Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 27. Januar 2022, Teil 2
Redaktion
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Rachel Kushner: Und wenn ihr es dann rückwärts den Hügel heruntergeschafft habt, gibt es diesen psychologisch wichtigen Moment, einen Stimmungswechsel: Deine Figur Alana begreift die Schwere der Situation, die Nähe der Gefahr auf eine Weise, wie Gary und sein kleiner Bruder und die anderen Kinder hinten im Laster es einfach nicht können. Für sie alle ist es nur ein weiteres verrücktes Abenteuer.
Paul Thomas Anderson: Richtig. Absolut. Das ist ein Generalbeispiel für die Momente, die viele von uns, die in dieser Zeit großgeworden sind, kennen. Man blickt zurück auf all diese Dinge, die man getan hat und die einen hätten umbringen können, über die man aber damals nicht groß nachgedacht hat. Aber mit etwas Abstand denkt man: „Ich fasse es nicht, dass ich das geschafft habe.“ Besonders wenn man im Valley aufwächst. Die Straßen sind breit, sie sind lang, sie sind schnell oder sie sind steil und schmal. Es ist brutal und ja, es gab viel Gefahr um einen herum. Es ist also schön, dass das eine Reaktion hervorruft.
Rachel Kushner: Paul, wie ich dir schon gesagt habe, als ich den Film das erste Mal sah, hatte ich das Gefühl, das ist dein American Graffiti. Natürlich ist LICORICE PIZZA ein ganz und gar einzigartiger Film. Ich meine, dass er in gewisser Weise eine Hommage ist. Dein Film ist in der gleichen Form eine Liebeserklärung an das San Fernando Valley, wie der Film von George Lucas eine Hommage an Modesto ist. Erinnerst du dich an die Szene am Anfang von
American Graffiti, wo Toad seine Vespa schrottet? Das ist zum Brüllen. Ich habe erst letzte Nacht erfahren, dass das nicht im Drehbuch stand. Der Schauspieler hat die Vespa einfach aus Versehen abgeschossen und George Lucas ließ die Kamera laufen. Ist irgendetwas Ähnliches am Set von LICORICE PIZZA passiert?
Paul Thomas Anderson: Sämtliche Kinder im Film sind keine Schauspieler, es sind Freunde von uns, Freunde von meinen Töchtern und Söhnen, und ich habe ihnen aufgetragen, American Graffiti zu gucken. Der Grund dafür ist, dass ich ihnen dazu gesagt habe, dass sie zu Beginn des Films einen Unfall sehen und merken werden, dass der Schauspieler weitermacht. Er dreht sich nicht um und sagt: „Hey, tut mir leid, ich habe das Moped geschrottet“, er spielt weiter. Also falls irgendetwas passiert, spielt ihr weiter. Ich habe ihnen das gezeigt, weil meine Kinder Filme drehen und manchmal besessener von den Pannen sind
als von dem eigentlichen Film. Sie haben immer ein Outtake-Video, was super ist.
Aber, habe ich gesagt, die besten Pannen sind die, die man im Film behalten kann. Also hofften wir, dass es ein paar Pannen geben würde und zum Beispiel jemand irgendetwas gegen die Wand fahren würde, aber es ist nie wirklich etwas passiert.
Alana Haim: Du vergisst da eine Sache.
Paul Thomas Anderson: Welche?
Alana Haim: Na ja, als die Kameras am Ende waren?
Paul Thomas Anderson: Oh, das war in der Tat eine Panne. Das stand nicht im Drehbuch, da waren sie wirklich ... da war eine Filmrolle in einer 16-mm-Kamera und Benny Safdie versuchte, seine Szene zu spielen. Und plötzlich war da das Geräusch der Filmrolle, die ausspult. Das war ein Versehen und ich konnte mir das Lachen nicht verkneifen, weil es so perfekt war, dass diese Kinder mit dieser Ausrüstung, von der sie keine Ahnung hatten, wie man sie benutzt, es sofort vergeigt haben. Das ist ein Beispiel für eine Panne, die im fertigen Film gelandet ist und hoffentlich zur Geschichte beiträgt.
Rachel Kushner: Dabei scheint es, als würde Gary bewusst Alanas Bemühen sabotieren, sich von ihm abzuwenden und eine Erwachsene zu sein. Was für eine perfekte Panne für die Geschichte zwischen den beiden!
