Serie: Die heute anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 31. Oktober 2013, Teil 1

 

Hanswerner Kruse

 

Berlin (Weltexpresso) – Der spannende Film „Inside WikiLeaks“ erzählt die reale Geschichte der Enthüllungsplattform, aber aus den unterschiedlichen Perspektiven der später zerstrittenen Internetaktivisten. Viele Fragen bleiben offen, auch die aktuelle, ob Edgar Snowden die Ausspähung des Handys der Bundeskanzlerin durch die NSA verraten durfte.

 

 

INSIDE WIKILEAKS

Wir können den Deckmantel der Verheimlichung zerreißen“, verkündete Ende 2006 der Internetaktivist Julian Assange. Mit WikiLeaks startete er eine Plattform für Whistleblower und andere Informanten, die nicht identifiziert werden konnten. „Darum kann man Mut lernen!“, meinte er. Bald landeten sehr viele geheime Daten auf der Webseite, renommierte Zeitungen recherchierten die Dokumente und veröffentlichten Aufsehen erregende Berichte über Regierungskorruption in Kenia, Schweizer Geldwäscher oder das US-Gefangenenlager Guantanamo Bay. Bald begann der Deutsche Daniel Domscheit-Berg seine virtuelle Mitarbeit und traf 2008 auf ihren Gründer; damit beginnt der Film:

Der exaltierte Julian (Benedict Cumberbatch) und der bodenständige Daniel (Daniel Brühl) verstehen und ergänzen sich auf Anhieb. Als Julian mit allen Aktivisten einen gelungenen Coup feiern will, merkt er, dass Julian hinter sämtlichen Pseudonymen bei WikiLeaks steckt. Zunächst ist er enttäuscht, arbeitet dann jedoch hauptberuflich mit und bekommt Probleme mit seiner Freundin. „Warum willst Du so sein wie er?“, wirft Anke (Carice van Houten) ihm vor. „Er ist ein manipulierendes Arschloch und braucht Grenzen - und diese Grenze bist Du.“

WikiLeaks wird enorm erfolgreich, arbeitet mit dem SPIEGEL, der NEW YORK TIMES, dem GUARDIAN zusammen und wächst viel zu schnell. Die wenigen Mitarbeiter und die kleinen Server können die riesigen Aufgaben kaum noch bewältigen. Daniel holt Markus (Moritz Bleibtreu) dazu, der europaweit Server installiert, aber seine Computer im heimischen Kuhstall hütet, was Julian mächtig irritiert.

Zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Aktivisten kommt es, als Julian 2010 in einer gigantischen Enthüllung 91.000 Geheimdokumente des US-Militärs veröffentlicht, die meisten davon unredigiert. Dadurch sind viele CIA-Zuträger nicht mehr geschützt. „Mir sind die illegalen Drecksäue egal“, verkündet Julian. „An Deinen Händen klebt Blut“, kontert Daniel. Er verteidigt den Schutz der Informanten, Julian besteht auf der unzensierten Freiheit der Information. Es kommt zum endgültigen Bruch und bald ist Julian auf der Flucht vor der US-Justiz…

Inside WikiLeaks“ ist kein Dokudrama sondern folgt frei der bekannten Geschichte des Projekts, mal mit schnellen hektischen Schnitten, dann wieder mit langen Erzählungen. Der Film ist ein spannender Politthriller und zugleich ein Trauerspiel über das Zerbrechen einer Männerfreundschaft. Die verschiedenen Ebenen sind dramaturgisch gut miteinander verknüpft und weder mit politischen Infos noch mit zu viel Action überfrachtet.

Letztlich ist das Werk ein Spielfilm, denn wirkliche Ereignisse werden verdichtet, unterschiedliche Personen zu einer verwoben, fiktive Episoden eingefügt. „Die Server standen niemals im Stall“, erklärte der echte Daniel. Der aufregende Film und die großartigen Darsteller ziehen die Zuschauer mächtig in ihren Bann. Dennoch werden wichtige politische Fragen aufgeworfen die am Ende offen bleiben, weil sie noch ungelöst sind: Geht die Freiheit der Information oder das Sicherheitsinteresse des Staates vor? Wer kontrolliert die Enthüller? Kann das Internet wirklich die 5. Macht werden? „Es wird womöglich Jahrzehnte dauern, bis wir verstehen werden, welche Bedeutung WikiLeaks für unsere Gesellschaft wirklich hatte“, meint Regisseur Bill Condon dazu.

 

INFO:

Inside WikiLeaks“, USA 2013, Regie Bill Condon mit Benedict Cumberbatch, Daniel Brühl u. a.

128 Minuten, ab 12 Jahre. Kinostart am 31. Oktober 2013