Deutsches Fernsehkrimi Festival 2014 in Wiesbaden, Teil 2

 

Claudia Schulmerich

 

Wiesbaden (Weltexpresso) – Unterbrochen wurden die Ausschnitte durch Interviews auf der Leinwand, wo bekannte Schauspieler oder sonstige Filmleute ihre Zufriedenheit damit bekundeten, daß es ihn gibt, diesen Deutschen Fernsehkrimi-Preis aus Wiesbaden. Denn gäbe es ihn nicht, müßte man ihn flugs erfinden, so passend in der Landschaft ist er in einem Fernsehprogramm, das ohne Krimi gar nicht mehr existieren täte.

 

Längst hat sich herumgesprochen, was man mit einem Krimi und in einem Krimi alles transportieren kann an für einen selbst wichtigen Themen, die nur eins erfordern: daß die Handlung verständlich bleibt, gleichwohl spannend gerät und möglichst die Schuldigen gefunden und bestraft werden.

 

Von all den Eingeweihten, die am Mikrophon auf der Bühne mehr zu den Fernsehkrimis erzählten und ihrer Auswahl auf die zehn in dieser Woche präsentierten, von denen einer heute Abend der Sieger sein wird, erfuhren wir: Insgesamt wählte die Vorjury des Festivals im vergangenen Monat aus den 60 eingereichten Fernsehkrimis zehn Produktionen aus, die auf dem Festival in dieser Woche zu sehen waren. Der Vorjury gehörten Burkhard Althoff (Redaktion Das kleine Fernsehspiel/ZDF), Christian Balz (Produzent, bis 2013 Leitung/Redaktion Deutsche Fiction ProSiebenSat.1), Anne Even (ehemalige Redaktionsleitung ZDF/ARTE), Liane Jessen (Fernsehspielchefin des Hessischen Rundfunks), Barbara Thielen (Leitung Fiction RTL Television), Ernst Szebedits (Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung) sowie die Leiterin des Festivals, Cathrin Ehrlich, und Kulturdezernentin Rose-Lore Scholz an.

 

Von den ausgewählten zehn Fernsehkrimis, die die Woche über, verbunden mit weiteren Veranstaltungen und Diskussionen, eine Rolle spielten, also die Auswahl darstellen, waren vier sogar Premieren, die im Fernsehen erst noch ausgestrahlt werden wie der Eröffnungsfilm KOMMISSARIN HELLER -TOD AM WEIHER, ZDF, in Wiesbaden gedreht; UNTER VERDACHT: MUTTERSEELENALLEIN, ZDF; MÜNCHEN MORD, ZDF und der SPREEWALDKRIMI-MÖRDERISCHE HITZE, ZDF. Also erneut sehr viele ZDF-Filme.

 

Die übrigens Sechs in der Endauswahl waren die schon ausgestrahlten Krimis: TATORT – Die Fette Hoppe, MDR; TATORT – Borowski und der Engel, NDR; TATORT-Franziska, WDR; NICHTS MEHR WIE VORHER, Sat 1; Spuren des Bösen – ZAUBERBERG, ZDF; POLIZEIRUF110 - Der Tod macht Engel aus uns allen, BR.

 

Doris Gerke war als gelernte und erfolgreiche Krimi-Schriftstellerin – nicht nur Bella Block geht auf ihr Konto – Mitglied der Jury und erzählte genauso von den Diskussionen wie ihre Mitstreiter, die Schauspielerin Lisa Maria Potthoff, der Regisseur Stephan Wagner, der den letztjährigen Siegerfilm EBERSWALDE gedreht hatte und deshalb auch etwas dazu sagen konnte, wie das mit den 1 000 Flaschen ist - der Weißwein ist schon weg, roter noch da - , Drehbuchautor Rainer Ewerrien, der auch die sechsteilige Serie GÖTTER WIE WIR verantwortete und wie im letzten Jahr war auch Gaby Goebel-Andreas dabei, die vom LKA ist, wobei man in Hessen weiß, das das Landeskriminalamt in Wiesbaden zu Hause ist. Daß dies mit der Krimileidenschaft der Wiesbadener irgendetwas zu tun haben könne, wies aber die Kulturdezernentin sichtlich erschrocken sehr entschieden zurück.



