Interview mit Cécile de France

Paris (Weltexpresso) - Wie fanden Sie das Drehbuch von IM HERZEN JUNG, als Sie es erstmals gelesen haben?

CÉCILE DE FRANCE: Dass es höchste Zeit ist, dem Publikum eine Liebesgeschichte wie diese zu erzählen, zwischen einer älteren Frau und einem jüngeren Mann.

Warum gibt es so lange schon Filme über ältere Männer, die sich in jüngere Frauen verlieben – und nicht andersherum?

CÉCILE DE FRANCE: Wenn ich ein Filmprojekt auswähle, denke ich immer an das Publikum, das von Geschichten gepackt werden will, die einen Nachhall bei ihnen und ihrem Leben haben. Wie Homosexuelle, die lange warten mussten, bis sie sich bewegt fühlen durften von einem Film, der ihnen aus der Seele spricht, ohne dass sie mentale und emotionale Turnübungen absolvieren mussten, um sich in die gezeigten Figuren hineinzufühlen. Zusätzlich zu diesem humanistischen Aspekt kommt noch, dass das Drehbuch einfach wunderbar ist. Ich entdeckte Carines Welt aufs Neue, die ich so sehr mag, wenn sie sich mit den Beziehungen zwischen Eltern und Kindern und zwischen Freunden befasst. Und dann hat man bei allen ihren Figuren, auch den Nebenfiguren, den Eindruck, dass es sich um Menschen aus Fleisch und Blut handelt. 

Zögerten Sie, in diesem Film eine Nebenrolle zu übernehmen?

CÉCILE DE FRANCE: Überhaupt nicht. Jeanne ist eine wunderbare Figur. Sie zu spielen, war sehr erfüllend, weil jede ihrer Szenen dramaturgisch sehr intensiv ist und eine große Bandbreite an Emotionen durchspielt, die eine Frau empfindet, wenn sie betrogen wird.

Wie sehen Sie die Beziehung mit Pierre, bevor er Shauna erstmals trifft und sich alles ändert?

CÉCILE DE FRANCE: Sie sind ein Paar, das gemeinsam etwas Schlimmes durchgemacht hat, das sie zwar erschüttert, aber auch ganz eng aneinandergebunden hat. Ein Paar, das sich selbst nie in Frage gestellt hat. 

Wie bewerten Sie die Szene, als Jeanne in Gelächter ausbricht, nachdem sie erfährt, wie alt Pierres Liebhaberin ist?

CÉCILE DE FRANCE: Sie reagiert so, wie man es in unserer patriarchalischen Gesellschaft gewohnt ist. Wir haben doch alle gelernt, es unmöglich zu finden, sich in eine ältere Frau zu verlieben. Weil man so etwas nie oder nur sehr selten dargestellt sieht in unserer kollektiven Imagination, in Filmen, in der Literatur oder anderen Kunstformen. Unser emotionales Gehirn ist nicht auf diese Weise geformt, also erscheint es uns ganz normal, darüber lachen zu müssen. Aber die Mentalität ändert sich, welch eine Befreiung!

Verstehen Sie die Entwicklung Ihrer Figur, die schließlich anfängt, die Beziehung zwischen Pierre und Shauna zu akzeptieren?

CÉCILE DE FRANCE: Ich liebe es, wie Melvil dieses Gefühl der Liebe interpretiert, diese Momente, wenn sein Gesicht förmlich aufleuchtet, wenn er seine Seele und seinen Körper aufgibt. Das ist wunderbar. 

Was halten Sie von dem fertigen Film?

CÉCILE DE FRANCE: Ich denke, am meisten berührt mich an diesem Film die Zartheit, mit der Carine ihre Schauspieler filmt, der feine Blick von Kamerafrau Elin Kirschfink, die Nähe, die wir für alle Figuren empfinden, die Dialogzeilen, an die wir uns erinnern wollen. Und das Bedürfnis, sich zu verlieben: Der Film erinnert uns, dass es egal ist, wie alt wir sind, das Gefühl der Liebe ist universell und lässt uns alle lebendig fühlen!

Foto: 
Cécile de France, Melvil Poupaud
©Verleih

Info:
Besetzung & Stab

Shauna Loszinsky FANNY ARDANT
Pierre Escande MELVIL POUPAUD
Jeanne Escande CÉCILE DE FRANCE
Cécilia FLORENCE LOIRET-CAILLE
Georges SHARIF ANDOURA
Rosalie Escande SARAH HENOCHSBERG
Marcel Escande MARTIN LAURENT
Adèle OLENKA ILUNGA
Dr. Aïssa Sissoko MANDA TOURÉ
Martha Flores JULIA GÓMEZ

Regie    CARINE TARDIEU

Drehbuch     AGNÈS DE SACY, CARINE TARDIEU, SÓLVEIG ANSPACH

TECHNISCHE DATEN

Frankreich, Belgien 2021

Lauflänge: 112 Min.

Abdruck aus dem Presseheft