Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 24. Februar 2022, Teil 4
Margarete Ohly-Wüst
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Anfang der 1990er Jahre lebt Richard Williams (Will Smith) zusammen mit seiner Frau Oracene "Brandi" (Aunjanue Ellis) und 2 Töchtern und 3 Stieftöchtern in Compton, einem Vorort von Los Angeles, der von Bandenkriegen, Gewalt, Drogen und schlecht bezahlter Arbeit geprägt ist. Richard hat einen Plan, wie er aus dieser Umgebung herauskommen kann. Dabei denkt er vor allem an seine beiden Töchter Venus (Saniyya Sidney) und Serena (Demi Singleton), die als Tennisspielerinnen Karriere machen sollen.
Deshalb trainiert er die beiden Mädchen in jeder freien Minute auf einem heruntergekommenen Tennisplatz. Dabei hatte der Vater die professionelle Zukunft seiner Beiden bereits vor deren Geburt geplant und gab ihnen noch vor der Schule bereits regelmäßig Tennisunterricht. Daneben wollen die Eltern ihren fünf Kindern eine vernünftige Schulbildung ermöglichen.
Richard Williams versucht für Venus und Serena einen Trainer zu finden, allerdings winken die meisten Trainer ab, denn der Tennissport war damals immer noch vorwiegend eine Angelegenheit von Weißen, afro-amerikanische Tennisspielerinnen gab es überhaupt noch nicht.
Doch Richard versucht hartnäckig, Trainer für die Mädchen zu interessieren. Eines Tages trifft er in einem Tennisclub auf Paul Cohen (Tony Goldwyn), der sich gerade während einer Trainerstunde mit John McEnroe (Christopher Wallinger) und Pete Sampras (Chase Del Rey) mit Ersterem herumärgert und dadurch etwas Zeit hat. Nach einem Probetraining ist er bereit die Ältere - Venus - zu trainieren, wobei Richard ihm immer wieder in sein Training hinein redet. Außerdem filmt Richard die Trainerstunden, damit Brandi auf dem Tennisplatz in Compton nach diesen Anleitungen die jüngere Tochter Serena trainieren kann.
Cohen lässt Venus bei einigen Junior-Turnieren starten, bei denen sie mit Leichtigkeit gewinnt. Bei einem dieser Turniere hat sich auch Serena eigenständig angemeldet und gewinnt ebenfalls einige der Matches und erhält ihren ersten Pokal.
Später trifft Richard Williams auf Rick Macci (Jon Bernthal), der bereit ist, als neuer Coach sowohl Venus als auch Serena zu trainieren. Außerdem ist er bereit, die Familie auf dem Gelände des Tennisclubs wohnen zu lassen und trainiert die Mädchen kostenlos, wenn er später mit 10% am Gewinn beteiligt wird.
Nachdem Venus bereits mit 15 Jahren erste Erfolge - aber auch bittere Niederlagen, z.B. gegen Arantxa Sanchez Vicario (Marcela Zacarias) - erreicht hat, wird Serena erst später in den Zirkus einsteigen. Doch der Aufstieg von Venus und Serena Williams zur Tennis-Weltspitze ist nicht mehr aufzuhalten. Venus wird 5x Wimbledon gewinnen und sie wird die erste afro-amerikanische Frau sein, die als Nummer 1 im Tennis geführt werden wird. Serena hat inzwischen 23 Grand-Slam Turniere gewonnen und gilt heute als die größte Tennisspielerin aller Zeiten...
"King Richard" ist zwar ein Sportfilm, aber dennoch stehen die beiden Tennisspielerinnen Venus und Serena Williams nicht im Mittelpunkt, sondern ihr streitbarer Vater und erster Trainer Richard Williams. Denn es geht in dem Film ganz sicher auch um die Frage, wie weit sich Eltern in das Leben ihrer Kinder einmischen dürfen und sollen, denn Richard begleitet seine Töchter nicht, sondern er gestaltet ihr Leben und ihren Weg und alle in der Familie müssen sich seiner Kontrollsucht unterordnen.
Zentrum des Films ist - wie auch schon der Titel suggeriert - Richard Williams. Will Smith zeigt eine Glanzleistung als Vater in einem Haushalt mit fünf Töchtern, von denen drei von seiner verwitweten Frau mit in die Ehe gebracht wurden (es wird kurz angedeutet, dass er auch noch Kinder aus früheren Beziehungen hat). Smith zeigt eine Darstellung für die der Schauspieler 2022 zu Recht den Golden Globe als bester männlicher Hauptdarsteller gewonnen hat.
Will Smith hat "King Richard" auch zusammen mit Tim und Trevor White produziert; als ausführende Produzentinnen waren übrigens auch Venus und Serena Williams sowie ihre Halbschwester Isha Price beteiligt, die im Film von Daniele Lawson gespielt wird.
