Redaktion
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Einmal mehr überschreitet Roland Emmerich die bisherigen Möglichkeiten des Science-Fiction-Genres – diesmal folgt er seiner Vision der einzigartigen Megastruktur-Physik des Mondes. Die Arbeit am Drehbuch und den Dreh begleiteten intensive Diskussionen zwischen den Autoren, wissenschaftlichen Beratern, Kameramann Robby Baumgartner und dem Visual-Effects-Leiter Peter G. Travers, der sich auch bestens mit Ingenieurswesen auskennt.
Beim Verfassen des Drehbuchs war es den Filmemachern wichtig, die physikalischen Parameter eines auf die Erde stürzenden Monds so realistisch wie möglich zu behandeln. Sie nahmen es so ernst, dass die Geschichte selbst sich daran orientiert. „Zunächst hatten wir Unterhaltungen mit Wissenschaftlern, was wirklich passieren würde“, erinnert sich Roland Emmerich. „Wir redeten mit einer Koryphäe, die beim Jet Propulsion Laboratory in Pasadena arbeitet. Was er uns erzählte, war höchst interessant. Wenn der Mond seine Umlaufbahn verlassen würde, würde sich die Umlaufbahn von kreisförmig zu elliptisch verändern. Und die Umdrehungen würden immer kleiner und kleiner werden, bis es zum Aufprall käme. Das fanden wir natürlich irre spannend.“
„Dann lernten wir, dass es keine Rolle spielt, wie nah der Mond der Erde kommt, die Gravitation bleibt immer gleich“, fährt er fort und weist auf eine unbequeme Tatsache hin, die nach einer kreativen Lösung verlangte. „Der Mond in unserem Film ist kein natürliches Objekt, also will er in seine alte Umlaufbahn zurückkehren; er schmeißt seinen Motor an. Wir spielten ein bisschen damit herum, wie sehr man diesen Vorgang beschleunigen konnte.“
„Es gab gewisse Vermutungen, von denen wir ausgehen mussten – so ist der Mond bei uns eine Megastruktur und eben kein massiver Fels“, erklärt Peter G. Travers. „Er hat im Inneren eine Struktur, die eine gewisse Dichte besitzt. Er umkreist unseren Planeten mit einer gewissen Geschwindigkeit und in einer bestimmten Distanz. Wir mussten für uns herausfinden, wie er seit Milliarden von Jahren die Erde umkreisen konnte, bis ein besonderes Ereignis alles für immer verändert. Den Mond könnte man tatsächlich nur dann dazu bringen, in Richtung Erde stürzen zu lassen, wenn man ihn mit deutlich mehr Masse als bisher injizieren würde. Das wiederum würde auf die Entwicklung einer Anomalie hinweisen. Wir trafen folgende Entscheidung: Wenn eine Anomalie Masse in den Mond injizieren könnte, dann würde das bedeuten, dass diese Anomalie es exakt mit dem Vorsatz macht, den Mond auf die Erde stürzen zu lassen.“
Der erste Schritt des umfangreichen VFX-Prozesses war es, eine handfeste Simulation in Maya – die gemeinhin für visuelle Effekte verwendete 3D-Software – anzulegen. Travers baute in der Software die Miniaturausgabe eines Sonnensystems.
