nil1Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 10. Februar 2022, Teil 12

Redaktion

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – TOD AUF DEM NIL nimmt die Zuschauer mit auf eine Reise in die 1930-Jahre, an viele der nun nachgebauten Schauplätze, die als Inspiration für Christies glamourösen High-Society-Krimi dienten. Von den Klängen einer Londoner Kneipe bis zu den verführerischen Düften eines ägyptischen Gewürzmarktes: Unmengen von Crewmitgliedern, Handwerkern, Designern und Experten arbeiteten daran, eine Fülle sündhaft köstlicher und ästhetischer Genüssen zu schaffen.

Der Dreh von TOD AUF DEM NIL begann im September 2019 und fand zunächst in Studiohallen und Kulissen in den Longcross Studios außerhalb von London statt sowie an verschiedenen Außendrehorten in England. Der Film wurde chronologisch in fünftägigen Arbeitswochen gedreht; samstags traf sich Kenneth Branagh mit seiner Besetzung, um die Szenen für die kommende Woche zu proben. Nach 12 Wochen fiel im Dezember 2019 die letzte Klappe für den Film.

TOD AUF DEM NIL brachte Kenneth Branagh mit vielen talentierten Mitstreitern wieder zusammen, mit denen er bereits an MORD IM ORIENT EXPRESS (2017) gearbeitet hatte. Dazu gehören Kameramann Haris Zambarloukos, BSC, GSC (BELFAST, CINDERELLA), Szenenbildner Jim Clay (BELFAST, CHILDREN OF MEN), Komponist Patrick Doyle (ARTEMIS FOWL, THOR), Special-Effects-Supervisor David Watkins (THE MIDNIGHT SKY, WORLD WAR Z) und VFX- Supervisor George Murphy (MALEFICENT – DIE DUNKLE FEE, FORREST GUMP). Neu zum Team stießen Kostümbildner Paco Delgado (JUNGLE CRUISE, LES MISERABLES) und Editorin Una Ni Dhonghaile (BELFAST, „The Crown“).

Vom ersten Tag an waren den Filmemachern die Ehre und das gewaltige Privileg bewusst, das Kinopublikum mit Hilfe der Vorstellungskraft von Agatha Christie an exotische Orte zu entführen. Niemals nahmen sie es als selbstverständlich hin, dass sie diese Energie auf möglichst aufregende Weise auf die Leinwand bringen sollten. Um das zu erzielen, wurde der Film mit den gleichen Kameras wie Christopher Nolans TENET (in dem Branagh ebenfalls eine Rolle hat) auf 65mm-Film gedreht; in ausgewählten Kinos wird er als prächtige 70mm-Präsentation erstrahlen.

Bei Gesprächen über die Vorzüge einer 70mm-Präsentation findet Kenneth Branagh: „Für mich ist der Eskapismus vollkommen, die Verwandlung ist absolut perfekt. Es ist ein wunderbar immersives Erlebnis, eine herrliche Illusion, sehr voll und fett. Die Tiefe, das Detail, die Gelegenheit, die Wahrnehmung des menschlichen Auges zu replizieren, ist so gut, wie es eben möglich ist.“

Kameramann Haris Zambarloukos war begeistert, ein weiteres Mal im 65mm-Format arbeiten zu können. „Am meisten begeisterte uns bei der Arbeit an diesem Film – und ganz besonders bei dieser Art von Agatha-Christie-Konstruktion –, dass wir mit einem großen Schauspielerensemble arbeiten konnten“, erklärt er. „Wir haben viele ganz wunderbare Schauspieler in diesem Film, und wir wollten uns die Gelegenheit nicht entgehen lassen, alle von ihnen so oft wie möglich in einer einzigen Einstellung einzufangen; sie in einem Raum zu versammeln und ihre Anwesenheit richtig zu spüren, ohne auf Großaufnahmen zurückgreifen zu müssen.“

„Bei allem, was die Menschen auf der ganzen Welt in letzter Zeit durchgemacht haben, freue ich mich sehr darauf, große Geschichten wieder mit anderen teilen zu können“, sagt Branagh. „Das Kino war noch nie so attraktiv, es war noch nie so lebendig, und es war noch nie so aufregend, wie es jetzt sein kann, mit Geschichten wie TOD AUF DEM NIL.“

Szenenbildner Jim Clay war es ein Anliegen, die Geschichte so gut wie möglich durch den Einsatz richtiger Kulissen zu erden. Der Dreh begann im Cotswold Water Park, wo Clays Mannschaft einen ägyptischen Gewürzmarkt entstehen ließ – die Cleveland Lakes fungierten dabei als Double für den Nil. Dreihundert Statisten wurden als Einheimische und Touristen eingesetzt, um den Gewürzmarkt zum Leben zu erwecken. Und obwohl die Produktion mit sintflutartigen Regenfällen zu kämpfen hatte, gab es immer noch reichlich Sonnenschein, um die sengende ägyptische Wüste darzustellen.