Ich muss etwas zu Bradley Coopers Auftritt als Produzent, Friseur und Barbra Streisands Freund Jon Peters fragen. Seine Darstellung ist so umwerfend und im bestmöglichen Sinne lächerlich. Er explodiert förmlich. Erzähl mir von Jon Peters und von der Arbeit mit Bradley an der Figur.
Paul Thomas Anderson: Die Jungs, die ich kannte, die Fat Bernie’s Waterbed Company hatten, erzählten mir immer Geschichten und meinten, sie wären mal zum Haus von Jon Peters gefahren, um ein Wasserbett zu liefern. Und mir lief sofort das Wasser im Mund zusammen, weil Jon Peters’ Ruf als verrückter Hollywood-Produzent so übergroß war. Aber sie meinten nur: „Er war der netteste Typ der ganzen Welt und ließ uns hereinkommen und wir bauten das Wasserbett auf. Er wollte gerade mit Babra ins Kino gehen und wir dachten nur, wie cool das war.“ Und ich fand, das würde im Film nicht gut funktionieren. Wir brauchten etwas sehr viel Interessanteres.
Also dachte ich mir dieses Szenario aus, das Sinn ergab, wenn man Jon Peters nie begegnet ist, nur von seinem Ruf gehört hat und den ein wenig ausschmückt und so auf wilde Weise ein weiteres Beispiel für all die überlebensgroßen Filmproduzenten der Siebzigerer schafft. Es war wichtig, den Namen Jon Peters beizubehalten, weil er zu der Zeit mit Barbra Streisand zusammen war und man sich vorstellen kann, wie das einen gewaltigen Schatten auf Alanas
Charakter werfen muss, weil Barbra zu der Zeit auf dem Höhepunkt ihrer Beliebtheit war. Das Ganze wird also zu einem Einblick in eine größere Welt außerhalb des Valleys.
Auch wenn Jon Peters in Encino gelebt hat und einen Salon in Encino hatte, ist das Ganze eine fiktive Schöpfung, aber meinem Verständnis nach nicht weit von der Realität entfernt. Bradley Cooper — Bradley ist ein fantastischer Schauspieler und ich wollte schon eine ganze Weile mit ihm arbeiten. Die Chance, dass er die Rolle übernehmen würde, war in greifbarer Nähe, und er beschloss, es zu machen, was großartig war. Ich kontaktierte Jon Peters und ließ ihn wissen, dass ich diesen Film wirklich machen würde, und er sagte: „Großartig, ich schaffe es nicht, irgendwas zu lesen, also sag mir einfach, worum es geht.“ Ich beschrieb ihm die Geschichte und er sagte: „Oh, das ist super, das ist eine tolle Geschichte, wer spielt mich?“ Ich antwortete: Bradley Cooper, und er fand, das sei eine grandiose Besetzung. Und dann fing ich an zu beschreiben ...
Rachel Kushner: Er hat das alles genehmigt?
Paul Thomas Anderson: Nun, ich denke, ich hätte das nicht tun müssen, aber ich fand, es war eine Frage der Höflichkeit, ihm zu sagen, dass er in dem Film vorkommt, den ich drehe.
Und dann ... ich hatte geschrieben, dass er wieder ins Auto steigt und sie einfach für ihre Inkompetenz anschreit. Und er schaute mich an und sagte „das würde ich nicht tun“. Ich fragte, was er tun würde, und er sagte, er würde versuchen, sie zu verführen. Und das hilft der Geschichte sehr viel mehr.
Rachel Kushner: Es ist ein unglaublich lustiger Moment. Sein ganzes Gebaren ist fantastisch. Diese eng anliegenden weißen Hosen. Ich habe mich gefragt, hat Paul die Näherinnen von Der seidene Faden dazugeholt, um Maß zu nehmen?
Und wo wir gerade beim Look des Films sind, sämtliche Gesichter besitzen die lebendige, unperfekte Beschaffenheit echter Gesichter. Ein Schimmer von Schweiß, ein Schimmer von Menschlichkeit – wie machst du das? Einfach weniger Make-up oder anderes Licht? Wie lässt du die Leute so menschlich und real aussehen?
Paul Thomas Anderson: Nun, das ist ein ... danke, ich nehme das als Kompliment. Alana, wie haben wir das gemacht?