In unterschiedlicher Besetzung wurden jetzt die Preise verliehen – vergessen Sie nur nicht, daß es dazwischen jubilierte und maulte, stöhnte und spottete, stammelte und motzte, jaulte und wimmerte, quiekte und säuselte, sprudelte und knurrte: RADAR LOVE und SCHÖNE MAID sowie SOMEBODY TO LOVE vom inzwischen enthusiastisch gefeierten HardChor Heidelberg, dem das Publikum immer williger durch Mitsingen folgte. Wir auf jeden Fall sind gewillt, den Spuren dieser Herren ein andermal intensiver zu folgen.

 

Und nun endlich die Preise. Den Hauptpreis, den Deutschen Fernsehkrimi-Preis erhielt der ZDF-Krimi SPUREN DES BÖSEN – ZAUBERBERG, in dem Heino Ferch die Hauptrolle spielt. Der Film erzählt die Geschichte der Entführung eines Kindes. Aline, Tochter der Chirurgin Karin Staller ist aus der Familienvilla in einem Wiener Vorort verschwunden. Ferch spielt in dieser Produktion einen Polizeipsychologen, der als Unterstützung angefordert wird, weil der dringend der Tat Verdächtigte ein Patient von ihm ist: Max Rieger, der schon wegen sexueller Belästigung Minderjähriger vorbestraft ist.

 

Gewiefte Krimikenner wissen sofort, der war es sicher nicht. Oder? Auf jeden Fall wird es spannend. Regie führte Andreas Prochaska, das Drehbuch schrieb Martin Ambrosch. Die Jury wies auf ihr einstimmiges Urteil hin und daß dies Psychodrama „in jeder Hinsicht ein Kleinod“ sei. Hervorragend sei das Ensemble, die Inszenierung feinsinnig, die die Langsamkeit des Geschehens zulasse, „die faszinierend ist bis an den Rand der spannenden Unerträglichkeit“. Den Preis nahmen aus der Hand des Schirmherrn Ulrich Tukur Produzent Josef Aichholer und Redakteur Wolfgang Feindt entgegen (unser Foto) .

 

Die zwei Sonderpreise der Jury für herausragende Einzelleistungen galten einmal dem Schauspieler Hans Jochen Wagner für seine Rolle in POLIZEIRUF 110 – Der Tod macht Engel aus uns allen. Zum anderen wurde Sascha Arango für das beste Krimi-Drehbuch ausgezeichnet, das er für TATORT – Borowski und der Engel schrieb. Über diesen Preis werden sich auch der Bertelsmann Verlag und der Hörverlag freuen, die gerade Arangos Roman DIE WAHRHEIT UND ANDERE LÜGEN als Buch und Hörbuch herausgebracht haben. Er hat schon eine ganze Ansammlung von Preisen, zweimal auch den Grimme-Preis.

 

Und dann gibt’s noch einen Preis, den Preis, den der Wiesbadener Kurier als Preis der Publikumsjury ausgibt. Fünf ausgewählte Wiesbadener nehmen am Festival teil, schauen alles an und bestimmen den Preisträger: NICHTS MEHR WIE VORHER wurde Sieger, der Krimifilm von SAT 1. So verteilten sich die Preise wie immer wie von alleine recht gelungen. Was nun von diesem Abend noch fehlt – nein, der Heidelberger HardChor nicht noch einmal, obwohl er weiterhin zum Schlußspurt bejubelt wurde - , das ist die Erwähnung von zwei Frauen, denen in den wirklich überhand nehmenden Dankesreden – für die Macher Festivalleitung Cathrin Ehrlich und Festivalorganisation Monika Haas - nicht nur dieser Dank ausgesprochen wurde, sondern die auch selbst in Beiträgen auf der Bühne Essentielles zum Thema Krimi-Fernsehen-Film sagten. Das ist zum einen Maria Wismeth, Geschäftsführerin der Hessischen Filmförderung von Land und hr und Liane Jessen, im Hessischen Rundfunk eigenwillige und sachkundige Leiterin Fernsehspiel und Spielfilm. Letztere plauderte aus dem Nähkästchen und verriet - für jeden überzeugend – wie ein Krimi anfangen dürfe und wie nicht.

 

Und dann schafften Moderatorin Bärbel Schäfer - „Turkur ist ein Risiko“ - und Schirmherr Ulrich Tukur es auch noch, daß die Reden auf der Bühne aufhörten und endlich gefeiert wurde.

 

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