Eine der größten Herausforderungen für die Szenenbauer war die Gestaltung der Tempelruinen nach dem Vorbild des Tempels von Philae in Assuan. Ein Team von Bildhauern baute nach den Entwürfen von Clay zwei Hieroglyphen aus Styropor, die dann mit den Gipsplatten, die auch die Wände bildeten, geformt wurden. Das Team benötigte insgesamt 10 Wochen für den Bau des Sets, das am Ende beeindruckende 9 Meter hoch und 30 Meter breit war.

Anschließend zog die Produktion in die Longcross Studios und Stage 1, wo Teile des Cataract Hotel in Assuan aufgebaut worden waren. Es liegt in der Nubischen Wüste an den Ufern des Nil – dort hatte Agatha Christie mit der Arbeit an ihrem Roman „Tod auf dem Nil“ begonnen. Die Filmemacher hatten das tatsächliche Gebäude im Süden Ägyptens gleich zu Beginn der Vorproduktion besucht und arbeiteten unermüdlich daran, diese prächtige Struktur im Film mit dem nötigen Glamour abzubilden, aber auch nicht zu verheimlichen, dass der Zahn der Zeit auch an diesem Hotel nagte.

Das richtige Hotel in Assuan ist im Lauf der Jahre immer wieder modernisiert und auf den heutigen Stand der Dinge gebracht worden, sieht also längst nicht mehr so aus wie damals. Daher griff Clay für seine Rekonstruktion des glamourösen Hotels auch auf andere Hilfsmittel zurück. „Ich verwendete eine Mischung verschiedener Architekturstile aus Ägypten in den Dreißigerjahren. Unser Set errichteten wir dann entsprechend den Anforderungen des Drehbuchs (die Hochzeit von Simon und Linnet, die Hochzeitsfeier, die Ankunft in Ägypten).“

Zu der Kulisse gehörten die Lobby, breite geräumige Gänge, Marmorböden, wunderbare Torbögen, ein großer Balkon und eine große Treppe, sowie eine Terrasse und eine Anlegestelle. Die Bauabteilung verwendete Sperrholz, das mit Gips bearbeitet wurde, und bereitete die Einzelteile in den Werkstätten vor, um sie dann vor Ort auf der Studiobühne zusammenzusetzen. Insgesamt dauerte dieser Prozess 13 Wochen.

Danach zog die Produktion weiter zu Stage 3 in Longcross. Dort war eine Londoner East End Bar entstanden, bekannt als Chez Ma Tante. Als Ort, an den die Reichen gehen, um sich als Arme auszugeben, war das Set in seinen architektonischen Elementen minimalistisch, aber mit großen Kulissen im Hintergrund ausgestattet, die ein aufregendes Nachtleben suggerieren. Die gut 20 mal 36 Meter große Bühne wurde in acht Wochen gebaut und war mit schicken aber schon abgenutzten Möbeln und Kulissen von Werbepartnern des Films ausgestattet, darunter Dewar's Whisky, Piper Champagner und Château Malartic-Lagravière Wein.

Die gefühlvolle Soulmusik der Bar stammt von Sister Rosetta Tharpe und Mavis Staples. Sophie Okonedo, die in diesen Szenen als Salome Otterbourne singt und Gitarre spielt, nahm zwei Monate vor Drehbeginn Unterricht bei Michael L. Roberts (ROCKETMAN) um die Aufnahmen bestmöglich zu verkörpern.

„Obwohl Sophie die Lippenbewegungen synchronisiert, wollten wir erreichen, dass sie den Spirit der Stimme darstellen kann, die Seele der Aufnahmen verkörpern kann. Wenn die Musik erklingt, soll es sich für das Publikum so anfühlen, als ob Salome so klingt und genauso auftritt“, erkkärte Roberts. „Die Körperlichkeit, die Art und Weise, wie die Stimme vorgetragen wird, und der Umgang mit der Gitarre sind der Schlüssel, um das zu erhalten und gleichzeitig die Musik von Rosetta Tharpe und Mavis Staples zu verkörpern.“

“Wir wollten nicht die leichte Musik der Zeit verwenden, die lockere Musik der Zwanziger oder die Musik von Noel Coward aus den späten 1920er-Jahren, auch nicht Irving Berlin oder Cole Porter aus den Dreißigern, denn wir hatten Sorgen, das würde unser Publikum an einen leichteren, spaßigeren Ort transportieren, mit dem es sich einfacher identifizieren konnte“ sagt Branagh. “Die Musik von Sister Rosetta Tharpe hat eine rauere Qualität und eine Tiefe, die der Art und Weise, wie wir uns den Liebesbeziehungen im Film näherten, besser entsprach. Sie hatte eine harte Zeit als Künstlerin, wie viele ihrer Kollegen, die damals schwarze Künstler waren, und irgendwie spiegelt sich das in ihrer Musik wider. So schön sie auch ist, sie hat eine gewisse Schärfe und Härte und besitzt die Art von Pionierqualität, die von jemandem in dieser Position zu dieser Zeit notwendig ist. Das bedeutet, dass die Liebe, die im Mittelpunkt des musikalischen Teils des Films steht, eine andere Resonanz hat, die ihn tonal an einen dunkleren Ort bringt."