Die Geschichte wird im Verlauf von drei Wochen erzählt, also erschufen die Filmemacher ein Universum, in dem der Mond in diesem Zeitabschnitt auf die Erde fallen würde. „Erst einmal legte ich meinen Mond mit einer harmonischen Umlaufbahn an, dann fing ich an, damit zu spielen und herumzufuhrwerken“, erzählt Travers. „Ich injizierte Masse, dann machte ich die Simulation, schließlich habe ich das Ganze gerendert. Wir mussten uns überlegen, was den Mond mit all der Masse injizieren könnte, denn nichts im physikalischen Universum könnte einfach so Masse zu einem Objekt hinzufügen.“
Er fährt fort: „Als wir unsere Überlegungen zur Masse abgeschlossen hatten, konnten wir den Gravitationseffekt bestimmen. Die Gravitation zwischen zwei Planeten zu berechnen, ist außerordentlich schwierig. In der Physik nennt man es das „Zwei-Körper-Problem“. Es gibt da einen Punkt gegen Ende des Films, wenn der Mond schon so nahe ist, dass er bereits eine Anziehungskraft auf die Menschen auf der Erde ausübt, deshalb gibt es all diese Anti-Anziehungskrafteffekte. Roland merkte an, dass Objekte und Menschen nicht gerade nach oben gezogen würden. Wenn der Mond aufgeht, würde alles eher zur Seite gezogen werden, und zwar mit unheimlich viel Kraft. Roland meinte ganz trocken: ,Oh, damit kann ich Spaß haben.‘“
Trotz all der Physikberechnungen und der VFX-Zauberei umfasste die Umsetzung eines wissenschaftlich plausiblen Szenarios auch den Einsatz klassischer Sets, greifbarer Requisiten und Spezialeffekte. „Den Vordergrund muss man auf die eine oder andere Weise immer bauen, ebenso wie zahlreiche andere Objekte“, erklärt Emmerich. „Ich glaube unbedingt an praktische Effekte. Sie sind der Klebstoff, der alles zusammenhält. Wenn sie überzeugend sind, dann ist auch das Publikum mit an Bord.“
Kameramann Baumgartner und Emmerich diskutierten in der frühen Phase des visuellen Designs die Ausleuchtung. „MOONFALL ist ein großer, actionreicher, High-Energy-Sci-Fi-Thriller, aber die Figuren spielen eine ebenso große Rolle“, sagt Baumgartner. „Roland und mir war es wichtig, die dramatischen Szenen so realistisch wie möglich aussehen zu lassen, weshalb wir sie ganz naturalistisch ausleuchteten. In einem großen Science-Fiction-Film macht man das eigentlich eher nicht. Ich ziehe es aber vor, auf unmotivierte Ausleuchtung wie extremes Licht von hinten zu verzichten. Zudem hatten wir ausreichend Gelegenheit, freier mit Licht und Farbe umzugehen, wenn der Film erst einmal ins All aufbricht und dann auf dem Mond landet. Es war auch unsere erklärte Absicht, bei gewissen Szenen das Licht so weit wie möglich zu dämmen und mit den Möglichkeiten des digitalen Drehens ans Äußerste zu gehen, manchmal richtig dunkel zu werden – das fand ich ungeheuer aufregend.“
„Der Film besteht aus zwei Phasen, die Szenen auf der Erde auf der einen, die Szenen im All und auf dem Mond auf der anderen Seite“, merkt Szenenbildner Kirk M. Petruccelli an. „Die Herausforderung bestand darin, zwei radikal verschiedene und sehr spezifische Visionen des Erzählens zu haben und sie miteinander in Einklang zu bringen. Auf der Erde sah es Rolands Konzept vor, alles sehr echt und ans Herz gehend zu halten, weil jede der Figuren das Bedürfnis hat, etwas zu mitzuteilen und mit anderen zu teilen. Der Event selbst musste auf eine Weise eingefangen werden, dass man ihn nicht nur aus unserem Blickwinkel, sondern auch aus dem Weltall sehen kann – so groß ist das!“
Die einfallsreichen und riesigen Actionsequenzen bedurften der Koordination zwischen Baumgartner, Special-Effects-Supervisor Guillaume Murray, Petruccelli und Stuntkoordinator Patrick Kerton.
