Redaktion
Berlin (Weltexpresso) - „Wir sind schon zu lange Single. Singles sind wie Obst. Erst riechst du süß und aufregend, aber je länger du rumsteht, desto mehr stinkst du. Irgendwann kommen die Fliegen, du schimmelst und man riecht dich, noch bevor du den Raum betrittst.“ GINA
Wussten Sie schon...
dass es im Durchschnitt knapp 3 Freunde (2,9) sind, die jeder Deutsche an seiner Seite weiß?*
Über echte Frauenfreundschaft, aber auch über das Singledasein, die Generation der Mid-30ies, Liebe in Zeiten von Unverbindlichkeit, falsche Ehemänner, Vorurteile, falsche Erwartungen und die vermeintlich glücklich machende Familiengründung macht sich Alireza Golafshan auf humorvolle, moderne, aber auch liebevolle und tiefgründige Art und Weise Gedanken in seiner neuen Filmarbeit. Die Idee dazu, beziehungsweise den Titel JGA: Jasmin. Gina. Anna., hatte der Absolvent der HFF München bereits vor seinem Langfilmdebüt „Die Goldfische“, das im Jahr 2019 mit knapp 700.000 Besuchern in den deutschen Kinos der erfolgreichste deutsche Film nach Originaldrehbuch war.
Die prägnante Abkürzung JGA war damals noch etwas weniger verbreitet als heute. Das Gefühl, die Vorstellung, die Erwartungen, die man an Junggesellenabschiede hat, hat sich mittlerweile in der Gesellschaft stärker verfestigt. Die ersten Überlegungen seien noch recht brave Geschichten gewesen, in Richtung RomCom, „was man sich eben unter Junggesellenabschieds-Komödien vorstellt“, erinnert sich Alireza Golafshan. So richtig zu packen bekam der Filmemacher den Stoff jedoch nicht auf Anhieb, ein knackiger thematischer Aufhänger fehlte noch. Somit legte er seine drei Buchstaben erst einmal in die Schublade und machte mit Produzentin Justyna Muesch von Wiedemann & Berg seine erfolgreichen „Goldfische“.
„Irgendwann nach diesem Film kam mir das Bild von drei Mädels, die von ihrer Clique hängengelassen wurden, weil bei den anderen plötzlich Mann, Kind und
Kombi in den Lebensvordergrund gerückt sind, und die durch einen geplatzten Junggesellinnenabschied eine herbe Enttäuschung erleben. Mir wurde mit einem Mal der emotionale Kern klar, dass ich eine Figur eine emotionale Reise erleben lassen kann, ohne Banalität, aber trotzdem mit großem Spaßfaktor“, so Golafshan. Das Thema seiner modernen Komödie nahm vor seinem inneren Auge Gestalt an, gespeist von Gesprächen, die im Freundinnenkreis seiner Frau virulent waren. „Es ist nicht gerade ‚in‘, öffentlich über die Partnersuche oder Torschlusspanik zu reden, weil in unserer Gesellschaft das Bild der starken, selbständigen Frau in den Vordergrund gerückt ist. Zum Glück, wohlgemerkt! Gleichzeitig sind die Angst vor Einsamkeit und das Bedürfnis, einen Partner oder eine Partnerin an seiner Seite zu haben, relevant.“
Bei Frauen ist die Torschlusspanik immer auch mit der biologischen Uhr verbunden. Ist man mit Mitte/Ende 30 noch solo, ist es für das weibliche Geschlecht doppelt schlimm. „Die Torschlusspanik ist kein Relikt aus den 1990er-Jahren. Sie ist bei Menschen meiner Generation nach wie vor ein Thema“, so Golafshan. Immerhin gibt es in Deutschland rund 16,8 Millionen Singles im Alter zwischen 18 und 65 Jahren.
Eine repräsentative Studie von Parship und Elitepartner hat herausgefunden, dass davon nur 19 Prozent zufrieden und glücklich alleine sind, jeder vierte Deutsche dagegen aktiv auf der Suche nach einem Partner ist und sich nach Zweisamkeit sehnt. Golafshans Erfahrungen aus dem Bekanntenkreis wird auch von dieser Studie untermauert, denn es sind vor allem junge Singles im Alter zwischen 18 und 39 Jahren (81 Prozent), die das Gefühl haben, dass ihnen bei der Partnersuche die Zeit davonläuft.
