Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 27. April 2023, Teil 5
Jean-Paul Salomé
Paris (Weltexpresso) – Als ich „La Syndicaliste“ von Caroline Michel-Aguirre las, habe ich sofort das filmische Potenzial dieses unglaublichen Falls erkannt, der sich in der Welt der Atomkraft und der Politik abspielt. Und natürlich reiht sich der Film in die Tradition der großen paranoiden Thriller ein, die ich besonders schätze. Die schockierende Geschichte von Maureen Kearney wirft nicht nur ein Licht auf die undurchsichtigen Bereiche hoher Machtsphären, sondern erschüttert auch durch die klinische Herangehensweise an so aktuelle
und dringende Themen wie die Stellung der Frauen innerhalb hoher Machtpositionen – die Bedeutung, die ihren Worten zugestanden wird, und die Annahme sie seien wahnsinnig und manipulativ.
Die KearneyAffäre ist sowohl die Geschichte einer Whistleblowerin als auch die Geschichte einer Frau in einer Welt von Männern, die es nicht gewohnt sind, dass Frauen alles riskieren, um die Machthabenden anzugreifen. Maureen Kearney ist keine Femme fatale. Sie ist eine Mutter und eine Ehefrau, wie wir sie jeden Tag treffen, eine Angestellte wie so viele andere. Aber sie ist die Frau, die die patriarchalische alte Garde der französischen Industrie, die sich an ihre Interessen und ihre Selbstdarstellungen klammert, ausschalten muss. Weil sie eine Frau ist, muss sie die Beschämung ertragen, dass ihr nicht geglaubt wird; immer auf ihre Bedeutungslosigkeit verwiesen zu werden; Verleumdungen ihrer Integrität zu ertragen; auf die Dramen reduziert zu werden, die ihr Leben geprägt haben und die intime Wunden sind, die ihre Feinde nun nutzen, um sie in den Augen ihrer Angehörigen und der Justiz zu diskreditieren.
Abgesehen von der Erzählweise, die wohl von amerikanischen Politthrillern wie DIE UNBESTECHLICHEN, KLUTE und REVELATIONS – DIE OFFENBARUNG inspiriert ist, wollen wir in erster Linie einen grundlegend politischen Film abliefern, ein überlebensgroßes Drama über die Funktionsweise von Macht und ihre unerbittliche Gewalt gegen diejenigen, die versuchen, sie zu erschüttern. Dieser Film ermöglicht es mir, meine Zusammenarbeit mit Isabelle Huppert fortzusetzen, diesmal aber auf einer ganz anderen Ebene. Und immer mit dem Willen, sie eine Figur verkörpern zu lassen, die in der Realität verankert ist und mit der sich der Zuschauer leicht identifizieren kann.
Foto:
©Verleih
Info:
Stab
REGIE. Jean-Paul Salomé
DREHBUCH Jean-Paul Salomé & Fadette Drouard
nach dem Roman „La Syndicaliste“ von Caroline Michel-Aguirre
Darsteller
Maureen Kearney. Isabelle Huppert
Gilles Hugo Grégory Gadebois
Luc Oursel Yvan Attal
Frankreich, Deutschland 2022
122 Minuten Laufzeit
FSK: ab 16 Jahren
Kinostart: 27. April 2023
Abdruck aus dem Presseheft