Serie: Die angelaufenen Filme in deutschen Kinos vom 27. März 2014, hier: Westen, Teil 2

 

Hanswerner Kruse

 

Berlin (Weltexpresso) - Schauspielerin Jördis Triebel („Emmas Glück") und Regisseur Christian Schwochow („Der Turm") haben zum ersten Mal für einen Film zusammen gearbeitet. Die beiden freuen sich, dass sie nun, zufällig, auch erstmalig ein gemeinsames Interview über WESTEN machen.

 

Schon das Casting für "Westen" begann wie ein Märchenfilm: Es waren einmal zwei „Zonenkinder" (Jana Hensel), die hatten einander so lieb und spielten mit acht Jahren gemeinsam im Kindertheater in der Ost-Berliner Sonnenallee. Dann verloren sie sich aus den Augen und Schwochow, mittlerweile Regisseur, entdeckte die Schauspielerin 15 Jahre später auf ihrer Agenturseite im Internet, seitdem hatten sie gelegentlich Kontakt. Als er mit den Arbeiten für „Westen" begann, castete er zunächst jüngere Schauspielerinnen. Jedoch im Gegensatz zur Literaturvorlage entschied er sich dann für eine etwas ältere Frau mit mehr Lebenserfahrung. Nelly hatte sich im Prozess des Schreibens am Drehbuch verändert und er wählte Triebel für die Rolle.

 

KRUSE Wie war ihre erste Arbeit mit dem Freund aus Kindertagen ?

 

Triebel Die hat mir sehr viel Spaß gemacht, es war ein großes Geschenk mit Christian zu arbeiten, denn er setzt großes Vertrauen in seine Schauspieler. Er ist klug und humorvoll, schafft eine gute Arbeitsatmosphäre. Ich fand es toll, so eine starke Frau spielen zu können

 

 

KRUSE Wieso werden die Frauenrollen, im Gegensatz zu den literarischen Vorlagen, immer so stark in Ihren Filmen? Im "Turm" ist es die Mutter, in "Westen" Nelly?

 

Schwochow Das habe ich auch schon überlegt, Frauen sind irgendwie interessantere Helden, die gehen anders mit ihren Konflikten um, sie sind offensiver mit ihren Emotionen und haben es schwerer, in der Gesellschaft ihren Weg zu gehen. Wäre Nelly ein Mann, dann wäre völlig klar, dass er sich anlegt und seine Kräfte misst, man würde das überhaupt nicht als Problem wahrnehmen. Aber sie ist eine starke Frau die selbstbestimmt sein will.

 

Triebel Wir sind gespannt, wie das ankommt, die meisten finden so etwas an einer Frau ja eher unsympathisch.

 

 

KRUSE Sie sind beide in der DDR aufgewachsen, waren in der "Wendezeit" noch sehr jung.

 

Triebel Das war eine extrem große Verunsicherung, ich wusste als Zwölfjährige überhaupt nicht mehr, an was ich mich halten soll. Meine Eltern waren genauso unsicher, sie hatten einfach nur Angst.

 

Schwochow Wir sind ja schon früh in den Westen gegangen, ich war der erste "Ostler" an der Schule. Es gab unglaublich viele Klischees über das DDR-Leben. Als ich mal meinte, es sei gar nicht so schlimm gewesen, wie wir gelebt hatten, fuhr meine Lehrerin mich an: "Dann geh doch zurück zu Deinem Scheiß-Honnecker."

 

Triebel Man spricht zwar die gleiche Sprache, aber meint ständig verschiedene Dinge

 

 

 

KRUSE "Westen" ist ein persönlicher Film?

 

Schwochow Es ist eine Geschichte aus dem Land, das wir in uns tragen. Wir sind nie im Lager gewesen und gleich bei Verwandten untergekommen, aber es war lagerähnlich ohne fremde Menschen, wir wussten auch nicht wie es weitergeht.

Triebel Es ist gut, sich mit der eigenen Geschichte auseinanderzusetzen und wichtig zu erzählen, was alles noch nicht erzählt worden ist.

 

 

 

KRUSE Das Thema ist sehr aktuell

 

Schwochow Heimatlosigkeit und Entwurzelung ist ein starkes allgegenwärtiges Thema! Der Film erzählt von einer bestimmten Zeit, aber er ist kein Historienfilm. Die Situation im Lager am Stadtrand hat sich nicht geändert, heute leben dort Asylbewerber, die auch niemand will.

 

Triebel Wie von Nelly wird von ihnen erwartet. dass sie sich anpassen und dankbar sind.

 

 

 

INFO:

 

Westen“ D 2013, 102 min. Regie Christian Schwochow mit Jördis Triebel, Tristan Göbel, Alexander Scheer u. a. ab 12 Jahre, Filmstart am 27. 3. 2014