Nachdem der Filmemacher das thematische Grundgerüst seines zweiten Spielfilms zu fassen bekommen hatte, konnten die drei Buchstaben, JGA – die offiziell gar nicht nur für Junggesellenabschied stehen, sondern die auch einen Hinweis auf die Namen der drei Protagonistinnen und besten Freundinnen geben: Jasmin, Gina und Anna – zu filmischem Leben erwachen...
Der Zeitgeist einer Generation unterm Brennglas
Gina: Wie lange sollen wir noch warten?
Anna: Ich hab‘ ja eben erst angerufen.
Gina: Nein, ich meine nicht die blöde Hotline. Ich meine das Leben. Die Männer. Familie. Kinder...
Wussten Sie schon...
Dass 82 Prozent der Deutschen der Meinung sind, dass gemeinsame Zeit die Freundschaft verbessert und gemeinsame Zeit Erinnerungen schafft.**
Alireza Golafshan packt mit JGA: Jasmin. Gina. Anna. zuvorderst ein Thema an, das allen am Herzen liegt: Freundschaft, speziell die Freundschaft unter Frauen, die den gleichen Stellenwert wie Familie hat. Darüber hinaus beleuchtet der Filmemacher aber auch ein Topic, von dem jeder Mensch, geschlechts- und berufsunabhängig, ein Lied singen kann: die Angst vor der Einsamkeit. „Das wichtigste, was wir Menschen im Leben haben, sind soziale Kontakte. Genau dieser Aspekt wird oft vergessen, wenn Leute erzählen, sie ziehen nach Los Angeles oder in eine andere tolle Stadt.
Kennst du da keine Menschenseele, wird das die Hölle. Ich bin selbst vor kurzem umgezogen und merke, wie es sich anfühlt, in einem Haus zu wohnen, in dem man noch niemanden kennt. Man ist schnell bemüht, Kontakte zu knüpfen. Das ist ein altersunabhängiges Thema“, überlegt Golafshan. Seiner Hauptfigur Jasmin hat er verschiedene Spielbälle an die Hand gegeben wie das Torschlusspanik-Alter, die Angst, den Absprung nicht zu schaffen, der Vergangenheit hinterher zu trauern bzw. keinen Partner mehr zu finden und eben die Angst vor der Einsamkeit. Ihm war wichtig, das Thema in seiner Komödie größer zu fassen. „Mir ging es nicht um die konkrete Lebensphase bei Mitte-30-Jährigen oder das Singledasein“, erklärt Golafshan.
Dieses Mehr jenseits von Comedy hat auch Produzentin Justyna Muesch interessiert. Als „Brautalarm“ 2011 in die Kinos kam, begannen etliche Kreative und
Firmen in Deutschland ähnliche Stoffe anzuschieben und zu entwickeln. Letztendlich ist kein einziger Film dabei rausgekommen. „Obwohl ich solche Vergleiche nicht mag, finde ich durchaus, dass sich Alis Ansatz hiermit absolut messen lassen kann.
Seine Geschichte hat ein starkes emotionales Rückgrat, die Hauptfigur Jasmin darf wirklich was erleben, und de facto geht es um existenzielle Fragen“, sagt die Produzentin. Gleichzeitig erzählt JGA: Jasmin. Gina. Anna. eine große Freundschaftsgeschichte und blickt mit dem Brennglas auf die Generation der Mid-
30ies. Es stehen Geschichten von Frauen im Fokus, die zwischen Selbstbestimmung, Unabhängigkeit, Keinen-Mann-wollen, aber doch nur nach Hotties Ausblick halten und dem Ex Hinterherweinen hin- und herschwanken.