Alana Haim: Wie haben wir das gemacht, Paul?
Paul Thomas Anderson: Nun, es gab die strenge Regel, dass kein Make-up erlaubt war, bzw. falls Alana Make-up tragen würde, dann würde sie es selbst auftragen. Und das sollte auch sehr deutlich zu sehen sein.
Rachel Kushner: Wie bei dem Vorstellungsgespräch? (Genau.) Sie trägt dieses ... Ja, und kennst du wirklich „Quick Draw McGraw”, wie sie bei diesem
Vorstellungsgespräch/Vorsprechen gefragt wird?
Alana Haim: Leider kann ich kein Krav Maga, aber ich habe das Gefühl, ich muss es jetzt lernen. Ich habe mir selbst Haare und Make-up gemacht, manches ist ein wenig verrückt geworden, aber am Ende war es super. Wir hatten alle Pickel, wir waren im Valley alle am Schwitzen. Ich finde es super, wie wir da alle aussehen.
Paul Thomas Anderson: Es gibt da beim Filmemachen etwas absolut Überflüssiges, und das sind Touch-ups, im Prinzip ein endloser Prozess, der dem eigentlichen Filmemachen im Weg steht. Fünfzig Leute stürmen herein und richten jedes einzelne Haar auf jedem Kopf. Das ist ungemein störend und hat absolut keinen Nutzen für einen Film über 15-Jährige, die 1973 durchs Valley rennen.
Rachel Kushner: Du hast gar keine Touch-ups zugelassen?
Paul Thomas Anderson: Ja, man lässt sie einfach weg.
Rachel Kushner: Die Leute haben diesen wunderbaren Schimmer im Gesicht, was toll ist. Es wird viel gerannt, die Leute sind verschwitzt. Ich musste an das grandiose Genre der Kinderfilme denken, wie Taschengeld von François Truffaut. Die Kinder in diesem Film sind ständig am Rennen. Ich nehme an, wir alle sind als Kinder viel gerannt.
Paul Thomas Anderson: Ja, tja, im Valley sitzt du entweder auf einem Fahrrad oder du stehst auf einem Skateboard, vielleicht fährst du mit dem Bus oder du rennst herum und hoffentlich, wenn du Glück hast, findest du jemanden mit einem Auto. Deshalb funktioniert die Beziehung zwischen Gary und Alana so gut, denke ich. Sie kann fahren und die größte Gefahr für ihn ist, dass sie irgendwann sagt: „Ich fahre dich nicht mehr.“ Dann kommt man ans Eingemachte dessen, worum es bei ihrer Beziehung wirklich geht, und die stärkste Stellung, die er für sich selbst beziehen kann, ist zu sagen: „Okay, du brauchst mich nicht zu fahren.“ Zwischen ihnen beiden ist das ein hoher Einsatz.
Rachel Kushner: Das sind sie, die strukturellen Anforderungen an das Überleben im San Fernando Valley im Alter von zwölf bis fünfzehn Jahren. Ihr seid beide im Valley aufgewachsen, also sind diese Dinge für euch echte Kindheitserinnerungen.
Alana Haim: Yeah, genau wie Gary habe ich meinen Führerschein erst mit 18 gemacht. Also mussten meine Geschwister mich überall hinfahren, und wenn sie sich weigerten, habe ich einen Anfall bekommen und das hat nie funktioniert. Ich konnte dann einfach nicht ausgehen. Ich habe also Garys Schmerz verstanden, als ich mich geweigert habe, ihn zu fahren.
Rachel Kushner: Du hast deinen Führerschein erst spät gemacht und jetzt hat Paul dich ... einen Führerschein der Klasse C für Lkws machen lassen? Ich mach nur Spaß. Vielleicht hast du diese Szenen ja auch ohne Führerschein gedreht. Es kommt auf die Begabung an.
Paul Thomas Anderson: Ich weiß nicht, ob du einen Führerschein hast, aber jetzt hat sie ihn, das waren zwei, drei Monate Lastwagentraining.
Rachel Kushner: Bei einer professionellen Lastwagenfahrschule?
Paul Thomas Anderson: Weißt du, die Stuntleute ...
