Serie: Die heute anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 28.November 2013, Teil 1

 

Romana Reich

 

Berlin (Weltexpresso) – Martina Gedeck ist eine der wenigen auch international bekannten deutschen Schauspielerinnen. Wir behaupten mal, das kommt daher, daß sie einfach sehr gut ist. Sie kann jeder Figur Leben einhauchen – oder doch fast jeder, in DIE NONNE konnte auch sie der Mutter der Suzanne Simonin nicht allzu viel abgewinnen. Und hier?

 

AM HANG

 

Die Frage ist schon deshalb angebracht, weil Schauspieler, die unter der Regie ihres Mannes (häufiger) oder ihrer Frau (sehr selten!) eine Rolle verkörpern, immer mit einem zweiten Blick betrachtet werden, wohl auch deshalb, weil man aus der Filmhandlung sich immer Einblicke in das Eheleben zusammenphantasiert, wie es gerade VENUS IM PELZ so geschickt suggeriert hatte, wo Roman Polanski mit der Rolle seiner Ehefrau Emmanuelle Seigner geradezu spielt, vor allem deshalb, weil ihre Filmpartner auf Polanskis Aussehen getrimmt ist.

 

Nein, davon ist AM HANG dann doch entfernt und wir fangen gar nicht erst an, uns zu überlegen, in welchem der beiden Männer, die den Film bestimmen, sich Regisseur Markus Imboden wiederfindet. Schließlich sind sie beide Verlierer um die Frau, um die es geht, die Martina Gedeck darstellt. Aber auch sie eine Verliererin. Und so besteht der Film eigentlich aus zwei Elementen: viel viel Sprache, also Dialoge und schönen Aufnahmen über Schweizer Berge, sehr schönen Aufnahmen, wenn von drinnen ins Draußen fotografiert wird.

 

Eigentlich wäre das spannend, wenn zwei Männer, die völlig unterschiedlich scheinen und sind, ins Gespräch kommen, wäre da nicht zum einen die Kenntnis des Romans von Marcus Werner, aber vor allem die frühe Aufdeckung im Film, daß es sich bei den Lebenserzählungen des einen um seine Frau handelt, die er tief liebt, und sich das kreuzt mit einer Affäre, die der andere hatte: beides also die selbst Frau.

 

Der Film beginnt mit der Trauer von Felix, den bewährt Henry Hübchen spielt, der immer eine gute Spur Aggressivität verkörpern kann, die sich mit der Trauer die Waage hält. Vielleicht gelingt es ihm deshalb nicht, seine Selbstmordabsicht auch durchzuführen. Der andere ist Thomas, ein, wie man glaubt, Schicki-Micki Anwalt, der als Scheidungsanwalt gestählt allen Widrigkeiten des Lebens und damit auch Festlegungen aus den Weg geht, von Max Simonischek gut rübergebracht als etwas hohler Tor, der auch nicht weiß, was er mit diesem Felix eigentlich schaffen hat, den er gerade vor dem Zug rettete.

 

Nach und nach entschlüsselt sich die jüngste Vergangenheit, wenn man Felix in seinem schicken Hotel ins Fernrohr starren sieht, das auf ein weit gegenüberliegendes Sanatorium gerichtet ist und genau in das Zimmer seiner Frau schaut und ihm zeigt, was dort passiert. Aha, weiß man dann, das alles sind Rückblenden und nur die beiden Männer im Gespräch, immer wieder beim Wein und Essen, immer wieder auf der Terrasse oder dem Speisesaal des Hotels, sind die Wirklichkeit.

 

Der Zuschauer wartet die ganze Zeit, daß etwas passiert. Denn die beiden Gesprächspartner changieren in ihren Rollen: sowohl Angriff wie Verteidigung wie auch Reden und Zuhören. Nur passiert gar nichts außen den Worten und den Rückblenden, die eine Ehefrau zeigt, die ob des Angebetetsein durch ihren Ehemann wenig persönlichen Spielraum fühlt, der sich durch eine von ihr zeitlich bestimmte Liebesbeziehung zwar ausweitet, aber sie nicht am Leben halten kann und auch nicht zwei verschiedene Frauen zeigen kann, von denen man den Eindruck hat, der Film wolle genau das vorführen. Man verläßt den Film mit dem Gefühl des Bedauerns, daß die Leute nicht mehr zum lebendigen Leben kamen und etwas dröge das Leben der anderen spielten.

 

 

TORE TANZT

 

Schmerzvolle Angelegenheit, dieser Debütfilm von Katrin Gebbes, einziger deutscher Beitrag in Cannes und fürchterlich ausgepfiffen. Da ist dieser reine Junge, seinem christlichen Glauben hingegeben, der seine Handlungen zwar mit der Religion begründet, aber die dem Zuschauer auch aus Lebensangst zu resultieren scheinen. Auf jeden Fall läßt er sich auf die Einladung von Benno ein, der ihn zum Familienmitglied machen will, wo er aber zum Prügelknaben wird und ein Martyrium erleidet, das für den Zuschauer erst recht eines wird, weiß er doch nicht, warum das alles passiert und er es sich auch noch anschaut.