mai3Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 26. Mai 2022, Teil 4

Redaktion

Madrid (Weltexpresso) - "Niemand redet in diesen Begegnungen wirklich von Vergebung" sagt Icíar Bollaín. "Maixabel sagt niemals: Ich vergebe dir. Es geht nicht darum, den Tätern zu helfen, und Luis und Ibon wissen das. Sie wollen etwas beitragen, was dem Opfer helfen könnte. Und der erste Schritt ist, die Verantwortung für ihre Taten zu übernehmen, ihre Schuld. Und Fragen zu beantworten. Maixabel braucht keine Entschuldigung, sie will wissen, was und warum es passiert ist. Es geht um einen Dialog, der auf die eine oder andere Weise dem Opfer helfen kann, mit seinem Schmerz umzugehen. Und vielleicht eine Perspektive zu haben, um aus dieser Spirale von Schmerz, Gewalt und Hass herauszufinden."

"Ich war furchtbar aufgewühlt", erinnert sich Maixabel Lasa. "Ich dachte: Jetzt treffe ich jemanden, der mich um dieses Treffen gebeten hat, der mir etwas erzählen will, aber wer ist dieser Mensch, der mir so viel Schmerz zugefügt hat? Um die Wahrheit zu sagen: Es war sehr hart. Aber ich denke, es war gut. Täter-Opfer-Begegnungen haben viel mit der Zukunft zu tun. Denken Sie daran, dass diese zwei Männer nicht mehr so sind, wie sie waren, weder Luis noch Ibon. Und sie hatten nichts davon, keine Hafterleichterungen, im Gegenteil, sie wurden von Helden zu Verrätern. Jeder hat eine zweite Chance verdient. Wir müssen miteinander reden, um uns zu verstehen und die Dinge zu regeln."

Tatsächlich hält sich das Drehbuch auch in diesen Szenen weitgehend an das, woran sich die Beteiligten erinnern. Aber Dramaturgie, Schauspiel und Inszenierung gehen damit um, als sei es fiktives Material. Ein anderes Element des Wirklichen schiebt sich hier in die Fiktion. Es war Blanca Portillo, die vorschlug, Luis Tosar – den sie vorher nur von einer flüchtigen Begegnung kannte – erst direkt vor der Kamera zu treffen. Icíar Bollaín und Luis Tosar waren sofort einverstanden. "Auch Maixabel hatte Ibon Etxezarreta nie wirklich gesehen", sagt Blanca Portillo, "nur für einen kurzen Augenblick bei der Gerichtsverhandlung, bevor er hinausgeführt wurde. Ich dachte, es könnte interessant sein, diese Ungewissheit, diese Anspannung der ersten Begegnung in der Szene zu haben, die ja der Höhepunkt des Films ist."


FINALE

Wahrscheinlich gehört auch die Schlussszene zu jenen, von denen Icíar Bollaín sagt, sie seien zu unglaublich, um sie erfinden zu können. Maixabel kommt zusammen mit Ibon zur jährlichen Gedenkfeier für Juan Mari Jáuregui, viele der dort Versammelten wissen nicht, was auf sie zukommt, und den meisten fällt es schwer zuzusehen, wie Ibon das Knie vor dem Gedenkstein seines Opfers beugt. Tatsächlich haben viele tatsächliche Weggefährten und Freundinnen als Statist:innen an dieser Szene teilgenommen, die sie Jahre zuvor selbst erlebt hatten. "Es gibt Erfahrungen", sagt Blanca Portillo, "die weit über das Professionelle hinausgehen. Es war großartig, diese Szene so zu erleben. Es war wunderbar. Wir alle, das ganze Team, die Leute, die da waren, haben gespürt, dass das ein besonderer Moment war. Man spürt das im Film."

Auch Maixabel Lasa war da. "Ohne dass uns das bewusst war", erinnert sich Icíar Bollaín, "stand sie hinter María Cerezuela, wir hatten das nicht arrangiert." Und so ist in einem der letzten Bilder des Films die wirkliche Maixabel Lasa zu sehen, in der Unschärfe hinter María, in jenem Augenblick, in dem die ganze Liebe, der ganze Schmerz und die ganze Hoffnung dieses Films aufgehoben zu sein scheint: María sieht Ibon an, den Mörder ihres Vaters. Und der erwidert den Blick. "San Sebastián ist eine baskische Stadt", schrieb das Filmmagazin Deadline über die Weltpremiere des Films auf dem dortigen Festival. "Ihr baskischer Name ist Donostia. Während der Schlussszene war aus allen Ecken des Saales ein leises Weinen zu hören. Das lässt hoffen, dass Heilung möglich ist."

Foto:
©Verleih

Info:
MAIXABEL

BLANCA PORTILLO ... Maixabel Lasa
LUIS TOSAR ... Ibon Etxezarreta
URKO OLAZABAL ... Luis Carrasco
MARÍA CEREZUELA ... María Jauregui
TAMARA CANOSA ... Esther Pascual
MARÍA JESÚS HOYOS ... Ibons Mutter
ARANTXA ARANGUREN ... Carmen

Regie ... ICÍAR BOLLAÍN
Buch ... ISA CAMPO & ICÍAR BOLLAÍN
Kamera ... JAVIER AGIRRE ERAUSO
Editor ... NACHO RUIZ CAPILLAS
Filmmusik ... ALBERTO IGLESIAS

Abdruck aus dem Presseheft