Regisseur des Films ist Marcus Reinaldo Green nach einer Romanvorlage und einem Drehbuch von Zach Baylin (das u.a. eine Nominierung als bestes Originaldrehbuch bei den Critics' Choice Movie Awards bekommen hat). Dabei ist der Film weder ein reiner Sportfilm, ein Biopic oder ein Aufsteigerdrama, sondern er zeigt von allem etwas und ist dadurch eine wunderbar gespielte und manchmal auch ziemlich witzige Charakterstudie, mit sowohl tollen Emotionen als auch mit sehenswertem Zeitkolorit.
Drehbuchautor Zach Baylin hat dabei nicht den gesamten Aufstieg der Williams Schwestern dargestellt, sondern sich darauf beschränkt, die letzten Monate der Familie Williams in Compton, Paul Cohen als ersten Coach, Venus erste Jahre im Jugendturnier-Zirkus sowie den Umzug nach Florida zu Rick Macci als Trainer darzustellen. Folgerichtig hört der Film auch mit dem ersten größeren Profiturnier von Venus Williams auf. Es wird im Film auch deutlich gezeigt, dass die letztendlich erfolgreichere Serena Williams zu Beginn der Karriere immer im Schatten ihrer älteren Schwester stand.
Der Film ist mit 138 Minuten recht lang, doch vor allem durch die überragende schauspielerische Leistung von Will Smith kommt eigentlich nie Langeweile auf, aber auch weitere Darsteller können überzeugen, wie die 15jährige Saniyya Sidney als Venus Williams, die 14jährige Demi Singleton als Serena Williams oder Jon Bernthal als Erfolgstrainer Rick Maci, der doch das eine oder andere Mal recht genervt ist, von den dauernden Einmischungen von Richard Williams. Aunjanue Ellis hat als Oracene 'Brandy' Williams in ihrer eher kleinen Rolle leider nur selten Gelegenheit, sich gegen Will Smith zu behaupten. Allerdings gibt es eine wunderbar gespielte Szene, in der sie dem doch recht arroganten Richard gewaltig den Kopf wäscht.
Ein Manko des Films ist ganz sicher, dass eigentlich nie erwähnt wird, dass es vor den Williams Schwestern bereits mit Arthur Ashe einen sehr bekannten schwarzen Tennisspieler gegeben hat, der nicht nur als erster Afro-Amerikaner 1968 für das Davis-Cup Team nominiert wurde, sondern der z.B. auch 1970 die Australian Open und 1975 Wimbledon gewonnen hatte. Allerdings ist Ashe bereits 1993 gestorben, bevor der Aufstieg der Williams Schwestern begonnen hat.
Dass Will Smith mit der wohl vielschichtigsten Schauspielleistung seiner Karriere begeistert und er vermutlich für seine Darstellung neben den Golden Globes auch noch weitere Nominierungen bekommen wird, ist zwar das i-Tüpfelchen von "King Richard", aber auch sonst ist "King Richard - Traum, Satz und Sieg" unbedingt sehenswert. Der Film hat schon einige Auszeichnungen bei kleineren Awards bekommen und hat neben den vier den Golden Globe Awards auch noch sechs Nominierungen bei den Academy Awards 2022 bekommen, u.a. als bester Film, Will Smith als bester männlicher Hauptdarsteller und Aunjanue Ellis als beste Nebendarstellerin.
Trotz der genannten Kritik ist "King Richard - Traum, Satz und Sieg" ein Film, der hochklassige Unterhaltung bietet, denn es geht vor allem um Fragen der sozialen Ungerechtigkeiten und familiärem Druck hier in einer schwarze Familie, die an den American Dream glaubt und die für dessen Realisierung vieles auf sich nimmt. Das macht den Film nicht nur für Tennisfans interessant. Manchmal hätte allerdings eine etwas kritischere Sicht auf Richard Williams dem Film nicht geschadet.
Foto 1: Serena (Demi Singleton, l.), Venus (Saniyya Sidney, M.) trainieren täglich mit ihrem Vater Richard (Will Smith, r.) © Telepool
Foto 2: Richard Williams (Will Smith, l.) und Trainer Rick Macci (Jon Bernthal, r.) planen die Karriere zweier Tennis-Champions © Telepool
Info:
King Richard - Traum, Satz und Sieg (USA 2021)
Originaltitel: King Richard
Genre: Sportfilm, Biopic
Filmlänge: 138 Min.
Regie: Reinaldo Marcus Green
Drehbuch: Zach Baylin
Darsteller: Will Smith, Aunjanue Ellis, Demi Singleton, Saniyya Sidney, Jon Bernthal, Tony Goldwyn u.a.
Verleih: Telepool
Vertrieb: Paramount
FSK: ab 12 Jahren
Kinostart: 24.02.2022