Anna von Stillmark

 

Wiesbaden (Weltexpresso)- Schon über sechzig Jahre alt ist dieser Bambi und kein bißchen weise, was die mit Recht umstrittene Preisvergabe an Sänger und Rapper Bushido auswies. Aber das ist das Nette an dieser deutschen Preisverleihung, daß sie sich etwas Bodenständiges und auch Peinliches bewahrt hat. Und dieses Jahr mit Helmut Schmidt sogar intellektuell mithalten konnte, denn der hat sich ganz und gar nicht greisenhaft, sondern als Herr über die Zeit verhalten und in einer Ansprache so etwas wie atemloses Schweigen im Rund zuwege gebracht. Und als die Anwesenden nach seinen Worten ihn durch gemeinschaftliches Aufstehen ehrten, war der Hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) einer der ersten, der aufsprang und klatschte.

 

 

Ansonsten lief alles wie immer, wenn man vom Patzer de Moderators Sky DuMont absieht, der den falschen Film „ Die Säulen der Erde“ als Sieger des Publikumspreises vortrug, sich aber Gott sei dank vom Publikum korrigieren ließ und in „Der Mann mit dem Fagott“ verbesserte. Daß der Sänger von Rosenstolz auf der Bühne bei seiner eigenen Preisübergabe etwas Negatives zum Preis von Bushido sagte, finden wir richtig. Denn oft ist dann so ein gemeinschaftliches Schweigen über Dinge, die kritisch sind. Und dieser Preis ist es. Er ist es deshalb, weil ein Integrationspreis mehr verlangt, als daß jemand heute nicht mehr so fäkalisch und verletzend über Frauen und andere Minderheiten spricht und singt, wie Bushido es getan hat. Er sagt, er hat sich verändert und daraus gelernt. Was lernen wir daraus: Erst klotzen und kotzen und wenn man damit aufhört, bekommt man einen Preis!

 

Die Preise:

 Der Millenniums-Bambi 2011 geht an Helmut Schmidt. Die Jury sagt dazu: Helmut Schmidt ist das politische Gewissen der Deutschen. Der Altbundeskanzler verfügt über einen messerscharfen Verstand und eine unbeirrbare Moral, die viele heute bei Politikern vermissen. Trotz seines hohen Alters wird Schmidt nicht müde, sich in die großen gesellschaftlichen Themen einzumischen, zu mahnen und zu erklären. Seine Erfahrung und Unabhängigkeit verleihen seinen Standpunkten Glaubwürdigkeit. In seiner Rolle als „Elder Statesman“ scheut sich der begehrte Interviewpartner nicht, den amtierenden Regierungen, Bankern oder Wirtschaftsbossen seine Meinung zu sagen. Seit 1982 bekleidet Helmut Schmidt kein politisches Amt mehr, doch er wird geschätzt und verehrt wie kaum ein anderer ehemaliger Politiker. Die Deutschen sind stolz auf ihren Altbundeskanzler und wohl deshalb auch bereit, ihm sein Laster, das Kettenrauchen zu jeder Zeit und an jedem Ort, zu verzeihen.

 

Den Bambi für Entertainement erhielt Justin Bieber mit folgender Begründung: Er ist das Idol der Generation Internet. Das Netz hat ihn berühmt gemacht. Seinen Erfolg verdankt er nicht einem Manager oder einem Plattenkonzern, sondern selbst gedrehten Videos, die er vor drei Jahren auf die Internetseite YouTube stellte. Heute hat er Millionen Fans, seine Pop-Songs erobern die Hitparaden und er darf sich, mit gerade 17 Jahren, bereits zu den Weltstars zählen. Oft genügt die Erwähnung seines Namens, damit junge Mädchen in Kreischorgien ausbrechen. Dieser Rummel lässt nicht übersehen, dass wir es mit einem hochbegabten Musiker, Songschreiber und Entertainer zu tun haben: Justin Bieber spielt vier Instrumente, verfügt über eine außergewöhnliche Soulstimme und ist ein hervorragender Tänzer. 
 
Den Bambi für das TV-Ereignis des Jahres geht an Thomas Gottschalk mit der Jury-Begründung: Der Erfolg von Thomas Gottschalk mit "Wetten dass ..?" ist einzigartig. Seinetwegen versammeln sich am Samstagabend die Familien vor dem Fernseher. Er benötigt kein Skript, er spielt keine Rolle, das spürt und schätzt der Zuschauer. Gottschalk verlässt sich auf sich selbst und seinen Respekt vor seinen Gästen. Er besitzt das Talent, spontane Pointen zu setzen und den Instinkt für die richtigen Worte im rechten Moment. Das hat er bei "Wetten dass …?" live aus Mallorca eindrucksvoll bewiesen.

