Juliane Maria Lorenz zur Ausstellung Fassbinder – JETZT ab 30. Oktober im Deutschen Filmmuseum Frankfurt, Teil 2
Romana Reich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) Im ersten Teil des Interviews ging es stark um das Nachwirken von Fassbinder, seine spezielle Art und Weise, aus seinen Mitspielern das Äußerste herauszuholen und das, worin er seine Cutterin forderte. Im folgenden steht die Künstler der Ausstellung und die Arbeit der Fassbinder- Foundation im Mittelpunkt.
DFM:
Weil Sie seinen Gestaltungswillen ansprechen: Aktuelle Künstler
beziehen sich auch mehr als 30 Jahre nach seinem Tod auf Fassbinder. Ming
Wong zum Beispiel, dessen Werke ja auch in unserer Ausstellung zu sehen
sein werden…
Lorenz:
Ja natürlich, Künstler sehen sich andere Künstler an. In China ist Fassbinder sehr bekannt. Auch Martin Scorsese hat sich Fassbinder angeguckt, genauso wie Marina Abramović oder Cindy Sherman und Todd Haynes, der wollte von mir wissen, wie Fassbinder gearbeitet hat. Deshalb bin ich davon überzeugt: Fassbinder wird auch in Zukunft noch cool sein. Ming Wong hat sich mit Fassbinder auseinandergesetzt, weil er Deutsch lernen wollte. Und das macht er mit den Filmen ANGST ESSEN SEELE AUF (BRD 1973) und DIE BITTEREN TRÄNEN DER PETRA VON KANT (BRD 1972), weil die in China gelaufen sind. Und an der Stelle muss man mal das Goethe-Institut erwähnen, das Fassbinders Filme immer wieder im Ausland gezeigt hat, schon von Anfang an.
DFM:
Interessant ist auch, dass der Performancekünstler Rirkrit Tiravanija den Titel „Angst essen Seele auf“, 1994 zum ersten Mal eingesetzt hat – zwei Jahre nach der großen Werkschau in Berlin. Er war – nach unseren Recherchen – der erste Künstler jenseits des Kinos, der sich direkt auf Fassbinder bezog. 1998, also im Jahr nach der Retrospektive im New Yorker MoMA waren es dann gleich mehrere Videokünstler in einem Jahr.
Lorenz:
Ja, natürlich. Das hat damit zu tun. Das amerikanische Goethe-Institut hat es mit ermöglicht, dass die Fassbinder-Retrospektive im Anschluss an die große Gesamtretrospektive im MoMA durch 50 Städte in den USA tourte.
DFM:
Was ist das Leitmotiv Ihrer Arbeit in der RWFF?
Lorenz: Festhalten durch Erhalten. Bewusst machen, was Kinokultur ist. Darum geht es mir.
DFM:
Was sind die nächsten Projekte der Foundation?
Lorenz:
Aktuell läuft das Restaurierungsprojekt zu ACHT STUNDEN SIND KEIN TAG mit dem MoMA. Und dann gibt es ein besonders schönes Projekt, das wir hoffentlich bald realisieren können: Es gibt in Rainers Nachlass ein komplettes Drehbuch, das wir demnächst verfilmen wollen. Da sind wir derzeit in Verhandlungen mit meinem Wunschregisseur, und ich hoffe, dass ich bald mehr dazu sagen kann. Und dann haben wir da ja noch die Ausstellung in Frankfurt am Main: Fassbinder – JETZT. Film und Videokunst (30. Oktober 2013 bis 1. Juni 2014). Von der wünsche ich mir, dass sie so erfolgreich wird, dass sie im Juni 2014 nur kurz eingepackt wird und dann auf Tournee geht. Sicher ist ja schon die Station Berlin…
DFM: Sobald die Finanzierung steht…
Lorenz: Und dann hoffen wir, dass sie weiter tourt. Ich finde, dass der Fassbinder was ganz Besonderes ist, sein Werk als gesamter abgeschlossener Korpus. Wir werden sehen, wie das jetzt in Frankfurt und anderswo ankommt.
Das Gespräch mit Juliane Maria Lorenz führten für das Deutsche
Filmmuseum Anna Fricke, Hans-Peter Reichmann und Frauke Haß
INFO:
Begleitend zur Ausstellung ist eine Retrospektive im Kino des Filmmuseums zu sehen sowie eine Filmreihe, die den Einfluss Fassbinders auf das Kino der Gegenwart, von Pedro Almodóvar bis François Ozon, thematisiert. Es erscheint ein Katalog in deutscher und englischer Ausgabe.
Teilnehmende Künstlerinnen und Künstler:
Tom Geens (geb. 1970, Belgien)
Runa Islam (geb. 1970, Bangladesch)
Maryam Jafri (geb. 1972, Pakistan)
Jesper Just (geb. 1974, Dänemark)
Jeroen de Rijke / Willem de Rooij (geb. 1970 Niederlande, gest. 2006, Ghana /
geb. 1969 Niederlande)
Ming Wong (geb. 1971, Singapur)
Eröffnung: Dienstag, 29. Oktober, 19 Uhr
Die Ausstellung ist eine Kooperation mit der Rainer Werner Fassbinder Foundation Berlin. Sie wird gefördert vom Kulturfonds Frankfurt RheinMain, der Stadt Frankfurt am Main und der Hessischen Kulturstiftung. Weiterer Kooperationspartner ist die B3 Biennale des bewegten Bildes.
Film und Videokunst vom 30. Oktober 2013 bis 1. Juni 2014
www.deutsches-filminstitut.de
www-deutsches-filmmuseum.de