„Wegen der Größe der Action in diesem Film mussten gewisse Szenen auf 360-Blue-Screen-Bühnen gedreht werden, weil das gewaltige und verheerende Geschehen, das sich vor unseren Augen abspielt, wie ein Ballett zwischen Live-Action und CGI ist“, sagt Baumgartner. „In einer dieser Szenen sieht man eine Autoverfolgungsjagd auf den verschneiten Straßen von Aspen, während sich der Mond der Erde immer weiter nähert. Die großen Totalen waren immer als CGI-Aufnahmen beabsichtigt, aber wir mussten die Schauspieler und das Auto live drehen und sie in die CGI-Aufnahmen integrieren, die später hinzugefügt wurden. Die Bewegung, das ineinander Krachen der Autos und all die interaktive Ausleuchtung ließ sich am besten auf einer Bühne umsetzen. Special-Effects-Supervisor Guillaume baute eine luftkissenbootartige Vorrichtung für jeden Reifen der Autos, damit sie problemlos und mit überschaubarem Aufwand schlittern, driften und ineinander krachen konnten. Wir setzten zwei Teleskopkräne mit stabilisierten Spitzen ein, die drei Achsen besitzen. Mit diesen Instrumenten waren wir in der Lage, die Bewegung der Autos mit den CGI-Totalen in Einklang zu bringen. Wir verwenden die drei Achsen der Kamerabewegung, um den Eindruck zu vermitteln, dass das Auto von der Erde abhebt oder auch wieder zurück auf den Boden kracht. Das war ziemlich effektiv.“
„Es kam ziemlich viel interaktive Ausleuchtung zum Einsatz“, berichtet der Kameramann weiter. „Das war eine der größten filmischen Herausforderungen für mich bei diesem Film und ein sehr wichtiges Element, die Live-Action mit den CGI-Elementen integrieren zu können. Oft hatten wir einen aufgehenden Mond, der zu Beginn eine Wärme wie ein Sonnenaufgang hat, weil er so nah an der Erdatmosphäre ist, den wir dann in einen kühlen blauen Mond übergehen lassen mussten, der schnell aufsteigt und immer intensiver wird. Wir ließen eine aufwändige motorisierte Aufhängung errichten, die eine sehr kräftige RGB-LED-Lichtquelle in die Höhe schnellen ließ, perfekt abgestimmt auf die Action, die sich in den CGI-Totalen abspielt. Dazu kamen noch einige Szenen, in denen dutzende von Meteoren Richtung Erde krachen, also mussten wir das Licht und die Bewegung erschaffen, damit man dieses warme, sich schnell bewegende Licht auf den Schauspielern und Sets sehen kann. Mein Oberbeleuchter Eames Gagnon, mein Kamerabühnenchef David Dinel und ich probierten verschiedene Möglichkeiten aus, den gewünschten Effekt zu erzielen. Aber am Ende war es der effektivste Weg, eine Reihe von an der Decke angebrachten Scheinwerfer über die gesamte Länge der Halle aufblitzen zu lassen, anstatt einer einzelnen beweglichen Lichtquelle zu folgen. Außerdem hatten wir noch Explosionen, sich bewegende Frontscheinwerfer, zusätzliche Ausleuchtung... das war ein gehöriger Arbeitsoutput!“
Bei einem der großen Actionhöhepunkte des Films sieht man tausende von Menschen, die verzweifelt versuchen, Benzin, Nahrung, Wasser und Sauerstofftanks zu kaufen oder zu stehlen. Eine Gruppe Banditen, die entschlossen ist, sich mit einer Ladefläche voller Sauerstofftanks vom Acker zu machen – genau in dem Moment, an dem Sauerstoff von der Erde abgezogen wird –, greift sie an. Es gibt Erdbeben, riesige Lastwagen mit neun Achsen werden durch die Luft gewirbelt, auf die Figuren zu, gewaltige Spalte öffnen sich in der Erde, Wassertanks stürzen ein, und es gibt einen Schneesturm, wie man ihn noch nicht gesehen hat.
Ein ganz normaler Tag also im Emmerich-versum.
Foto:
©Verleih
Info:
Regie: Roland Emmerich
Mit Halle Berry, Patrick Wilson, John Bradley,
Michael Peña, Charlie Plummer, Kelly Yu, Donald Sutherland, u.v.m.
Drehbuch: Roland Emmerich, Harald Kloser und Spenser Cohen
Produzenten: Harald Kloser und Roland Emmerich
KINOSTART: 10. Februar 2022
Länge: 126 Minuten
Format: Scope
Audio: 5.1, 7.1, Atmos
©Verleih
Info:
Regie: Roland Emmerich
Mit Halle Berry, Patrick Wilson, John Bradley,
Michael Peña, Charlie Plummer, Kelly Yu, Donald Sutherland, u.v.m.
Drehbuch: Roland Emmerich, Harald Kloser und Spenser Cohen
Produzenten: Harald Kloser und Roland Emmerich
KINOSTART: 10. Februar 2022
Länge: 126 Minuten
Format: Scope
Audio: 5.1, 7.1, Atmos