Serie: Ab 27. 10.: Die Sonntagnachtkrimireihe des ZDF um JACK TAYLOR des Iren Ken Bruen, Teil 4

 

Elisabeth Römer

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Also, wir geben es zu. Jetzt kommen wir mit der Reihenfolge der Romane und der der Fernsehfilme schon durcheinander. Erstens sind die Titel jeweils andere und dann ist auch die Reihenfolge unterschiedlich. Wir geben trotzdem nicht auf, denn die Verfilmung letzten Sonntag, wo es um KÖNIGIN DER SCHMERZEN ging, die fanden wir grandios.

 

Ob das auch am Sonntag mit TAG DER VERGELTUNG so sein wird, können wir nicht versprechen, werden es aber im Nachhinein offen sagen, denn wir haben vor, uns bei Erscheinen der DVDs diese noch einmal direkt hintereinander 'reinzuziehen'. In der Tat ist das eine ganz andere Dichte, wenn man das hintereinander wegsieht. Es stimmt übrigens genauso für das Hintereinanderweglesen. Das haben wir nämlich immer paarweise gemacht, obwohl wir die Krimis schon vor Jahren gelesen hatten. Man erinnert sich auch an die Plots, aber nicht mehr an die Feinheiten. So auch hier.

 

TAG DER VERGELTUNG ist bei den Kriminalromanen des Ken Bruen die Nummer 5 und bringt uns ganz neue Seiten des Helden Jack Taylor. Da wir zwischendurch den neuen Jo Nesbø KOMA gelesen hatten, wo Harry Hole wieder einmal grandios den undurchdringlichen Verbrechensdschungel lichtet, dabei fast sein Leben läßt und der Alkohol und das Nikotin, sogar das Rauschgift eine entscheidende Rolle spielen, ist uns zum ersten Mal die Gemeinsamkeit dieser beiden Ermittler aufgefallen. In der Schwarzen Serie haben seit Raymond Chandler und Dashiell Hammett die Detektive immer eine angeschlagene Seite.

 

Sie sind nicht die jungen frischen Helden, die vor Energie nicht ein noch aus wissen, sondern Männer, die mit dem meisten gescheitert sind, was sie sich als Leben vorstellten, und ihre seelischen Verletzungen nur dadurch im Schach halten, daß sie sich in rauschhafte Zustände versetzen, die durchaus etwas von vorgezogenem Tod haben und sowieso unausweichlich darauf zusteuern, wenn sie mit Trinken, Rauchen, Kokain oder sonstigem nicht aufhören. Das Aufhören versuchen sie immer sukzessive, bis sie aus Gründen, die wir in den Romanen meist mitverfolgen, wieder ihren Dämonen folgen und nicht sicher ist, ob es einen nächsten Krimi mit dem Helden geben wird oder dieser inzwischen an seinen Süchten verstorben ist.

 

Alkohol, Nikotin, Rauschgift, das Suchtverhalten, ist also eine Gemeinsamkeit von Harry Hole und Jack Taylor, als Charaktere sind beide dennoch völlig unterschiedlich, schon deshalb, weil Jack Taylor so sehr Ire ist, wie ein Norweger niemals Norweger sein kann. Das Irische repräsentiert durch die keltischen Wurzeln, die durchschlagen, einen so einzigartiger Volksstamm, dessen größtes Vergnügen darin besteht, sich jeweils als 'very irish' zu zeigen. Dazu gehört das Bier. Dazu gehört die Gewalt. Dazu gehört die Musik. Dazu gehört die Landschaft und die Geschichte. Und dazu gehört auch die Literatur, denn nirgends – naja, außer in Island, gibt es so viele Erzähler wie in Irland, ein erzählendes Volk sozusagen.

 

Sicher aber gibt es nirgends einen beleseneren Detektive, als Jack Taylor es ist. Da müssen auch wir, die wir uns in der Literatur zu Hause fühlen, manchmal schlucken. Da wäre ein Anmerkungsapparat schön und an den erinnern wir uns auch bei früheren Bänden. Aber hier steht beim 5. Roman zum Anmerkungsapparat vom Übersetzer Harry Rowohlt: „Diesen (ausgefallenen) Anmerkungsapparat widmet der Übersetzer...Herrn Jochen König, der in seinem Internet-Portal www.krimi-cluch.de schrieb, er könne auf meine Anmerkungen ganz leicht verzichten. Schön, wenn man alles weiß.“...Dann zählt er Namen auf, von denen wir die meisten kennen, aber eben nicht alle. Und um die ginge es uns. Aber: „Fragen Sie Herrn König. Sagen Sie ihm, ich habe Sie geschickt. Er weiß dann schon Bescheid.“ Ernsthaft, das werden wir tun, denn soviel gelesen wie hier hat auch Taylor noch nie und soviel Musik gehört, deren Songs er genau vom Gefühl her beschreibt, auch nicht. .

 

Aber jetzt erst zur Geschichte. Ach so, erst im fünften Roman lernt Jack wirklich diesen Cody kennen, der uns im Fernsehen ja schon länger begleitet...und eine wichtige Funktion hat, hier sogar die des 'verlorenen Sohnes'. Überhaupt die Familie, in Irland noch wichtiger als sonst auf der Welt. Die Mutter kennen wir aus dem letzten Fall. Jetzt ist sie tot. Das deutete sich an. So zwischendrinn sagt er kanpp: „Ich war mit einer Deutschen verheiratet gewesen, wenngleich nur kurz. Sie hatte Rilke an der Wand ihrer Londoner Wohnung ...“ Damit läßt er die Geschichte mit Kiki, die in London begann, aber nach einer halben Stunde in Galway endete, was der 2. Band ausführlich erzählt, nur anklingen. Überhaupt ist diesmal Jack sehr viel stabiler als sonst. Zwischendurch hat er sogar drei Wohnsitze.

 

Der Autor meint es gut mit ihm, denn seine alte Vermieterin, vom vierten zum fünften Roman auch tot, hat ihm eine Wohnung hinterlassen. Und nicht nur das. Auch Geld. Also erleben wir nach der demütigenden Rückkehr ins irische Galway aus dem erfolgversprechenden London zuerst einen trunkenen – nein, nicht vom Alkohol, sondern vom Lebensüberdruß – Taylor, der zunehmend das Leben nüchterner sehen kann, und es auch wieder einmal schafft, den Kriminalfall zu klären. Und der hat es in sich. Ein Priester wird enthauptet in seinem Beichtstuhl aufgefunden. Ja, es geht um Pädophilie und eine von der schlimmsten Sorte, weil eine Ordensschwester das alles mitbekam, die Schreie der Jungen, das Blut, und dennoch nichts machte – als beten!

 

Da kommt einem schon die Galle hoch, was da alles passiert und man kann für den oder die Mörder durchaus Sympathie gewinnen, denn es sind die Opfer, die zurückschlagen. Nur sind am Schluß zu viele tot. Es muß also auch andere Methoden geben.

 

 

 

INFO:

 

ZDF, Jack Taylor: Tag der Vergeltung, Sonntag, 22 Uhr

 

Die Romane erscheinen im Atrium Verlag Zürich

Hier: Ken Bruen, Jack Taylor und der verlorene Sohn, 5. Folge 2011, übersetzt von Harry Rowohlt, Irish Crime

 

Der letzte der bisher neun Kriminalromane, alle in der Übersetzung von Harry Rowohlt und alle im Atrium Verlag Zürich, war im März 2013 "Ein Grabstein für Jack Taylor"

 

www.atrium-verlag.com