David Clay Diaz
Wien (Weltexpresso) – ME, WE betrachtet eines der prägendsten und traurigsten Ereignisse unserer jüngeren Vergangenheit und aktuellen Gegenwart, die Europas politische und gesellschaftliche Landschaft aufgerüttelt und nachhaltig verändert hat – die Flüchtlingskrise. Erzählt wird jedoch aus einer Perspektive, aus der diese noch kaum filmisch angegangen wurde: aus der Sicht der Europäer. In diesem Falle aus der Sicht von vier Österreicher*innen. Vier Schicksale unfreiwilliger Protagonist*innen eines politischen Trauerspiels, allesamt zusammengewürfelt und verwickelt im Kontext eines historischen Ereignisses mit grenzenlosem Ausmaß.
Einige Filme, z. B. „Fuocoammare“ von Gianfranco Rosi, Gewinner des Goldenen Bären 2016, haben den Fluchtdiskurs an Europas südlichen Grenzen unmittelbar und tagespolitisch hochaktuell aufgegriffen. Meist jedoch (und insbesondere in fiktionalen Spielfilmen) aus der Perspektive der Flüchtenden. Diese Geschichten gehören erzählt und sind, je mehr geflüchtete Menschen im Mittelpunkt unserer Gesellschaft ankommen, wichtiger denn je. Bisher gab es wenige Annäherungen an europäische Ängste, Haltungen, Gedanken, Sichtweisen. Aber um ein Problem, ein politisches Phänomen verstehen zu können, gilt es sich diesem aus allen möglichen Blickwinkeln anzunähern und dieses zu durchleuchten. ME, WE begleitet hierbei vier unterschiedliche Protagonist*innen und versucht sehr unterschiedliche Haltungen und Probleme, die in der Auseinandersetzung mit der „Flüchtlingskrise“ entstehen können, zu verstehen.
Zugleich versucht der Film auch Ursachen für jene Haltungen zu erforschen und bietet letztendlich die Möglichkeit zum kritischen Hinterfragen an. Wir leben in einer Zeit, in der es gilt Stellung zu beziehen, und dieserFilm bezieht klar Stellung, jedoch ohne zu vereinfachen und zu werten, aber dafür mit dem Willen zu verstehen, um möglicherweise daraufhin Kommunikation- und Handlungsmöglichkeiten zu bieten.
Auch unsere vier Protagonist*innen,so unterschiedlich sie auch sind, haben etwas gemeinsam:sie positionieren sich. In den Irrungen und Wirrungen derFlüchtlingskrise, so empfinden Co-Autor Senad Halilbasic und ich, will man sich einen Funken Ordnung, gewisse Anhaltspunkte schaffen. Rechte und linke Weltsichten prallen aufeinander, beide mit dem Anspruch des Absoluten. Denn wer braucht schon Argumente, wenn er die Moral auf seiner Seite hat? Es geht um die Frage, wie dasLeben miteinander in einem neuen Europa funktioniert. Was geschieht nach der Flucht? Wie sehen Begegnungen am ersehnten „Zielort“ aus? Welche Meinungen, Haltungen, Ideen und Vorurteile herrschen momentan auf Seiten der Europäer vor? Wie entstehen diese? Wodurch werden diese geformt?Und wie brechen diese auf? Keine Frage: Es herrscht Chaos. Und in diesem Chaos möchten wir uns an einigen Figuren halten, diese beobachten und womöglich durch ihre Augen einen Einblick verschaffen. Wenn wir versuchen, einander in unseren Ängsten und Sichtweisen besser zu verstehen, können wir besser kooperieren.