 

Der Bambi für Film International geht an Gwyneth Paltrow. Dazu sagt die Jury: Als Oscar-Preisträgerin gehört Gwyneth Paltrow längst zu den Leading Ladies, zu den führenden weiblichen Stars Hollywoods. Was die makellose Schönheit mit dem fast spitzbübisch fröhlichen Lächeln von mancher Kollegin unterscheidet, ist ihre Natürlichkeit. Den Figuren, die sie spielt, verleiht sie ein hohes Maß an Tiefe und Glaubwürdigkeit. Gwyneth Paltrow, die wie im Thriller „Contagion“ jederzeit bereit ist, ihre Schönheit für eine Rolle zu verstecken, ist der höchst sympathische Gegenentwurf zur launischen Diva.“

 

Den Bambi für das gelungendste Come Back geht an Rosenstolz mit der Begründung der Jury: Ein Star, der öffentlich bekennt, er leide unter Burnout, beweist Mut. Nach einer Auszeit ins Showgeschäft zurückzukehren, erfordert noch viel größeren Mut. Rosenstolz sind diesen Weg gegangen. Das Duo aus Berlin war über viele Jahre eine der erfolgreichsten deutschen Bands. Songs wie ,Ich bin Ich‘ oder ,Gib mir Sonne‘ gehören zum Soundtrack des beginnenden Jahrtausends. Auf dem Höhepunkt der Karriere, Anfang 2009, verordnete sich Rosenstolz eine Zwangspause auf unbestimmte Zeit. Eine Hälfte des Duos, der Keyboarder und Songschreiber Peter Plate, litt am Burnout-Syndrom. Dass er den Grund für die Auszeit nicht verheimlichte, sondern öffentlich machte, verdient Respekt. Er rückte damit eine lange verkannte und unterschätzte Krankheit unserer hektischen Zeit ins Blickfeld. Mit der Hymne ,Wir sind am Leben‘ meldete sich Rosenstolz im September 2011 zurück und eroberte die Charts – als wären sie nie weg gewesen.

 

Den Bambi fürs Lebenswerk erhältuth Maria Kubitschek mit der Jury Begründung: Ruth Maria Kubitschek ist eine Ausnahmeerscheinung im deutschen Fernsehen. Scheinbar spielerisch gelingt es ihr, in ihren Rollen Herausragendes zu schaffen. Ihr Erfolg beruht nicht nur auf ihrem großen beruflichen Können, sondern auch auf einer inneren Ruhe, Unabhängigkeit und Stärke, die sie ausstrahlt und mit der sie das Publikum fasziniert. Die Titelrolle in dem Dreiteiler „Melissa“ nach Francis Durbridge machte sie 1966 über Nacht bekannt. Das „Spatzl“ in der Serie „Monaco Franze – Der ewige Stenz“, die Verlegerin in „Kir Royal“ und die Brauereichefin in „Das Erbe der Guldenburgs“ waren Höhepunkte ihrer Laufbahn. Seit den 90er-Jahren des vorigen Jahrhunderts vertiefte sie ihre Neigung zur Malerei und zum Schreiben. Zwei ihrer Romane wurden erfolgreich verfilmt - mit ihr in der Hauptrolle.

 

Den Bambi als Newcomer erhält Tim Bendzki mit der Jury Begründung:Mit seinem Song ,Nur noch kurz die Welt retten‘ hält Tim Bendzko der Generation Smartphone den Spiegel vor. Mit ironischem Hintersinn karikiert er die Hektik unseres Alltags, in dem es immer noch etwas Dringenderes zu geben scheint als das, was uns wirklich wichtig ist. Bendzko schuf dazu eine eingängige Melodie, die man kaum mehr aus dem Kopf kriegt, und singt mit einer eindringlichen Soulstimme mit hohem Wiedererkennungswert. Mit seiner Debütsingle gelang Tim Bendzko der deutsche Hit des Jahres. Auch seine zweite Single ,Wenn Worte meine Sprache wären‘ besitzt Hitpotenzial. Mit der melancholisch-verträumten Ballade wurde der Sänger Sieger beim Bundesvision Song Contest in Köln.“

 

Den Bambi Unsere Erde erhält Ric O’Barry mit folgender Jury-Begründung: Er zeigt uns die grausame Wahrheit hinter dem Lächeln von Flipper. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, Delfine vor dem Menschen zu schützen. Die Bilder des Films ,Die Bucht‘, in dem das Abschlachten von Delfinen in Japan dokumentiert wird, sind in ihrer Brutalität nur schwer zu ertragen. O’Barry schockiert, provoziert und befreit Tiere aus Delfinarien.
Dafür nimmt er sogar Gefängnisstrafen in Kauf. Die Entscheidung, sein Leben radikal zu ändern, traf Ric O’Barry vor mehr als 40 Jahren: Damals musste der Tiertrainer, der mit der Familienserie ,Flipper‘ berühmt geworden war, sich eingestehen, dass die heile Welt seiner Delfine nur im Fernsehen existiert. In Gefangenschaft leiden die Tiere. O’Barry wurde zum engagierten Kämpfer für die Freiheit und den Schutz der Delfine.

 

Den Preis für Integration erhält Bushido. Die Jury sagt: Er gilt als der erfolgreichste Rap-Musiker Deutschlands und ist ein hervorragendes Beispiel für gelungene Integration:Bushido, Sohn einer deutschen Mutter und eines tunesischen Vaters, wuchs unter schwierigen sozialen Bedingungen auf undschaffte es nach ganz oben. Mit seinem eindringlichen Sprechgesang und oft provokanten Texten eroberte er die Hitparaden. Seine CDs wurden vielfach ausgezeichnet, national wie international. Bushido ist heute Gesprächspartner und Ratgeber für Politiker. Seine Stimme findetGehör, nicht nur bei Millionen Fans, sondern auch in den Medien. Als willkommener Gast in Talkshows und Interviewpartner proklamierter das Selbstverständnis vieler Deutscher mit Migrationshintergrund: ‚Egal woher unsere Väter kommen, wir sind Deutsche‘. Bushido setzt sich ein gegen Gewalt und für ein respektvolles Miteinander in einer multikulturellen Gesellschaft.