Redaktion
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Es sollte eine Geschichte werden, die vom Privaten ins Politische geht, unterhaltsam erzählt und mit ungewöhnlichen Schauwerten. Laut Sarazin „eine positive Geschichte, eine Komödie, die das Leben feiert und die ganze Welt etwas angeht.“
Peter Keller ergänzt: „Die Hauptidee ist die einer Freundschaft, die eigentlich gar nicht zu erwarten ist. Es sind zwei Pole, zwei Extreme im Klischee der Weltmeinung, die sich näherkommen und lebensverändernde Freunde werden.“ Auch eine Romanze erwartet man nicht unbedingt in dem Umfeld, doch die Liebesgeschichte ist eine weitere tragende Säule. Wichtig für das Thema ist die Komödienform, der Zugang mit Humor und Herz.
Die Geschichte hat etwas Märchenhaft-Utopisches. Man wollte nicht mit israelischen Filmen konkurrieren, die eine Realität abbilden. Peter Keller: „Unser Film ist eine Art Märchen, ein humanistischer Ansatz, eine Vision. Sie geht über den Moslem und den Juden hinaus. Es ist eine universelle Geschichte von archetypischen Feinden, die von anderen zu Feinden erklärt werden, und wenn sie eine Chance bekommen, sich als Menschen zu begegnen, beste Freunde werden können.“ Das entspreche durchaus der Realität, meinen die Filmemacher. Man habe oft und vielerorts erlebt, dass die Menschen in der Region gut miteinander auskommen, nur die Politik mache es so oft schwer.
Die Dreharbeiten
In zwei Drehperioden wurde schließlich gedreht, an insgesamt 34 Tagen. Die ersten Aufnahmen fanden 2017 in Haifa statt, der Hauptteil wurde im April/Mai 2019 in Palästina, Jerusalem und Jordanien gefilmt. Zum Glück vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie. Davon war die Postproduktion betroffen, die sich teils verzögerte.
Gedreht wurde in mehreren Sprachen, in hebräisch, arabisch, französisch und englisch – der Sprache am Set.
Das Headquarter der Produktion befand sich zunächst in Palästina, in Jericho am Toten Meer in der Westbank, und dann im jordanischen Wadi Rum. Gedreht wurde mit lokalen Teams, bis auf ein paar Schlüsselpositionen wie Kamera, Ton, Maske, Kostüm- und Szenenbild aus Deutschland. „Das Drehteam war teils palästinensisch, teils israelisch, als wir in Jerusalem gedreht haben, und teilweise jordanisch,“ erzählt Hohagen. „Wir wollten, dass das, was im Film passiert, sich im Team widerspiegelt. Es hat funktioniert, die Menschen zusammenzubringen. Aber vor Ort merkt man dann doch, dass das ein idealistischer Ansatz ist. Es ist noch ein weiter Weg, bis eine Versöhnung der Religionen und Kulturen in Sicht ist.“
Spannender Wüstendreh
„Vor allem der Wüstendreh in Wadi Rum war aufregend, in der berühmten Wüste von ‚Lawrence von Arabien‘,“ fährt der Produzent fort. „‚Dune‘ ist dort fast gleichzeitig entstanden, wobei wir wahrscheinlich insgesamt deren Catering-Budget hatten.“
Das Team wohnte zum Teil in Akaba, wo es Hotels gibt, schlief aber auch zwei Wochen lang in einem Beduinen-Camp in Zelten in der Wüste. „Wir haben, im Gegensatz zu ‚Dune‘, nicht an den Rändern der Wüste gefilmt, sozusagen an der Hauptstraße, sondern tief drinnen, ohne Straße,“ erzählt Hohagen. „Das gab tolle Schauwerte.“ Beduinen shuttelten Team und Crew mit ihren Pickups zu den Drehorten tief in der Wüste – es waren Dreharbeiten unter besonders herausfordernden Bedingungen.
Erste Erfahrungen damit konnte der Produzent bereits früher sammeln: Mehr als zehn Jahre vorher drehte er „Fata Morgana“ mit Jean-Hugues Anglade und Matthias Schweighöfer in der marokkanischen Wüste.