Alana Haim: Wir hatten ein irre gutes Stuntteam, das viel Geduld mit mir hatte, und ich erinnere mich lebhaft an meine erste Begegnung mit dem Laster. Ich weiß noch, dass Billy, einer der Stuntkoordinatoren, versuchte, ihn in den Rückwärtsgang zu schalten. Er meinte, es sei nicht leicht, das zu tun, aber ich war entschlossen. Ich dachte nur, hier geht’s um dich und mich, wir schaffen das, wir werden ... ich werde dich in den Rückwärtsgang schalten, ich werde
es schaffen, ich werde es schaffen, und nach 15 Minuten hat es geklappt.
Ich sagte, wir machen das gemeinsam, wir schaffen es da durch. Und in der Sekunde, als ich dieses Auto in den Rückwärtsgang schaltete, als ich die Kupplung einlegte und anfing rückwärtszufahren, das war der Moment, in dem ich zu Alana Kane wurde.
Rachel Kushner: Wie war denn die Arbeit mit Paul als Regisseur, was das Geben von Tipps und Hinweisen für das Spielen der Rolle anging?
Alana Haim: Ich habe Paul bei allem vertraut, er hat mir vertraut. Ich wollte alles machen, ich war bereit für alles, was wann auch immer auf mich zukam, und ich war so begeistert, Teil dieses Projektes zu sein, dass ich, wenn Paul mir erzählt hätte, am nächsten Tag stünde Fallschirmspringen auf dem Programm, sofort nach meinem Fallschirm gefragt hätte. Am Ende ging es wirklich um Vertrauen.
Paul Thomas Anderson: Ich rechnete mit einer Rückmeldung in dem Moment, in dem etwas kam, das sie noch nie gemacht hatte. Sie würde sich die ersten vier, fünf Tage wahrscheinlich ans Drehbuch halten und sich nicht mutig und selbstbewusst genug fühlen, um aus sich herauszukommen. Aber an Tag zwei fuhr sie schon diesen Laster und spielte mit Bradley Cooper, der anfing zu improvisieren und versuchte, sie zu verführen. Das war eine Feuerprobe, und sie stürzte sich hinein. Und ich hoffte, dass der Moment kommen würde, in dem sie mir sagt, wo es langgeht. Weil das Ganze dann nicht mehr meine Sache ist, sondern ihre, und es war der schönste Augenblick, als sich das abzeichnete. Das war, als sie mit dem Freund, Lance, das Shabbat-Abendessen verließ.
Ich hatte eine ziemlich miese Szene geschrieben, die etwas flach war, und das wusste sie, und sie fragte, ob sie etwas ändern könnte. Vielleicht hat sie es nicht mal ausgesprochen. Sie hat nicht mal gefragt, sie preschte einfach durch diese Tür und fragte: „Wie sieht dein Penis aus?“ Ich dachte, das ist mein Mädchen, genau das hatte ich mir gewünscht.
Rachel Kushner: Dein Vater ist echt großartig im Film.
Alana Haim: Wie gut ist bitte mein Vater? Er ist unglaublich, echt unglaublich.
Rachel Kushner: Er spielt nicht das Klischee des strengen Vaters, er hat dieses „Was zur Hölle?“ an sich. Er ist streng, aber er ist auch ein Gangster.
Alana Haim: Ich glaube, meine Lieblingsszene mit meinem Vater ist die, als ich zurückkomme und ihn anschreie. Ich habe sehr viel Respekt vor meinem Dad, ich war ein sehr gehorsames Kind, ich habe meinen Dad geliebt und würde ihn niemals anschreien. Und er warf sich einfach vollkommen in die Rolle und ich dachte: „Ob mein Dad mich nach diesem Film noch liebt?“ Glücklicherweise tut er das und er ist unglaublich und ich habe großes Glück, dass er meinen
Vater spielen konnte. Danke, dass du meinen echten Dad als meinen Film-Dad besetzt hast.
Rachel Kushner: Aber kennt er „Quick Draw McGraw?”
Alana Haim: Tut er das? Ich weiß nicht. Ich glaube, das habe ich meinen Dad nie gefragt. Ich bin sicher, er hat einige Moves drauf, da habe ich gar keinen Zweifel.
