MITTENDRIN. Persönliches Tagebuch der BERLINALE 2014, Teil 3

 

Hanswerner Kruse

 

Berlin (Weltexpresso) - Es wird dunkel im Saal: Ein Gong ertönt. Aus goldwarmen Farben wachsen flache Bären, die bei sanfter elektronischer Musik zu einer Goldkugel verschmelzen, dann zu Sternen zerplatzen, aus deren Feuerwerk sich der Schriftzug bildet: „Das Festival präsentiert...“

 

 

Eigentlich ist dieser Gold-Clip recht kitschig, aber seit vielen Jahren ist er der Vorspann für jeden Berlinalefilm. Wie gestresst oder müde – nicht nur – ich auch ins Kino komme, der Trailer berührt die Seele und verführt ganz sanft zum folgenden Film.

 

Der amerikanische Regisseur Paul Schrader erklärte neulich beim Filmfestival von Venedig, das mit der einen Projektion im dunklen Raum sei vorbei, das fühle sich mehr nach 1913 an als nach 2013. Und die Berlinale? Auf der einen Seite altmodische rote Teppiche, Glamour und Stars, aber an anderen Orten der Ruf nach dem Brechen der Regeln oder die Frage: „Was soll heute noch das Kino?“ Aber dieser Gegensatz zeigt natürlich vor allem erst einmal die große Bandbreite dieses Festivals mit seinen 14 Sparten.

 

Viele Zuschauer lösen die Frage lässig für sich selbst, verwandeln normale Kinos lautstark und eimerweise Popcorn kruschpelnd in ihre Wohnzimmer. Auch die Festspiele passen sich an, zum Ende kann man immerhin neue Folgen der TV-Serie „House Of Cards“ auf der Kinoleinwand ansehen. „Die Regeln brechen“, meinte dazu Festival-Chef Dieter Kosslick. Aber er sagte auch, die Leute wollen gute Filme und die gibt es in den popcornfreien Berlinale-Kinos reichlich.

 

Ich warte in der Schlange, tippe diese Zeilen ins Tablet und freue mich, dass gleich das Licht ausgeht, ein Gong ertönt... 2014, das Kino lebt!

 

INFO:

 

Hanswerner Kruse (65) ist freier Journalist und Filmkritiker aus Schlüchtern. Er pendelt seit fünf Jahren zum Festival und schreibt für uns ab heute wieder täglich über seine Eindrücke von der Berlinale.

 

KRUSES BERLINALE-TAGEBUCH: Wie Karneval oder Fußball-WM: JETZT GEHT'S LO-HO-S

 

Erste Berlinale: 1951

Amtsantritt von Festivalchef Dieter Kosslick: 1. Mai 2001

Verkaufte Tickets: etwa 300 000 (2013)

Fachbesucher: etwa 20 000, darunter 3700 Journalisten

Filme insgesamt: rund 400

Filme im Wettbewerb: 23, davon haben 20 Chancen auf einen Bären

Dauer des Festivals: 11 Taqe

Mitglieder der Jury: 8

Geld, das die Berlinale der Stadt Berlin bringt: 125 Millionen Euro

Etat: 21 Millionen