Die hier erzählten Geschichten sind Dramatisierungen all jener Begegnungen, die wir im Zuge unserer Recherchen hatten. Sie basieren auf den Geschichten realer Menschen, sind jedoch hier im Sinne der Fiktionalisierung verdichtet. Wir waren in Flüchtlingscamps in Griechenland. Wir waren in Flüchtlingsheimen in Wien und Umgebung. Wir haben mit Pat*innen und deren Schützlingen gesprochen und viel Zeit mit ihnen verbracht, ebenso mit Anhängern von Schutzorganisationen und Jugendlichen, die sich politisch betätigen wollen. In jedwede Richtung, links und rechts. Und was wir hierbei erfahren und gelernt haben ist von unschätzbaren Wert. Die tiefen Einblicke in die uns gebotenen Gedanken, Ängste und Haltungen – denen man sonst skeptisch auf Distanz begegnet – werden einen großen Beitrag dazu leisten zu helfen einander besser zu verstehen und zu sehen. In einer Zeit, in der sich die Fronten verhärten und sich die Lager deutlich teilen. Eine Zeit der Verwirrung und Verletzung, die leider Gottesvielerorts und in vielerlei Hinsicht ausgenutzt wird
Foto:
Mohammed und Petra©Verleih
Info:
ME, WE
(Österreich 2020, 115 Min, dt. OF)
Besetzung
Lukas Miko, Verena Altenberger, Barbara Romaner, Alexander Srtschin, Mehdi Meskar, Anton Noori, Wonderful Idowu, Bagher Ahmadi, Peter Strauss,
Raphael von Bargen, u. a.
Regie: David Clay Diaz
Buch : David Clay Diaz, Senad Halilbasic
Abdruck aus dem Presseheft
Auch unsere vier Protagonist*innen,so unterschiedlich sie auch sind, haben etwas gemeinsam:sie positionieren sich. In den Irrungen und Wirrungen derFlüchtlingskrise, so empfinden Co-Autor Senad Halilbasic und ich, will man sich einen Funken Ordnung, gewisse Anhaltspunkte schaffen. Rechte und linke Weltsichten prallen aufeinander, beide mit dem Anspruch des Absoluten. Denn wer braucht schon Argumente, wenn er die Moral auf seiner Seite hat? Es geht um die Frage, wie dasLeben miteinander in einem neuen Europa funktioniert. Was geschieht nach der Flucht? Wie sehen Begegnungen am ersehnten „Zielort“ aus? Welche Meinungen, Haltungen, Ideen und Vorurteile herrschen momentan auf Seiten der Europäer vor? Wie entstehen diese? Wodurch werden diese geformt?Und wie brechen diese auf? Keine Frage: Es herrscht Chaos. Und in diesem Chaos möchten wir uns an einigen Figuren halten, diese beobachten und womöglich durch ihre Augen einen Einblick verschaffen. Wenn wir versuchen, einander in unseren Ängsten und Sichtweisen besser zu verstehen, können wir besser kooperieren.
Die hier erzählten Geschichten sind Dramatisierungen all jener Begegnungen, die wir im Zuge unserer Recherchen hatten. Sie basieren auf den Geschichten realer Menschen, sind jedoch hier im Sinne der Fiktionalisierung verdichtet. Wir waren in Flüchtlingscamps in Griechenland. Wir waren in Flüchtlingsheimen in Wien und Umgebung. Wir haben mit Pat*innen und deren Schützlingen gesprochen und viel Zeit mit ihnen verbracht, ebenso mit Anhängern von Schutzorganisationen und Jugendlichen, die sich politisch betätigen wollen. In jedwede Richtung, links und rechts. Und was wir hierbei erfahren und gelernt haben ist von unschätzbaren Wert. Die tiefen Einblicke in die uns gebotenen Gedanken, Ängste und Haltungen – denen man sonst skeptisch auf Distanz begegnet – werden einen großen Beitrag dazu leisten zu helfen einander besser zu verstehen und zu sehen. In einer Zeit, in der sich die Fronten verhärten und sich die Lager deutlich teilen. Eine Zeit der Verwirrung und Verletzung, die leider Gottesvielerorts und in vielerlei Hinsicht ausgenutzt wird
Foto:
Mohammed und Petra©Verleih
Info:
ME, WE
(Österreich 2020, 115 Min, dt. OF)
Besetzung
Lukas Miko, Verena Altenberger, Barbara Romaner, Alexander Srtschin, Mehdi Meskar, Anton Noori, Wonderful Idowu, Bagher Ahmadi, Peter Strauss,
Raphael von Bargen, u. a.
Regie: David Clay Diaz
Buch : David Clay Diaz, Senad Halilbasic
Abdruck aus dem Presseheft