Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom Donnerstag, 8. Dezember 2022, Teil 5
Redaktion
Hollywood (Weltexpresso) - Filmemacherin Maria Schrader sah sich bei der Umsetzung von SHE SAID mit einer Reihe ungewöhnlicher Herausforderungen konfrontiert. Zunächst einmal musste sie die gelebten Erfahrungen der beiden Journalistinnen, Megan Twohey und Jodi Kanter, im Zentrum der Erzählung und die Komplexitäten ihrer Ermittlung lebensnah wiedergeben. „Die Geschichte zeigt, wie wichtig investigativer Journalismus sein kann“, sagt Maria Schrader. „Darzustellen, wessen es bedarf – das Maß an Einsatz, Recherche, Hartnäckigkeit – und auch zu zeigen, welche Wirkung all dies haben kann, war eine Art Selbstzweck. Ich wollte das Publikum hautnah miterleben lassen, wie es sich für Reporter*innen anfühlt, wenn man einer so komplexen Geschichte auf der Spur ist, mit all ihren überraschenden Wendungen, Erfolgen und Rückschlägen – sowie dem persönlichen Einsatz, was für Jodi und Megan auf dem Spiel stand.“
Das bedeutete, dass man einen ebenso wahrhaftigen wie unterhaltsamen Weg finden musste, den Akt des Sammelns von Nachrichten darzustellen – ein ausgesprochen arbeitsintensiver Prozess, zu dem zahllose Telefongespräche, E-Mails, das Beschaffen und Bewerten von Dokumenten und endlose Konferenzen mit den Redakteur*innen gehörten. Um das zu erreichen, griffen die Produzent*innen des Films auf manche Konventionen zurück, die bei herausragenden investigativen Thrillern zum Einsatz kamen, die bereits Filmgeschichte geschrieben haben, primär waren das der Oscar®-nominierte Film Die Unbestechlichen aus
dem Jahr 1976 und der Oscar®-Gewinner Spotlight aus dem Jahr 2015.
„Unser Film bietet alles, was man von einem Film dieses Genres erwartet – der hohe Einsatz, die Paranoia, die unüberwindbaren Ziegelmauern“, erklärt Maria Schrader. „Es ist eine sehr dramatische Geschichte mit starken Figuren, die geringe Gewinnchancen haben und sich gegen einen mächtigen Antagonisten behaupten müssen, es geht kreuz und quer um die Welt und hin und her in der Zeit. Das Material war so reichhaltig und üppig, dass die Hauptaufgabe darin bestand, es an den richtigen Stellen zu trimmen, nicht zu überhöhen oder zu dramatisieren, was ohnehin schon da war.“
Sosehr es den Filmemachern am Herzen lag, die Geschichte so wahrhaftig wie möglich zu erzählen, handelt es sich bei SHE SAID nicht um einen Dokumentarfilm. Mit den Mitteln des narrativen Geschichtenerzählens hoffen die Filmemacher, eine tiefere emotionale Wahrheit einzufangen – Maria Schrader selbst sagt, sie wolle „die Leerstellen zwischen den Worten beleuchten – die Emotionen, den persönlichen Einsatz, den Zweifel, das unmittelbare Erleben, die Dinge, die nicht ausgesprochen werden, die Bilder, die Gesichter, die Körpersprache, das Verhalten“.
Allen Beteiligten war wichtig, dass der Film auf der Leinwand keinerlei Gewalt zeigt. Wenn ein Übergriff beschrieben wird, dann geschieht das in den eigenen Worten der jeweiligen Opfer. „Ich hatte keinerlei Interesse, noch eine weitere Vergewaltigungsszene in die Welt zu setzen“, betont Maria Schrader. „Davon haben wir genug gesehen.“ Und Harvey Weinstein spielt bestenfalls eine untergeordnete Rolle. In dem Film gibt es eine Audioaufnahme mit seiner Stimme, und in den wenigen Momenten, in denen er zu sehen ist, wird er lediglich von hinten gezeigt. Das Publikum sieht nicht einmal das Gesicht des Schauspielers, der ihn spielt. „Unsere Ausgangsquelle war das Buch und das Leben der Reporterinnen“, sagt die Regisseurin. „Ihre Perspektiven und Erfahrungen und das Zeugnis derer, mit denen sie gesprochen haben, waren unsere Richtlinie. Weinstein sieht man fast gar nicht, aber ganz gewiss spürt man seine Anwesenheit, und seine Aktionen sind der Motor der Handlung. Ich stelle mir vor, dass es sich so für Jodi und Megan anfühlte, als sie an der Geschichte arbeiteten. Sie hatten auch so gut wie keinen Kontakt zu Weinstein.“
Als Maria Schrader und die Filmemacher die Leiter der einzelnen Produktionsabteilungen auswählten, ging es ihnen darum, die jeweils besten Kandidat*innen zu gewinnen. Am Ende bestand ein Großteil des kreativen Teams aus Frauen. „Unser Hauptanliegen war es, die besten Leute für den Film zu finden“, bestätigt Maria Schrader. „Dies ist eine Geschichte über Frauen, die aufstehen, ihre Stimmen erheben, ihre Stärke für sich reklamieren. Es fühlte sich richtig an, dass Frauen diejenigen waren, die bei diesem Film das Ruder in der Hand hielten. Aber natürlich freue ich mich auf den Tag, an dem man kein weiteres Wort darüber verlieren muss, dass ein Film von einem von Frauen geführten Team gemacht wird.“
Fotos:
©Verleih
Info:
She Said (USA 2022)
Originaltitel: She Said
Genre: Drama, Sachbuch-Adaption, Weinstein Skandal
Filmlänge: ca. 128 Min.
Regie: Maria Schrader
Drehbuch: Rebecca Lenkiewicz nach dem Sachbuch von Jodi Kantor und Megan Twohey: She Said. Breaking the Sexual Harassment Story That Helped Ignite a Movement (2019)
Darsteller: Carey Mulligan, Zoe Kazan, Patricia Clarkson, Andre Braugher, Jennifer Ehle, Samantha Morton, Ashley Judd u.a.Verleih: Universal Pictures International Germany
FSK: ab 12 Jahren
Kinostart: 08.12.2022
Abdruck aus dem Presseheft