Serie: Die angelaufenen Filme in deutschen Kinos vom 14. November 2013, Teil 1

 

Hanswerner Kruse

 

Berlin (Weltexpresso) – Somalische Piraten entern ein Containerschiff, nehmen Richard Phillips, den Captain, als Geisel und verlassen mit ihm in einem Rettungsboot den Frachter. Nach einer wahren Geschichte wurde dieser vorzügliche Politthriller von Paul Greengrass verfilmt.

 

CAPTAIN PHILLIPS

In seinem eher langweiligen Buch „Höllentage“ hat der echte Captain Phillips mit Hilfe eines Ghostwriters seine Erfahrungen während der fünftägigen Geiselnahme in schnodderiger Sprache aufgeschrieben. Regisseur Greengrass ist bekannt für seine politisch ambitionierten Filme („Bloody Sunday“), die er äußerst spannend inszeniert („Bourne Verschwörung“). Natürlich machte er aus dem Stoff einen aufregenden Actionfilm, der einen durchgehend in seinen Bann zieht, obwohl man weiß, wie die Geschichte ausgeht:

 

Gemächlich beginnt der Film mit dem Abflug Phillips (Tom Hanks) aus den USA, während parallel in Somalia brutale Warlords arme Fischer als Piraten rekrutierten: „Bringt ein neues Schiff!“ Captain Phillips geht in Oman an Bord des riesigen Containerfrachters „Maersk Alabama“, um nach Mombasa zu fahren. Die Bosse der Piraten beginnen mit Radar allein fahrende Schiffe zu orten. Sie entdecken die „Maersk Alabama“, greifen an, können aber mit Wasserkanonen vertrieben werden.

 

Der technisch hochgerüstete Kutter der Bosse und ein Fischerboot flüchten, während vier barfüßige, schwer bewaffnete Seeräuber es schaffen, das Containerschiff zu kapern. Allerdings hat sich die Mannschaft versteckt, die Banditen können nur den Captain in ihre Gewalt bringen, der sie todesmutig mehrfach hereinlegt. Als zahlreiche Kriegsschiffe der US-Navy dem Frachter zu Hilfe kommen, verlassen die Piraten in einem kleinen Boot mit ihrer Geisel das Schiff und versuchen die somalische Küste zu erreichen. Die Navy baut eine gigantische Drohkulisse auf, während die Seeräuber planlos und hysterisch reagieren. Der bis dahin tapfere Captain ist zum Schluss nur noch ein verzweifeltes Wrack und alles andere als ein Rambo.

 

Der nun fällige Showdown wird zur Wagner-Oper: Dunkle Nacht, stürmische See, hohe Wellen, Meeresrauschen, dramatische Musik, die winzige Nussschale der Piraten mit ihrer Geisel ist von riesigen Kriegsschiffen umstellt, Hubschrauber kreisen, Scharfschützen sind in Stellung, eine Kampfeinheit der Navy bereit…

 

Anders als in der Vorlage weht beiläufig ein Hauch von Sozialkritik durch den Film, die Seeräuber sind nicht nur die Bösen. Ohne die Piraterie zu beschönigen wird deutlich, dass die Banditen naive Opfer sind, kaum Geld bekommen und von ihren Bossen im Stich gelassen werden. Zwischen Captain Phillips und dem Somalier Muse (Barkhad Abdi) entsteht sogar eine freundliche Beziehung, die argwöhnisch von den anderen beäugt wird. Treuherzig meint Muse zu Phillips: „Ich gehe auf das Schiff und hole die 10 Millionen Dollar, dann gehst Du nach Hause.“

 

Überhaupt agieren die Piraten eher wie bekiffte Jugendliche, statt wie blutrünstige Monster - sie kauen unaufhörlich irgendeine Pflanzendroge. Doch die visuelle Botschaft des Films ist überdeutlich, niemand darf die USA ungestraft angreifen (auch die Snowdens und Assanges dieser Welt werden zermalmt). „Captain Phillips“ ist kein Aufklärungsfilm, sondern ein verdammt aufregender und monumentaler Actionfilm, den man nun gar nicht auf Blue Ray im Heimkino angucken sollte.

 

INFO:

Captain Phillips“, USA 2013

Regie Paul Greengrass, mit Tom Hanks, Barkhad Abdi, 134 Minuten, ab 12 Jahre, Filmstart 14. 11.