Die Wettbewerbsfilme der 64. Berlinale vom 6. bis 16. Februar 2014, Film 16

 

Claudia Schulmerich

 

Berlin (Weltexpresso) – Auch der zweite argentinische Wettbewerbsbeitrag geht um den gesellschaftlichen Niedergang der Argentinien bisher stabilisierenden Mittelschichten. Allerdings muß man zum Verständnis dieses Films besser über das Vorwissen verfügen, daß es weithin üblich war, daß ein Familienvater, ein echter Patron, neben seiner offiziellen Familie eine inoffizielle hat, von der alle wissen.

 

Nicolás lebt in einer Kleinstadt in der argentinischen Provinz Entre Ríos. Sein Vater Jorge ist ein angesehener Arzt, der also für sich in Anspruch nimmt, ein Doppelleben mit zwei Familien zu führen. Aus der Perspektive seines ältesten Sohnes Nicolás aus der inoffiziellen Familie erleben wir ihn als einen Mann, der sich nicht „Papa“ nennen lässt und der nach einem gemeinsam verbrachten Tag zurück zu seiner anderen Familie fährt, die er finanziell wesentlich besser ausgestattet hat.

In seiner Abwesenheit übernimmt Nicolás die Rolle des Vaters, kümmert sich um seine Geschwister, tröstet die Mutter, regelt finanzielle Angelegenheiten und wird vom Vater, der uns eher wie ein Geld verteilender Manager von Familien vorkommt, auf seine künftige Rolle vorbereitet.. Die Widersprüchlichkeit dieser Parallelwelten wird noch deutlicher, als Jorge Nicolás auffordert, in seine Fußstapfen zu treten. Er soll auch Arzt werden und die Ranch übernehmen, die der Vater geerbt hat und auf kolonialistische Weise führt.



Von der Umwelt unbemerkt, erwacht in dem Jungen die Rebellion gegen das autoritäre und machistische Verhalten des Alten, gegen das offene Geheimnis, das jeder kennt und alle ignorieren und unvermittelt rächt er sich, nachdem wir lange der Familiengeschichte gefolgt sind. Das wird weder wirklich psychologisch vorbereitet, erscheint in seiner Konsequenzlosigkeit eher abstoßend, wenn man die Tiere blöken hört, wenn Nicolás die Farm abfackelt und das Weite sucht. Rebellion, na schön, aber zu welchem Behuf.



Aus der Pressekonferenz

 

Anwesend:

 

drei Produzenten,

Celina Murga Regisseurin und Drehbuchautorin

Alián Devetac, Hauptrolle Nicoles

 

Erste Frage nach der Identität der Menschen, wo sie sich zu Hause fühlen, weshab der Titel gewählt wude, der übersetzt DAS DRITTE UFER lautet, also etwas, was es nicht gibt, den Nichtort, auf den wir verweisen . Es ist eine echte Männerwelt, keine bestimmte soziale Situation. „Ich wollte ein Situation, in der die Männer-und Frauenrollen sehr festgeschrieben sind Aber meine Absicht war nicht, die soziale Lage zu filmen, was derzeit eine filmische Konjunktur erfährt. Natürlich gibt es dennoch die Einflüsse, und auch, wenn man es nicht zum Thema machen will, kommt das durch. Das Zusammenfallen einer Gesellschaft.“, erläutert die Regisseurin.

 

Ich bin jemand, der die Dinge immer positiv sieht und das reflektieren auch die jungen Menschen in meinen Filmen, sie zeigen die Zukunft. Wir leben die Krise weltweit. Aber wir werden weiterkommen.“, fährt sie fort. „Der Film erzählt Details.“ Welche Rolle hat Martin Scorsese gespielt?, der im Vorspann auftaucht? „Er hat den Film gefördert. Er drehte Shutter Island und wir waren dabei und haben mit seiner Hilfe das Drehbuch geschrieben. Wir haben über die Rollen gesprochen, über die Männer und Frauen und die Finanzierung.“, führt Celina Murga fort. Der junge Schauspieler des Nicolás hatte bisher nicht gespielt, er ging zum Casting und hat sich diese Rolle erspielt. Mehrere Monate hat die Auswahl gedauert, lange Vorbereitung, für ihn war es ganz neu. Denselbe Titel trägt eine Geschichte von Mario Vargas Llosa oder García Marquez, die aber inhaltlich ganz anders verläuft.

 

Der Junge ist niemand, der überlegt oder planend handelt. Er muß sich der Situation stellen.

 

INFO:

 

Argentinien / Deutschland / Niederlande 2014, 92 Min

Spanisch

REGIE

Celina Murga

DARSTELLER

Alián Devetac
Daniel Veronese
Gaby Ferrero
Irina Wetzel