Der Nachbau des Tempels von Abu Simpel, die vier antiken Statuen von Ramses der Große, die man auch heute noch in Assuan bestaunen kann, war ein weiteres Projekt, bei dem die Bauabteilung richtig gefordert wurde. Abu Simpel ist einer der Orte, der von der Hochzeitsgesellschaft besucht wird, während sie sich ihren Weg den Nil hinab bahnt. Diese gewaltigen Bauten wurden von Jim Clay und seiner Mannschaft auf dem Studiogelände des Longcross Studios errichtet. Die Filmemacher hatten Abu Simpel bei ihrer Drehortsuche in Ägypten und Marokko besucht, hatten die nötigen Maße genommen und zahllose Fotos geschossen, die zum Einsatz kamen, um einen digitalen Scan zu erstellen. Darauf basierend erstellten die Skulpteure Zeichnungen und begannen mit der mühseligen Aufgabe, die einzelnen Bestandteile aus Styropor-Blöcken und Gips herauszuarbeiten. Diese gewaltige Unternehmung nahm 16 Wochen in Anspruch. Der Tempel wurde maßstabsgetreu aufgebaut. Er war knapp 25 Meter hoch und mehr als 30 Meter breit. Die umliegende Gegend wurde bearbeitet und mit Sand bedeckt.

Aber von all den außergewöhnlichen Kulissen war die majestätischste ohne Zweifel die S.S. Karnak, der riesige Luxus-Schaufelraddampfer mit seinen levantinischen Anmutungen und seiner exquisiten Innenausstattung, der auf dem Skidpad in Longcross errichtet wurde. Branagh wollte, dass das Boot bedrohlich wirkte, es sollte an einen Haifisch erinnern, wenn es durch das gefährliche Wasser des Nil pflügt. Clay und seine Mannschaft studierten die Flotte von Thomas Cook, die zu diesem Zeitpunkt drei oder vier Boote einsetzte, die den Ansprüchen des Designteams genügten. Sie nahmen Elemente jedes einzelnen dieser Boote und entwarfen auf dieser Grundlage ihr eigenes, luxuriöses Schiff.

„In Jims Händen wurde es schnittiger, gefährlicher, schlanker, eleganter... und tödlicher – eine Art prächtiger, schwimmender Palast“, sagt Kenneth Branagh.
Der Nil und die ägyptische Kulisse wirken gleichermaßen bedrohlich, was das Gefühl des Schreckens, den die Hochzeitsgäste ohnehin schon erleben, noch verstärkt. „Wir wollten die Geschichte mit dem Wasser, dem Ufer, dem Himmel, den Geräuschen und den Tieren selbst umgeben, mit all den Dingen, die im Handumdrehen furchterregend werden können“, sagt Branagh.

Branagh ist ein großer Freund fließender, beweglicher Steadicam-Aufnahmen, also wurde das Boot auch in Hinblick auf diese Präferenz gestaltet. Die meisten Schaufelraddampfer haben 40 oder 50 Kabinen. Aber dieses Boot wurde entworfen, um ein Maximum aus seinem Raum herauszuholen, daher hat es deutlich weniger Kabinen, dafür sind die Innenräume insgesamt größer, um die gewünschte Kameraarbeit zu ermöglichen. „Wir haben nur ein paar wenige Kabinen 
eigens gebaut, um die intimeren Szenen drehen zu können. Aber im Großen und Ganzen findet alles auf diesem von uns gebauten Boot statt“, erklärt Jim Clay.

Rein strukturell war der Dampfer eine riesige Herausforderung. Er ist 72 Meter lang, 15 Meter breit, 13 Meter hoch, er wiegt 225 Tonnen. Die Stahlfertigung begann mehr als ein Jahr vor den eigentlichen Dreharbeiten. Dazu gehörte die Herstellung des grundsätzlichen Unterbaus, der auf Eisenbahnschienen errichtetet wurde, und das Gros der Holzarbeit. Alles in allem nahm der Bau des Boots 30 Wochen in Anspruch.

