zambaSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom Donnerstag, 11. Mai 2023, Teil 12

Kerstin Heidecke

Berlin ( Weltexpresso) - Wie sind Sie auf die Idee zu diesem Film gekommen? Wie lange haben Sie gedreht? In welchem Zeitraum?

Ich kenne das Theater RambaZamba seit über zwanzig Jahren als Zuschauer. Immer wenn ich mir eine Vorstellung angeschaut habe, war ich geflasht von den Schauspieler*innen, von ihrer ganz eigenen, überzeugenden und berührenden Art zu spielen, sich zu bewegen, zu sprechen, zu performen. Als dann ein Freund von mir, Steffen Sünkel selbst als Dramaturg und stellvertretender Leiter an das RambaZamba kam und das Theater kurz vor dem dreißigsten Geburtstag stand, entstand die Idee über das Theater und seine Schauspieler*innen eine längere filmische Erzählung zu machen. Dann kam leider Corona, alles verzögerte und verschob sich, die Umstände wurden erschwerter – aber wir und meine Produzentin des Films Kristina Konrad von weltfilm haben trotzdem daran festgehalten und schließlich doch noch im Frühjahr 2021 mit den Dreharbeiten begonnen und eine Theater-Produktion nämlich „Golem“ von der ersten Leseprobe an bis zur Premiere, ungefähr sechs Monate später begleitet.


Was ist Ihre Botschaft?

Mir geht es bei diesem Film in erster Linie darum anhand des Theaters RambaZamba und ihren Spieler*innen zu zeigen wie eine gelungene Inklusion und Partizipation tatsächlich funktionieren kann. Und dass sich diese wunderbaren Schauspieler*innen mit Beeinträchtigung nicht auf ihre Beinträchtigung reduzieren lassen, sondern vielmehr fantastische und einzigartige Menschen voller Kreativität und Phantasie sind. Oder wie das die bekannte Schauspielerin Angela Winkler, deren Tochter Nele ebenfalls bei RambaZamba spielt und im Film vorkommt einmal gesagt hat: „Das Ein-bisschen-daneben-Sein, Anderssein ist eine Bereicherung.“ Das finde ich auch und besser kann man es vielleicht nicht sagen. Wenn der Film das rüberbringt wäre ich sehr froh.


Was hat Sie bei den Dreharbeiten überrascht?


Das Klima, die Atmosphäre, der Umgang im Theater unter den Schauspieler*innen und den Mitarbeiter*innen des Theaters auf der einen Seite und die Professionalität der Theaterarbeit von den Schauspieler*innen und den Mitarbeiter*innen auf der anderen. Wie die Menschen in diesem Theater miteinander umgehen hat mich wirklich zutiefst berührt: respektvoll, in höchstem Maße emphatisch, offen, vertrauensvoll, aber auch humorvoll, unverstellt direkt und immer, auch wenn ich den Begriff nicht so sehr mag, aber hier stimmt er einfach: auf Augenhöhe.


Was nehmen Sie selbst mit in Ihr eigenes Leben aus der Drehzeit?

Inklusion ist ein großes Wort mit einem hehren Anspruch, das sich an der gesellschaftlichen Wirklichkeit mitunter die Zähne ausbeißt. In der Theorie ist ein inklusives, diverses und integratives Miteinander oft gewollt, aber selten erreicht. Wie Inklusion wirklich geht habe ich, ohne große Sonntagsreden und Gedöns, bei den RambaZambas eindrucksvoll erfahren dürfen. Die Arbeit, die Auseinandersetzung mit und bei diesem Theater und ihren großartigen Schauspieler*innen hat mich tatsächlich nachhaltig bereichert – ganz unabhängig wie gut oder weniger gut der Film ist. Und ich bin mittlerweile der festen Überzeugung: Gäbe es mehr von den RambaZambas wäre diese Welt und das Leben auf ihr erheblich besser.

Heiner Müller der große deutsche Dramatiker hat mal über das RambaZamba Theater gesagt: „In einer Welt, in der die alltägliche Geschwindigkeit bestimmt wird durch Computer, Wahrnehmung sich vor allem über elektronische Medien realisiert, setzt die Arbeit von Ramba Zamba auf archaische Äußerungen von Individuen. Dass sie anders sind, ist ihre Qualität im Zeitalter der Nivellierungen.“ Ich finde, da hat er total Recht.


Wie haben Sie die Schauspieler ganz konkret eingebunden in die Dreharbeiten?

Der Ansatzpunkt des Films war nicht, wie in vielen filmischen Auseinandersetzung zum Thema Inklusion, die Behinderung, nicht Trisomie 21, nicht die körperliche wie kognitive Beeinträchtigung, sondern der einzigartige Mensch, das diverse Individuum, das seine Kreativität, seine Vielseitigkeit und Fantasie, seine Ausdrucksfähigkeit und gestalterische Kraft trotz oder vielleicht gerade wegen der Beeinträchtigung zum Leben erweckt. Das wollte ich einerseits erzählen. Und das geht wie ich finde am ehesten und überzeugendsten dadurch, dass ich nicht über die Schauspieler*innen mit Beeinträchtigung erzähle, sondern sie selbst über sich erzählen lasse. Wir haben deshalb den Protagonist*innen kleine Digital-Kameras
über den Zeitraum der Dreharbeiten hinweg gegeben, damit sie selbst die Wirklichkeit, so wie sie sie sehen und wahrnehmen und was ihnen daran und an ihrem Leben wichtig erscheint in bewegte Bilder einfangen können. Denn, davon bin ich fest überzeugt, wenn man einen Film über Inklusion und Partizipation macht, sollte man das auch ernst nehmen und die Schauspieler*innen auch tatsächlich und wirklich daran partizipieren lassen. Andererseits war es mir bei diesem Film auch wichtig den Raum zu erzählen, den ein Theater wie das RambaZamba und die dort arbeitenden Mitarbeiter*innen für diesen Gestaltungsprozess der Menschen mit Beeinträchtigung schaffen, durch den diese Verwirklichung erst möglich gemacht wird. Also, die profane Theaterarbeit, die die Schauspieler*innen und alle daran Beteiligten Tag täglich mit Herzblut, Ausdauer, Leidenschaft und viel Energie vollbringen. Aber auch das wollte ich nicht kommentieren oder mit Interviews anreichern, sondern ich versuche mit Hilfe der reinen Beobachtung zu erreichen, dass sich dieses Theater aus sich selbst heraus erzählt.

Foto:
©Verleih

Info: 
Stab

Buch, Regie, Kamera: | Sobo Swobodnik

Besetzung
Eva Fuchs, Mario Gaulke, Juliana Götze, Moritz Höhne, Hans-Harald Janke, Anil
Merickan, Hieu Pham, Zora Schemm, Jonas Sippel, Sebastian Urbanski, Nele
Winkler, Artemis Chalkidou, Almut Zilcher, Vicki Steinmüller, Ignacio Jarquin, Beatrix
Brandler, Sabina Moe, Angel Montes Cledera, Roberta Pupotto, Steffen Sünkel, Sara
Lu, Jacob Höhne u.v.a

Abdruck aus dem Presseheft

Kerstin Heidecke ist Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Lebenshilfe