Hanswerner Kruse
Berlin (Weltexpresso) - Wir stellen einige hervorragende Filme vor, die nicht lange in den Kinos liefen, jetzt aber wenigstens weiterhin auf DVD mit Bonusmaterial und online zu sehen sind.
„Monte Verità - Der Rausch der Freiheit“
In den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts erreicht nachts die aus Wien geflohene Hanna Leitner (Maresi Riegner) den „Monte Veritá" in der Schweiz. Morgens sieht sie auf dem Berg nackte Menschen schreien und tanzen. Verstört will sie abreisen, doch ihr Arzt Otto Gross (Max Hubacher) bittet: „Gib dem Berg Zeit.“
Nachdem der Ehemann sie bei einem Asthmaanfall anschrie: „Hör auf mit dem Geröchel“, prügelte und vergewaltigte, floh sie hierher. Kurz nur will sie ihre Töchter verlassen, um bei dem Freud-Schüler Gross eine psychosomatische Therapie fortzusetzen.
Meist fühlt sich die junge Frau unter den seltsamen Menschen geborgen, mitunter aber schreckt sie vor deren Ideen von freier Liebe und vegetarischer Ernährung zurück. Doch trotz ihrer Zweifel entdeckt sie hier ihre Möglichkeiten als Frau, als Ausdrucksmittel erkundet sie die Fotografie, die der Ehemann ihr einst untersagte: „Frauen können das nicht.“ Doch plötzlich taucht er auf und will sie nach Hause holen oder ins Irrenhaus stecken...
"Monte Veritá" Prominente prominent besetzt:
Herman Hesse (Joel Basman), Hanna Leitner (Maresi Riegner), Ida Hofmann (Julia Jentsch), Dr. Otto Gross ) Max Hubacher)
"Schachnovelle"
Noch einmal Wien, Jahrzehnte später. Während der Machtübernahme durch die Nazis kann der Notar Josef Bartok (Oliver Masucci) nicht fliehen. Durch „sanfte Folter“ mit sensorischer Deprivation in Einzelhaft, soll er die von seiner Kanzlei verwalteten Konten österreichischer Klöster im Ausland preisgeben. Doch er schweigt beharrlich und flüchtet sich in die Welt des Schachspiels, weil er ein Lehrbuch stehlen konnte. Völlig von sinnlichen Wahrnehmungen abgeschnitten, lernt er alle bekannten Züge auswendig, wird jedoch „schachkrank“ und als Verrückter entlassen.
Der Film „Schachnovelle“ kann nicht mit der großartigen Sprache der Erzählung Stefan Zweigs mithalten. Aber Regisseur Philipp Stölzl gelingt die Übertragung in fantastische Kinobilder. Die monatelange Isolationshaft und die Beziehung des Notars zum Gestapo-Chef (Albrecht Schuch) gewichtet er stärker, durch viele Rückblenden wird der Film spannender. Wohltuend frei geht der Filmemacher mit seiner Vorlage um.
„Die Welt wird eine andere sein“
In Hamburg verliebt sich eine junge Medizinstudentin, die Deutsch-Türkin Asli (Canan Cir), in den ungestümen Libanesen Saeed. Doch die Mutter ist gegen die Verbindung: „Wir mögen keine Araber!“
Mit fünf Zeitsprüngen erzählt die Regisseurin Anne Zohra Berrached die Liebesgeschichte der beiden. Saeed (Roger Azar), der aus einem liberalen großbürgerlichen Elternhaus in Beirut stammt, radikalisiert sich als Islamist. Er fasst Asli nicht mehr an, bis sie einer heimlichen muslimischen Hochzeit zustimmt.
Ständig streitet und trennt sich das Paar, für Monate verschwindet Saeed sogar im Jemen. Doch immer wieder finden die beiden zusammen, aber Asli fragt nie, was ihren Mann eigentlich bewegt. Endlich schwört er dem radikalen Islam ab und beginnt in den USA eine Ausbildung als Pilot. Spätestens jetzt ahnt man, dass er zu den Terroristen von 9/11 gehören wird...
Doch der Film „Die Welt wird eine andere sein“ ist kein Politthriller, kein Aufklärungsfilm, warum sich Muslime radikalisieren, sondern - ganz bewusst - eine moderne Romeo- und Julia-Geschichte; so die Regisseurin im Gespräch mit dem Weltexpresso.
Maxi (Luna Wedler) lässt sich von Karl (Jannis Niewöhner), einem Unbekannten, auffangen. Mit dem liberalen weltoffenen Mann reist sie durch Europa, um von dem Anschlag und ihrem Leid zu erzählen. Sie verliebt sich in ihn und begreift lange nicht, dass sie von Karl und dessen salonfähiger rechtsradikaler Gruppe lediglich benutzt wird.
Mit „Je suis Karl“ will Regisseur Christian Schwochow zeigen, dass sich „die Szene mit ihren eindeutig menschenverachtenden Parolen und Umsturzfantasien in völlig neuem Look zeigt, mit moderner Symbolik, feschen Slogans und verwirrender Begrifflichkeit, die ihre Absichten verschleiert. Plötzlich gibt es junge, attraktive, schlaue Rechte, die ihre Ideologie als modernen patriotischen Lifestyle anbieten.“
Foto:
Die Welt wird eine andere sein: Asli (Canan Cir) © Neue Visionen
Mitte:
„Monte Verità - Der Rausch der Freiheit“ © tellfilm / Grischa Schmitz DCM
Unten:
"Je suis Karl“ Maxi (Luna Wedler) lässt sich von Karl (Jannis Niewöhner) trösten © sammy-hart.jpg / Pandora-Film
Info:
„Monte Verità - Der Rausch der Freiheit“ (2021), DCM
Siehe im Weltexpresso
„Schachnovelle“ (2021), Studiocanal / Arthaus
Siehe im Weltexpresso
„Die Welt wird eine andere sein“ (2021), Neue Visionen
„Je suis Karl“ (2021), Pandora-Film, Netflix
Siehe im Weltexpresso