Im Katharinenkloster auf dem Sinai konnte nicht gedreht werden. Einen Ersatz fand man im Kloster St. Gerasimos bei Jericho, wo das Team während des Drehs auch untergebracht war. Auch vor Ort in Jerusalem wurde gefilmt. Szenen wie Bens Ankunft im Geschäft seines Onkels im ultraorthodoxen Stadtviertel Me’a Sche’arim, haben halb-dokumentarischen Charakter.
Haifa, eine Stadt mit langer arabischer Geschichte, diente als Drehort für sämtliche Szenen, die in Alexandria spielen.
Religiöse Aspekte
„Die Botschaft des Films ist relativ einfach: Wenn es nur einen Gott gibt, was die beiden Männer sich im Brunnen im Grunde bestätigen, worüber streiten wir dann eigentlich die ganze Zeit?“, konstatiert Sarazin. Keller ergänzt: „Wir sprechen über Klischees, extreme Antipoden. Ben als ultraorthodoxer Brooklyner Jude bringt außerdem eine Weltfremdheit, eine positive Naivität in die Geschichte, die wunderbar ist und ihn in unmögliche Situationen tapsen lässt. Er muss kein Bewusstsein von der Weltlage, der Politik haben und hat es auch nicht. Das macht es erst möglich, dass er in den Arabern keine Feinde sieht. Im Schtetl in Williamsburg bist du nicht als Orthodoxer der Alien, sondern als Nichtorthodoxer. Da lebt man geschützt unter sich.“
Wichtig ist den Filmemachern, mit ihrem Film nicht für oder gegen eine Lebensweise zu sein.
Die Besetzung der Haupt- und Nebenrollen
Die Besetzung der Hauptrolle des ultraorthodoxen Ben mit Luzer Twersky erwies sich als Riesenglück. Er entstammt selbst einer chassidischen Gemeinde in Brooklyn, aus der er ausbrechen musste, um Schauspieler werden zu können, und fungierte am Set quasi qua Herkunft auch als Coach in allen religiösen Belangen und Detailfragen. Twersky mit seinem Background fiel es leicht, sich in die Rolle einzufinden. Er weiß, wie es ist, wenn die Eltern entscheiden, wen man heiratet, man keine Entscheidungsfreiheit hat. Nach dem Weggang aus seiner Gemeinde drehte er einige Filme, in denen er ähnliche Charaktere spielte. Umso schöner ist auch für ihn der persönliche, positive Schluss des Films, wenn der Hauptdarsteller endlich den Mut findet, mit der Frau, die er liebt, zusammenzukommen.
„Was das Judentum und den Islam angeht, haben wir bei dem Projekt schwimmen gelernt. Aber je weiter wir rausschwammen, desto tiefer wurde der Ozean unter uns,“ meint Peter Keller.
Auch mit der Besetzung von Haitham Omari, einem muslimischen Palästinenser aus Ostjerusalem, als Bens Gegenpol und Freund, dem Beduinen Adel, haben die Filmemacher das große Los gezogen.
Alle beteiligten Schauspieler, bis in die kleinsten Nebenrollen, kennen die Situation, die der Film erzählt genau, sie blieben mit ihrem genauen Spiel authentisch und halfen mit ihrem Hintergrund, Klischees zu vermeiden.
Für den Schnitt konnten die Filmemacher neben dem New Yorker David O. Rogers mit Patricia Rommel, die Stefan Sarazin noch von der Filmhochschule kannte, und Hans-Jörg Weißbrich, Koryphäen ihres Fachs, gewinnen. Das Casting übernahm mit Judy Henderson, der Casterin von „Homeland“, ebenfalls ein Super- Profi.
Foto:
©Verleih
BESETZUNG
Ben. Luzer Twersky
Adel Haitham Omari
Gaon Makram Khoury
Präfekt Yussuf Abu-Warda
Ada Raida Adon
Yechiel Sinai Peter
Yael Keren Or
Ägyptischer Lieutenant Adeeb Safadi
Taxifahrer Josh Sagie
Busfahrer Ghassan Ashkar
STAB
Regie. Stefan Sarazin, Peter Keller
Drehbuch. Stefan Sarazin, Peter Keller
nach einer Idee von Stefan Sarazin und Freyja Weinert
Abdruck aus dem Presseheft