Rachel Kushner: Er hat eine so starke Persönlichkeit, dass ich bei der Szene, als du in diesem gepolsterten und auf seltsame Art sexy wirkenden BH und der passenden Bikinihose und den weißen Riemchen-Highheels nach Hause kommst, auf seiner Seite war. Ich dachte nur, was zur Hölle, sie kann doch nicht in diesem Outfit nach Hause kommen!
Alana Haim: Ich würde nie als Alana Haim in so einem Outfit nach Hause kommen, aber Alana Kane macht einfach, was sie will, ihr ist es egal. Ihr ist es egal, sie kommt da rein und trägt einen gepunkteten Bikini.
Paul Thomas Anderson: Er wusste nicht, dass sie in einem solchen Aufzug auftauchen würde und seine Reaktion ist sehr, sehr aufrichtig. „Was zur Hölle?“ Das war der erste Take. Wir haben es dann weiter versucht, aber es wurde nicht besser. Das war das erste Mal, dass er sie so hereinkommen sah. Später nahm er mich zur Seite und sagte: „Ich habe sie alle schon in einem solchen Scheiß nach Hause kommen sehen.“
Rachel Kushner: Seine Töchter sind Rock-’n’-Roll-Stars. Ich meine, hätte er so etwas nicht schon gesehen, wäre das auch irgendwie schräg, oder?
Alle meine Bekannten aus dem Valley haben mir erzählt, dass Licorice Pizza ein Plattenladen war, in dem sie an den Wochenenden herumhingen. Ich bin aus San Francisco und bei mir gab es da die Record Factory, aber vielleicht war es die gleiche Art Laden, wo man abhängt und die eigene Teenager-Identität festigt. Selbst was man anhatte, wurde von dem Plattenladen beeinflusst. Wir trugen alle das gleiche Journey-Shirt, das man am Eingang für einen Dollar aus der Tonne kaufen konnte.
Was den Soundtrack betrifft, wusstest du beim Drehen, welche Songs du verwenden würdest? Wurden irgendwelche Songs am Set gespielt?
Paul Thomas Anderson: Na ja, generell erinnere ich mich an Alana in der ersten Szene des Films, als sie auftaucht und Gary trifft. Alana hat einen super Gang und ich habe lange genug mit ihr gearbeitet, um sie wissen zu lassen, dass wir „July Tree“ spielen werden, damit sie weiß, in welchem Tempo sie gehen muss.
All den Jungs habe ich etwas Musik gegeben, die sie selbst vielleicht nicht gehört hatten, aber von ihren Vätern kannten, die sie ihnen ständig vorgespielt hatten.
Es gab eine tolle Gelegenheit, in dieser Spielhalle beim Dreh zwischen den Takes Musik zu spielen. Filmsets können langweilig werden, weißt du, sie können langweilig und langsam werden, wenn man die Lichter einrichtet und Dinge vor sich gehen. Und dann hat man all diese Kinder, und Flipperautomaten machen vielleicht eine halbe Stunde lang Spaß. Aber dann spielten wir immer Musik, um die Stimmung aufrechtzuerhalten. Ansonsten wurde alles quasi erst im Nachhinein eingefügt, wobei ich eine Ahnung davon hatte, was es sein würde. An der Stelle war es schön, dass wir die Musik im Hintergrund spielen konnten, so konnte man sie in diesem Raum aufnehmen, was so viel besser klingt, als sie vortäuschen und später einfügen zu müssen.
Rachel Kushner: Ich liebe es, wie sie ihren Gang zu Nina Simone übt und ich liebe diese Szene aus vielen Gründen: ihr weißer Minirock, ihre Schüchternheit, die unmittelbare Chemie zwischen ihr und Cooper Hoffman. Aber: Du filmst sie auch entlang der überdachten Fußwege der Portola Middle School in Tarzana. Mein Sohn hat da erst letzten Juni seinen Abschluss gemacht, und die Schule war sofort wiederzuerkennen. Auch wenn ich in diesem Hof nie Nina
Simone gehört hatte.
Paul Thomas Anderson: Nein, nicht viel Nina Simone im Hof.
Rachel Kushner: Und die Schließfächer an dieser Schule sind so verbeult, dass man eine Woche früher eingeladen wird, um das Öffnen seines Schließfachs zu üben. Wie auch immer, es ist großartig, all diese Schauplätze zu sehen.
