dich töten muß.“ Undine ist Historikerin und wir sind von ihrer Qualität als Museumsführerin sofort überzeugt, wenn sie über die Stadtplanungen zu allen Zeiten spricht, die als Modelle vor den Besuchern stehen.

Zum Glück für Johannes lernt sie quasi über Nacht mit Christoph (Franz Rogowski) den Mann kennen, der es sein muß, mit dem sie sich so verbunden fühlt, wie noch nie im Leben. Die beiden sind einfach total ineinander verliebt. Und wieder muß eine dran glauben, denn eigentlich hat er eine Freundin: Monika (Maryam Zaree). Christoph repariert unter Wasser technische Anlagen, wo sie ihm zuarbeitet. Er wird als Experte in der ganzen Republik gebraucht.

Aber das neue Liebespaar entwickelt, noch bevor ihre Energie in die Liebe fließt, ungeheure Dynamik, die das Riesenaquarium im Café sprengt und Undine und Christoph zu Boden wirft. Eine schöne Metapher für die Gewalt der Liebe, die beide überfällt und die einfach beglückend inszeniert ist, weil sie so sinnlich rüberkommt, was auf der Leinwand nicht leicht ist.

Doch bleibt den beiden nicht viel Zeit. Petzold setzt in UNDINE eine auffällige Dichotomie ein. Zum einen ist es das Wasser, sowohl in seiner heilenden positiven Kraft, wie auch im Gegenteil, der Wassergewalt wie Tsunamis. Natur pur. Zum anderen sind es die steinernen Städte, menschengemacht und im Museum in ihrenFehlplanungen nachzuverfolgen. Doch letzten Endes bleibt Letzteres nur eine interessante Information ohne echten Zusammenhang zur Handlung. Das ist mit dem Wasser natürlich anders, was ja auch die Titelfigur UNDINE nahelegt.

Wie es mit Christoph und Undine weitergeht, bleibt spannend. Das Wasser, die Gewässer auch. Der große See bei Berlin ist ein Tauchparadies und das Liebespaar durch die Fluten tauchen und tanzen zu sehen, hat ästhetische Reize. Nur, was das alles soll, wenn am Ende die kurz durch Wasser aufgeweichten steinerne Verhältnisse wieder steinern sind, das weiß man, hier: ich, eigentlich nicht.

Info:
Regie: Christian Petzold

Darsteller:
Paula Beer,
Franz Rogowski,
Maryam Zaree,
Jacob Matschenz,
Anne Ratte-Polle