Serie: Die heute anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 12. Dezember 2013, Teil 1

 

Claudia Schulmerich

 

Berlin (Weltexpresso) – Die gute Nachricht: Schönes fürs Auge, wo sogar die Orks ästhetisiert erscheinen, so Superhäßlichkeit bringt schon wieder Klasse, herrliche Landschaften auf und unter der Erde – da besonders! - ein richtiges Scheusal an gewaltigem Drachen zum Liebhaben und man muß Tolkiens DER HOBBIT nicht gelesen haben, ja: sollte sogar besser nicht. Das ist nämlich die schlechte Nachricht.

 

 

HOBBIT; Teil 2: SMAUGS EINÖDE

 

'Ich bin selbst ein Hobbit', schrieb Tolkien einmal, 'in allem bis auf die Größe. Ich liebe Gärten, Bäume und Ackerland ohne Maschinen; ich rauche Pfeife, esse gern gutbürgerlich(nichts aus dem Kühlschrank) und verabscheue die französische Küche...Ich reise nicht viel.'“, sagt der Klappentext des DER HOBBIT in der fünften Auflage von 2001, erschienen im Verlag Klett-Cotta. Geschrieben hatte Tolkien sein Kinderbuch auf 300 Seiten, entgegen dem ausufernden HERRN DER RINGE. Dennoch macht Regisseur Peter Jackson, der wohl 15 Jahre mit den bisherigen Tolkienverfilmungen verbrachte, auch daraus einen Dreiteiler, von dem man sagen kann, daß der zweite Teil flüssiger ist als der erste.

 

Allerdings geht dies einher damit, daß es längst nicht mehr die Geschichte des Hobbits, Martin Freeman als Bilbo Beutlin, ist, von der wir in fast drei Stunden überwältigt werden. Ja, zwischendrinnen vergessen wir den Bilbo fast, denn es übernimmt Thorin (Richard Armitage) die Rolle des Helden, der als Nachkomme des Königs von Erebor, zusammen mit dem Zauberer Gandalf (Ian McKellen) mithilfe der 13 Zwerge und nach einigen Nebenkriegsschauplätzen auch mithilfe der Elben – dabei sind Tauriel u.a. und damit auch eine bisher leise Liebesgeschichte vom Drehbuch erfunden und wir ahnen auch warum: für die emotionale Bindung der Zuschauer – die großen und kraftvollen Orks lächerlich aussehen läßt, lädiert oder tot dazu.

 

Das alles bleibt überschaubar in Klein-Butzenhausen genauso wie in den gefährlichen Wäldern, aber dann – nach zwei Stunden und dem Sieg über die mannshohen Riesenspinnen – kommt's wirklich dolle. Die 3-D Technik im Verbund mit den 48 Bildern pro Sekunde ergeben sowieso das Gefühl, daß man in der Dreidimensionalität mit dabei ist und mindestens zweimal zuckt man zurück, wenn ein harmloses Lufttierchen einem ins Gesicht donnert. Und dann kommt Smaug. Er erwacht aus tiefem Schlaf – Richard Wagner läßt grüßen – als Bilbo allerliebst mit seinem Ring spielt, den er im Gold tausendfach gespiegelt sieht, das Zwergengold, das Smaug bewacht, indem er unter ihm begraben schläft.

 

Schlief muß man sagen, denn nun erleben wir in einer Choreografie ohnegleichen, wie dieses allergrößte und allerschlaueste Tier von allen durch die Bewegung Bilbos erwacht – bei jedem Schritt rutschen die Münzen hin und her, ballen sich zu Bergen, ergeben tiefe Täler, das hat schon was - und mit welchem Raffinenement Smaug den harmlosen Bilbo attackiert. Gern wird darauf verwiesen, daß dem Drachen Benedict Cumberbatch, der neue Sherlock Holmes in einer Fernsehserie, die Stimmer leiht. Aber das macht er auch toll, wie triefend und zynisch sich der Drache, den wir uralt wähnen, verbal gibt. Währenddessen überlisten die Zwerge wieder einmal die Orks und auch die Elben; diese Bilder, wie sie in den Fässern von Fischen versteckt und bedeckt, mit diesen ans Land poltern, dabei gleich einige Orks tödlich überrollen, dann wieder ins schäumende Wasser kippen und sich so der Verfolgung entziehen, hat auf einmal die Spur Witz, die den Tolkienschen Figuren und Filmen sonst fehlen.

 

Ein Film also fürs Gemüt und die Augen unter Vernachlässigung des Sinns. Wie dann daraus ein Geschäft gemacht wird, konnte man in Berlin besonders gut verfolgen. Denn nach dem Kinoerfolg des ersten Hobbit hatte sich herumgesprochen, daß nach den USA in Deutschland damit das meiste Geld verdient wurde. Darum wurde anders als sonst, wo in London die Europapremiere gefeiert werden, diese in Berlin am letzten Montagabend begangen. Die Pressevorführung, die ansonsten vor den Premieren stattfinden, waren erst für Dienstag angesetzt.

 

In Berlin konnte man nun bestaunen, wie auf dem zentralen Marlene-Dietrich-Platz am Potsdamer Platz eine künstliche Hügel-Landschaft von Goldmünzen gestaltet war, aus der ein Auge, ein Schwanz und noch Krallen des Drachens herausragen. Da Weihnachten ist, hatte das Ganze zudem durch den Goldglitzer etwas von einer Weihnachtsdekoration. Und der Film läuft auch deshalb jetzt an, damit die freien Tage zwischen den Jahren es keinen Eltern möglich machen, den Kindern den Familienbesuch wegzuschwatzen. Echt, es gibt Schlimmeres, viel Schlimmeres als Smaugs Einöde. Dennoch fänden wir als Weihnachtsgeschenke dann das Buch nicht schlecht, das ganz anders ist, aber eben den echten Hobbit zeigt, der der Reihe den Namen gibt, im Film aber eher ein Füllsel wird.