Paul Thomas Anderson: Tja, das ist Portola. Da hat die Geschichte begonnen, als ich dieses Mädchen gesehen habe. Es war Fototag und alle Kinder standen in einer Reihe und dieses Kind aus der Junior High hing an diesem Mädchen dran, das für die Fotofirma arbeitete, und versuchte einfach eindeutig, ihre Telefonnummer zu kriegen oder so was. Und das war es im Kern, das hat sich eingebrannt.
Rachel Kushner: Ein Achtklässler?
Paul Thomas Anderson: Yeah. Das brannte sich als diese unmögliche Prämisse in mein Hirn. Ein echt guter Ausgangspunkt. Was würde passieren, wenn er sie tatsächlich dazu überreden könnte, mit ihm ein Date zu haben, und sie entgegen ihrer besseren Einsicht wirklich erscheinen würde, wütend darüber, dass sie es wirklich tut.
Rachel Kushner: Fantastisch. Auf dem Weg hierher bin ich heute Abend vierzig Kindern in Anzügen begegnet, Schülern von der Portola, die hier auf der anderen Straßenseite bei der California Pizza Kitchen gegessen haben. Anscheinend hatten sie heute ihre Zusammenkunft auf dem UCLA-Campus.
Paul Thomas Anderson: Das fand ich so aufregend, weil ... Ich mag Westwood so wahnsinng gern. Ich weiß nicht, wie viele Leute als Kinder hierhergekommen sind, um Filme zu schauen, vielleicht sogar hier in diesem Kino oder auf der anderen Straßenseite. Es gab mal zehn oder 15 mehr, die über das ganze Westwood Village verstreut waren. Es war der tollste Ort zum Filmeschauen. Die Freude, hier in diesem Kino zu sein, an dessen Eröffnung wir arbeiten. Der Film wird hier einen Monat laufen, und als ich hörte, dass da vierzig Kinder von der Portola waren, wollte ich sie einfach nur schnappen und hier ins Kino holen.
Rachel Kushner: Das wäre großartig gewesen. Als mein Sohn anhielt, um sie zu begrüßen, hatte ich den gleichen Gedanken. Aber es wäre frech von mir gewesen, hier mit vierzig zusätzlichen Gästen aufzutauchen. Ich durfte nur einen mitbringen! Hoffentlich kommen sie und schauen sich den Film an. Ich hoffe, dass jeder, der es kann, ihn sich im 70-mm-Format auf einer großen Leinwand ansieht. Ihr zeigt ihn hier einen Monat lang?
Paul Thomas Anderson: Er wird hier laufen, verschiedene Vorführungen über die kommenden paar Wochen. Und dann kommt er am Tag nach Thanksgiving in dieses Kino, und nur in dieses Kino, und wird bis Weihnachten laufen. Also, wenn jemand vorhat, aus dem Haus zu gehen, dann ist das hier ein guter Ort zum Herkommen.
Rachel Kushner: Dieses Kino ist ein echter Filmpalast. Tolle Leinwand, toller Sound und 70 mm sind das Größte: Napoleon! Eine total, total verrückte Welt! LICORICE PIZZA! Ich weiß, dass du eine Woche in diesem Kino verbracht hast und daran gearbeitet hast, alles einzurichten, damit jeder das perfekte Filmerlebnis hat. Da ich zu den wenigen Glücklichen zähle, die diesen Film bereits mehr als einmal gesehen haben, kann ich bezeugen, dass es ihn doppelt so süß, doppelt so reichhaltig und doppelt so tiefgründig macht. Danke euch beiden vielmals.
Paul Thomas Anderson: Vielen Dank, Rachel, vielen Dank an alle.
Alana Haim: Danke, Leute.
Fotos:
©Verleih
Info:
STAB
Buch & Regie PAUL THOMAS ANDERSON
Produktion SARA MURPHY, ADAM SOMNER, PAUL THOMAS ANDERSON
BESETZUNG
Rolle Schauspieler Synchronstimme
Alana ALANA HAIM Maria Koschny
Gary COOPER HOFFMAN Patrick Baehr
Jon Peters BRADLEY COOPER Tobias Kluckert
Joel Wachs BENNY SAFDIE Henning Nöhren
Rex Blau TOM WAITS Ekkehardt Belle
Jack Holden SEAN PENN
133 Min 32 Sek
Abdruck aus dem Presseheft