„Das kennt man von sich selbst, von Freundinnen, von anderen Frauen. Es ist eine Sehnsucht, die uns alle umtreibt“, überlegt Justyna Muesch. Vor allem das sich aufbauende Spannungsfeld zwischen den drei Frauen und den Männern, speziell zwischen Jasmin und Tim, fand die Produzentin reizvoll, sowie die Tatsache, dass hier der Zeitgeist einer ganzen Generation durchleuchtet wird. „Ali hat eine tolle Pitch-Prämisse gefunden, die das vereinfacht auf den Punkt gebracht hat. Bei Komödien suchen wir immer einen Anspruch, einen emotionalen Kern, Wahrheiten, die entlarvt werden.“ Das bringt das Drehbuch mit sich. Gleichzeitig ist großer Spaß garantiert, viele Gags und Humor, der sich vor allem aus Selbstironie speist. „Man kann als Frau auf sich selbst blicken, erkennt sich wieder und muss lachen – ohne, dass man sich vorgeführt fühlt“, fasst Muesch ihre Wertschätzung für Alireza Golafshans Drehbuch zusammen. Für sie ist JGA: Jasmin. Gina. Anna. eine moderne, frische Kino-Komödie, die mit einer abwechslungsreichen Besetzung die Geschichte einer echten Frauenfreundschaft mit viel Spaß und Emotionen erzählt.
Zum zweiten Mal: Die Königsklasse aller Genres
JASMIN: Ja! Scheiß auf die, scheiß auf diese Kack-Spießer mit ihren Familienkombis und mit ihren... ihren...
GINA: Ihren Allwetterjacken im Partnerlook.
JASMIN: Ja! Und ihren... ihren...
GINA: Raclettes...
JASMIN: Ja! Was soll diese Raclette-Kacke? Wenn ich dieses Jahr noch eine
Raclette-Abend-Einladung kriege, dann erschieß ich mich.
GINA: Brotbackautomaten nicht zu vergessen. JASMIN: Welche Menschen backen selber Brot?
GINA: Menschen, die schon innerlich tot sind.
Kennen Sie eigentlich schon...
die „37-Prozent-Regel“? Sie wurde von Wissenschaftlern auf Basis mathematischer Formeln aufgestellt und soll uns Entscheidungen im Leben
erleichtern. Zum Beispiel Aufschluss darüber geben, in welchem Alter die Wahrscheinlichkeit am höchsten ist, dass wir die Liebe fürs Leben finden. Nach der
Überprüfung von 37 Prozent der vorhandenen Optionen könne man eine sinnvolle und vernünftige Wahl treffen. Das perfekte Alter, um den Traumpartner
kennenzulernen, ist demnach ca. 26.***
Es ist eine alte Weisheit: Komödie ist das schwierigste aller Genres. Für Alireza Golafshan kein Problem: Komödien liegen ihm im Blut. Bereits bei „Die Goldfische“ hat er sein Gespür für eine erstklassige Mise-en-scène, gutes Timing, witzige Dialoge und das perfekte Zusammenspiel eines Ensembles bewiesen. Dass Komödien schwierig sind, bestreitet der Filmemacher nicht. Ihn interessieren sie aber, gerade weil sie eine Herausforderung im Drehbuch- und Inszenierungsprozess darstellen. „Wenn Drehbücher allgemein zu fertig auf dem Papier sind, habe ich das Gefühl, am Set nichts mehr zu tun zu haben. Dann könnte das Drehbuch auch jeder andere Regisseur verfilmen.“
Bei einer Komödie kommt noch ein Kniff dazu: Das Drehbuch kann noch so gut sein, am Set wird man auf die Probe gestellt, da steht oder fällt die Geschichte. „Man kann alles in den Sand setzen. Deshalb hält mich die Arbeit an einer Komödie wach, gibt mir eine zusätzliche Aufgabe, lässt mich mit den Schauspielern intensiver arbeiten.
Das war bei ‚Die Goldfische‘ auch so. Meine Lieblingswitze sind am Set oder in den Proben entstanden. Bei einer Komödie geht es genau um diese Feinheiten, um die Arbeit mit der Sprache und mit den Schauspielern. Das liebe ich“, erklärt Golafshan.
Interessant findet der Filmemacher, dass man bei Komödien, die auch ernstere Töne, emotionale Szenen zwischen all ihrem Spaß aufweisen wie JGA: Jasmin.
