Serie: Die angelaufenen Filme in deutschen Kinos vom 20. Februar 2014, Teil 1

Hanswerner Kruse

 

Berlin (Weltexpresso) -.Weltweit tummelte sich „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ auf den Bestsellerlisten, das Buch wurde mehr als 6 Millionen Mal verkauft. Die rasche Verfilmung des Schelmenromans hätte eine dröge Klamotte werden können, doch dem schwedischen Regisseur gelang eine eigensinnige und doch brillante Verfilmung.

 

DER HUNDERJÄHRIGE, DER AUS DEM FENSTER STIEG UND VERSCHWAND

An seinem hundertsten Geburtstag flüchtet Allen Karlsson (Robert Gustafsson) aus einem Altersheim, in dem er den kümmerlichen Rest seines Lebens verbringen soll. Der Alte dreht noch mal richtig auf, legt sich zufällig mit Gangstern an und klaut unabsichtlich einen Haufen Geld. Auf seiner Flucht gewinnt er viele neue Freunde, darunter den ebenfalls recht betagten Julius Jonsson (Iwar Wiklander), die „Schöne Frau“ (Mia Skäringer) und die Elefantin Sonja. Polizei und Presse bauen den, zunächst scheinbar Entführten zu einem gefährlichen Mörder auf, obwohl es gar keine Leichen gibt.

 

Solche Abenteuer waren für den Flüchtigen einst alltäglich gewesen - in Rückblenden werden seine Passion für Sprengstoffe sowie die abstrusen Begegnungen mit großen Gestalten der Geschichte des 20. Jahrhunderts erzählt: Einstein, Franco, Truman, Gorbatschow. Mehr soll hier nicht verraten werden, denn dieses Roadmovie hält viele unerwartete Wendungen bereit.

 

Aber wie so oft werden sich Leser wohl über die Verfilmung ärgern, wenn sie nicht von ihrem Kopf-Casting lassen („Ich habe mir Allen ganz anders vorgestellt“). Jede gute Literaturverfilmung versucht den Geist der Vorlage zu erfassen und keinesfalls einfach nur die Story nachzuerzählen. Regisseur Felix Herngren trifft genau die Atmosphäre des Romans, obwohl einige bedeutende Passagen fehlen, etwa Allens Begegnung mit Mao Tse-tung.

 

Der Filmemacher hat mutig die unterschiedlichen Charaktere der Figuren, durchaus abweichend vom Buch, differenziert herausgearbeitet. Das Drehbuch streicht viel Überflüssiges aus dem Roman, dem sowieso ein kritisches Lektorat und manche Kürzung gut getan hätte. Die geschickten filmischen Rückblenden in das abenteuerliche Leben Allens werden mit jeweils wenigen Szenen sowie seiner Stimme aus dem Off erzählt. Das gibt dem Film eine viel größere Leichtigkeit als dem manchmal sperrigen Roman.

 

Die Filmgeschichte entwickelt sich etwas selbständig, bekommt so aber ihre individuelle Dramatik und eigene Komik. Die mit seltsamer Blasmusik unterlegten Jokes ergeben sich, anders als im eher wortwitzigen Buch, aus den Filmbildern: Da purzelt nach einer Sprengung durch den jugendlichen Allen unbeabsichtigt der Kopf eines fiesen Händlers auf dessen eigenes Auto. Oder ein Zeuge wird bei der Vernehmung durch die Polizei ständig von seiner dreimal so dicken Frau unterbrochen, die bei der beobachteten Tat gar nicht dabei war.

 

Leser des Romans können vom Buch abweichende, neue Auswege aus vertrackten Situationen genießen, in welche die Freunde immer wieder geraten. Die Nichtleser werden wohl vom subtilen Humor und den unglaublichen Abenteuern Allens begeistert sein.

 

 

 

Frage an Regisseur Felix Herngren: „Was ist Ihre Vision für den Film?“

 

Allan Karlsson tut das, was viele von uns westlichen Menschen tun sollten. Sich nicht um die Zukunft sorgen, seinem Bauchgefühl vertrauen und sich keine Sorgen über die Probleme von gestern machen. Wenn ein Teil des Publikums etwas aus dem Film mit nach Hause nimmt, würde ich mich freuen.”

 

 

INFO:

 

FILM:

Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ Schweden 2013, 115 Minuten

 

Regie Felix Herngren, mit Robert Gustafsson, Iwar Wiklander, Mia Skäringer u. a.

Filmstart 20. März 2014

 

BUCH:

Jonas Jonasson „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“, 432 Seiten, neu als Taschenbuch im btb-Verlag, 9,99 Euro