INFLATION 1923. Krieg. Geld. Trauma bis 10. September im Historischen Museum Frankfurt, Teil 7
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Diesmal wollen wir nicht im Nachhinein einen Film rezensieren, sondern schon ihn vorher ankündigen, denn obwohl die Reihe, die das Kino des Deutsche Filminstitut und Filmmuseum zur oben genannten Ausstellung dankenswerter Weise anbietet, gut besetzt ist, sind noch einige Plätze frei. Also hin! Man hat was davon! Originale Klaviermusik auch.
Auch dieser Stummfilm ist aus dem Inflationsjahr 1923! Regisseur ist Reinhold Schünzel, der mir sehr vertraut ist, den aber viele heute nicht mehr kennen. Er war einer der meistbeschäftigten Wiener Regisseure, ist aber schon in diesen Jahren nach Hollywood gegangen. . Daß Emil Jannings die Hauptrolle spielte, machte den Film gleich attraktiv. Schon die Überschrift deutet ja an, daß hier etwas passieren wird, was vielleicht nicht in Ordnung ist, nicht gewollt wird, eigentlich, aber wegen des Geldes passiert. Mal seh’n, ob’s stimmt.
Wir befinden uns nach dem Ersten Weltkrieg, der zwar das Kriegsgeschehen beendete, aber das Elend nicht. Kriegszeiten und Nachkriegszeiten sind immer die Zeiten für Kriegsgewinnler, für die, die windige Geschäfte machen und am Elend anderer reich werden. Ein solcher ist der Fleischermeister Rupp (Emil Jannings), der vom kleinen Metzger, Fleischer, Fleischermeister, je nach Region, zu einem Großindustriellen aufgestiegen ist, aber die Not der kleinen Leute nicht vergessen hat. Das ist doch interessant. Während die Bildenden Kunst den ökonomischen Raffke deutlich abbildet und die Literatur das auch tut, haben wir hier schon den zweiten Großindustriellen – nach dem Herrn Raffke vom Film der Woche zuvor - , der ein soziales Herz hat. Bei Rupp heißt das konkret, daß er für eine Suppenküche für Bedürftige spendet. Natürlich ißt er dort nicht mit, sondern speist exzellent, wie er auch seiner Familie, insbesondere seinem verwöhnten Sohn Fred (Ulrich Bettac) alles mögliche bietet, dem zum Beispiel finanziert er dessen anspruchsvollen und teuren Autorennsport.
Die Umkehrung der Verhältnisse führt dazu, daß auf der Gegenseite die ehemals Reichen verarmen. Das gilt vor allem für den Adel, der ja nur aufgrund seiner Privilegien reich geblieben war, aber keinen Mehrwert mehr schuf. Viele von ihnen verarmen dramatisch und daß es Henry von Platen (Walter Rilla) nicht schlechter geht, hat mit dessen Erfindungsgeist zu tun und daß er in einem Varieté den Elektriker gibt. Er ist mit Asta (Dagny Servaes) verlobt, die eine kranke Mutter (Hedwig von Winterstein) hat und jede Menge Sorgen um die jüngeren Geschwister. Und nun fällt der alte Rupp aus der Rolle. Heute würde man Metoo rufen, aber auch damals gab es Ritter, die jungen Damen, die unter Druck durch aufdringliche Männer gerieten, einfach halfen. Als Rupp gegenüber einer jungen Tänzerin übergriffig wird, greift Henry ein, was der Tänzerin hilft, aber ihm die Entlassung beschert.
Was tun, wenn das Geld fehlt. Dann verkaufen, was man hat und was Geld bringt. Für Asta ist das der Familienschmuck. Doch der Juwelier will die Notsituation ausnutzen und einfach zu wenig bezahlen. Davon hört der aufmerksame Rupp, der sich noch immer über den Gentleman Henry ärgert und dem dessen Verlobte Asta selber gefällt. Er bietet ihr an, den Schmuck zu kaufen und umgarnt, verwöhnt sie. Henry ist darüber empört, von Rupp erwartet er nichts anderes, von Asta schon. Er löst die Verlobung.
Warum sich Rupp bei Asta nicht stärker eingenistet hat, versteht man nicht, auf jeden Fall ist das Geld verbraucht und sie wendet sich erneut an Rupp. Der will sie als Verlobte, was soll sie machen? Sie sagt ja, zumal Henry selber zu kämpfen hat. Doch dann wendet sich sein Schicksal, er kann seine Erfindung, sein Patent angemessen verkaufen.
Doch dann geht’s rund. Rupp und Henry treffen aufeinander. Krise. Wie ? Was? Gab’s das denn noch in der Weimarer Republik, in der wir uns befinden? Auf jeden Fall gibt es ein Duell zwischen beiden. Der ausgemachte Schwindel, den Rupp mit seinem Sohn ausmacht, daß der Wendige nämlich für ihn das Duell austrägt, fällt Rupp auf die Füße, als ihm dämmert, daß er seinen Sohn damit auch gefährdet. Er eilt zum Duell, das nun ausfällt.
Das erklärt der junge Rupp seiner potentiellen Stiefmutter, wobei er bemerkt, wie sehr sie noch an ihrem Exverlobten Henry hängt und ihr deswegen untersagt, seinen Vater zu heiraten. Der kommt hinzu und versteht alles falsch, weil er seinen Sohn verdächtigt, ihm Asta auszuspannen. Was für eine Geschichte! Und wie durchsichtig! Denn jetzt wird der junge Rupp vom Alten rausgeworfen, findet aber eine Stelle. Bei wem? Natürlich bei Henry! Jetzt kommt es dicke. Aus dem netten fetten alten Rupp ist ein Fiesling geworden, der das angesagte Autorennen untergräbt, in dem er einem Verbrecher Geld dafür gibt, daß der Wagen von Henry beim Autorennen verunglückt. Doch in dem Wagen sitzt sein eigener Sohn! Tot. Nun wird der Alte des Mordes angeklagt, aber dann ist das Schicksal oder hier das Drehbuch gnädig und der eigentliche Verbrecher, der das Auto manipuliert hatte, wird entlarvt. Der alte Rupp darf nach Hause, aber sein Sohn ist tot und daß nun Henry und Asta sich langsam wieder aufeinander zu bewegen, kann für Rupp nicht wettmachen, daß sein Sohn tot ist.
Was hier umständlich klingt, hat die Zuschauer und die Kritik begeistert. Mal sehen, wie das Kinopublikum in Frankfurt darauf reagiert.
Info:ALLES FÜR GELD
Stab
Regie Reinhold Schünzel
Drehbuch Hanns Kräly, Rudolf Stratz
Kamera Alfred Hansen Ludwig Lippert
Darsteller
Emil Jannings S. I. Rupp
Ulrich Bettac Fred Rupp, sein Sohn
Walter Rilla Henry von Platen
Hedwig von Winterstein Astas Mutter
Martin Herzberg Hans
Ursula Nest Egede
Curt Goetz Graf Erhardt
Paul Biensfeldt Kammerdiener Pitt
Dagny Servaes Asta von Laar
Maria Kamradek CissyProduktionsfirma
Emil Jannings-Film GmbH (Berlin)Produzent Emil Jannings
Paul Davidson (Gesamtleitung)