Gina. Anna., die Schwierigkeit im direkten Vergleich spürt. „Wenn große, lustige Szenen beim Dreh anstehen, spürt man immer eine positive Panik im Team. Wenn hingegen eine eher dramatische Szene anfällt, in der jemand weint oder es zum Streit kommt, atmen alle auf, fällt der Stress ab, als stünde eine kleine Pause an. Diese ernsten Szenen beherrschen Schauspieler wirklich aus dem Effeff...“, erzählt der Filmemacher. Ohnehin schätzt er bei dem Genre Komödie, dass man dem Publikum nichts vormachen kann. „Ein ehrlicheres Feedback gibt es nicht. Lachen die Zuschauer, ist das die schönste Quittung. Lachen sie nicht, weiß man, dass man Mist gebaut hat.“ Es ist keine filmwissenschaftliche Analyse gefragt oder cineastisches Wichtigtun. Die Frage ist, ob das Publikum gelacht hat oder nicht. „Ich kann einfach nicht gänzlich humorbefreit arbeiten. Das hatte ich ein paar Mal versucht, und es ging nie gut, weil ich mich selbst nie ernst genug nehmen konnte“, erklärt Golafshan einen weiteren Aspekt für seinen Hang zur Komödie. In seinen Augen gibt es kaum ein Thema, das es verdient hat, komplett bierernst erzählt zu werden; „und wenn es das gibt, ist es mir zu dunkel und ich frage mich, warum man sich das im Kino angucken sollte“.
Während seines Studiums an der HFF München hatte er viele Kommilitonen um sich, die sich in Bergmans Fußstapfen wandeln sahen, mit großem Ernst ans Werk gingen und immer den großen Festivalfilm im Auge hatten. „Ich bin froh, dass ich bereits während meines Studiums den Weg eingeschlagen habe, eher Stoffe für ein Publikum zu entwickeln.“
Die Labels „markt- oder mainstreamorientiert“ gefallen ihm dennoch nicht: Ihm geht es darum, Filme für ein breites Publikum zu inszenieren, bei denen man nicht aus dem Kino kommt und den Eindruck hat, Lebenszeit vergeudet zu haben. „In meiner Jugend habe ich fast nur Komödien geguckt. Nach einem harten Schultag, in einer schwierigen Lebensphase will man doch was Lustiges sehen.“ Bei seinen eigenen Stoffen hat er jedoch einen hohen Anspruch an sich: „Reinen Komödien geht oft nach einer Stunde die Puste aus. Deshalb finde ich es so wichtig, um vom reinen guilty pleasure Abstand zu nehmen, dass man noch eine andere Note mit in die Geschichte bringt, ein thematisches, emotionales Rückgrat hat.“
Foto:
© Verleih
Info:
Regie & Drehbuch
Alireza Golafshan
Besetzung & Stab
Jasmin Luise Heyer
Gina Taneshia Abt
Anna Teresa Rizos
Tim Dimitrij Schaad
Stefan Axel Stein
Simon Trystan Pütter
Django Arnel Tači
Abdruck aus dem Presseheft
Die Labels „markt- oder mainstreamorientiert“ gefallen ihm dennoch nicht: Ihm geht es darum, Filme für ein breites Publikum zu inszenieren, bei denen man nicht aus dem Kino kommt und den Eindruck hat, Lebenszeit vergeudet zu haben. „In meiner Jugend habe ich fast nur Komödien geguckt. Nach einem harten Schultag, in einer schwierigen Lebensphase will man doch was Lustiges sehen.“ Bei seinen eigenen Stoffen hat er jedoch einen hohen Anspruch an sich: „Reinen Komödien geht oft nach einer Stunde die Puste aus. Deshalb finde ich es so wichtig, um vom reinen guilty pleasure Abstand zu nehmen, dass man noch eine andere Note mit in die Geschichte bringt, ein thematisches, emotionales Rückgrat hat.“
Foto:
© Verleih
Info:
Regie & Drehbuch
Alireza Golafshan
Besetzung & Stab
Jasmin Luise Heyer
Gina Taneshia Abt
Anna Teresa Rizos
Tim Dimitrij Schaad
Stefan Axel Stein
Simon Trystan Pütter
Django Arnel Tači
Abdruck aus dem Presseheft