Für das Innere des Schiffs ließ sich Clay abermals von Branaghs Vision leiten. Er wollte etwas, das sich von den dunklen Tönen und üppigem Einsatz von Holz, wie sie in MORD IM ORIENT EXPRESS (2017) zum Einsatz kamen, abhob. Also entschied man sich für hellere, sonnige Töne und eine Farbpalette mit viel Kreideblau, Weiß und Grau. „Wir gaben den Möbeln eine Anmutung wie aus dem 18. Jahrhundert, in der Art des gustavianischen Stils aus Schweden, eine Variation des Neoklassizismus, der sich auch auf die Holztöne und Wand, Decken, und Bodenfarben auswirkte“, meint Jim Clay.

Das Ergebnis auf der Leinwand evoziert einen leichten und luftigen Stil, der an die Dreißigerjahre erinnert. „Wir wollten der Ära durchaus gerecht werden, gleichzeitig wollten wir uns auch nicht sklavisch daranhalten“, merkt Clay an. Um dem Look seinen ganz eigenen Dreh zu geben, arbeitete er sehr viel Glas in seine Entwürfe ein, die den jeweiligen Einstellungen mehr Tiefe verliehen. So kann man auch Dinge sehen, die sich nicht in der unmittelbaren Bildkomposition abspielen. Außerdem hatte Branagh damit bei seinen Kamerabewegungen mehr Freiheiten. „Ken hat es geliebt, durch das abgeschrägte Glas zu drehen, das das Bild widerspiegelt und verdoppelt. Das ist sehr praktisch in diesen für Agatha Christie archetypischen Verhörszenen.“

Ursprünglich hatten die Filmemacher vorgehabt, einen echten Schaufelraddampfer zu bauen und dann auf einem See zu Wasser zu lassen, der groß und breit genug ist, um ein überzeugender Nil zu sein. Schließlich entschied man sich dafür, eine eigene Struktur zu bauen, die das Schiff beherbergen würde. Mit dieser Struktur konnte das Boot aus Einstellungen hinein oder wieder hinausbewegt werden – um zugleich Raum zu lassen, das umgebende Wasser später digital ins Bild hinzuzufügen. Die riesige, modulare Bühne, die man am Set einfach als „Superstruktur“ bezeichnete, wurde am Ende einer Eisenbahnschiene gebaut (dieselbe Eisenbahnschiene, die schon bei MORD IM ORIENT EXPRESS 2017 zum Einsatz gekommen war). Die Bühne, 116 mal 48 Meter breit, wurde von Serious Stage gebaut, die Firma, die auch für die Bühnen des Glastonbury Festival verantwortlich zeichnet.

Mit den Anforderungen von Kameramann Zambarloukos für die Ausleuchtung der jeweiligen Szenen immer im Hinterkopf, wurde die Superbühne mit einer eigenen Beleuchtungstakelage und von hinten angeleuchteten Leinwänden ausgestattet. Die Leinwände deckten das komplette Blickfeld ab und sorgten für ein stimmungsvolles Sonnenlicht, das dem ägyptischen Sonnenschein entsprach. Man konnte aber auch, je nach Bedarf schnell zu Blue-Screen wechseln. „Weil wir keinerlei Wasser im Umfeld des Bootes hatten, konnten wir unsere Arbeit viel schneller und einfacher abwickeln“, lacht Szenenbildner Jim Clay.

Das Boot sah so spektakulär und gewaltig aus, dass Branagh unbedingt die ersten Reaktionen seines Ensembles darauf auf Film festhalten wollte. Für die Szene, in der die Hochzeitsgesellschaft zum ersten Mal am Karnak ankommt, gab sich die Produktion jede erdenkliche Mühe, dass die Schauspieler genau im richtigen Moment das Schiff zum ersten Mal erblickten.

„Wir hatten zwölf Schauspieler in einer kleinen Barkasse in echtem Wasser. Sie befinden sich in strahlendem Sonnenschein auf dem Weg zur Karnak. Auf ihren Gesichtern spiegelt sich die Aufregung und die Freude von Menschen, die sich auf einer tollen Reise durch ein höchst außergewöhnliches, geheimnisvolles und antikes Land befinden“, sagt Kenneth Branagh. „Wenn man den Schauspielern zusieht, wie sie den Dampfer betreten, dann kommt eine kindliche Freude rüber, wie bei der Bescherung an Weihnachten, weil sie vom Anblick so überwältigt sind.“

Foto:
©Verleih

Info:
Regie: Kenneth Branagh
Produzenten: Kenneth Branagh, p.g.a., Judy Hofflund, p.g.a., Ridley Scott, Mark Gordon, Simon Kinberg, Kevin J, Walsh

Deutscher Kinostart: 10. Februar 2022
im Verleih von Walt Disney Studios Motion Pictures Germany