Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 17. August 2023, Teil 2
Margarete Frühling
München (Weltexpresso) – Der knapp zehnjährige Finn (Miran Selcuk) will eigentlich in den Ferien zusammen mit seinem Vater (Ekrem Bora) auf eine Paddeltour gehen. Doch dann bekommt der mit seinem neuen Catering-Service einen großen Auftrag und schickt ihn zur entschlossen zu seiner Exfrau, die mit ihrem neuen Freund in Berlin lebt. Aber eigentlich hat seine Mutter ganz andere Pläne. Trotzdem liefert der Vater Finn in Neustrelitz am Bahnhof ab, wo er zum ersten Mal allein in einem Zug nach Berlin fahren soll, wo ihn seine Mutter dann am Bahnhof abholt.
Doch dann setzt sich im Zug ein unangenehmer Fremder (Joachim Foerster) zu ihm, der ihn nicht in Ruhe lassen will. Als der dann endlich ausgestiegen ist, merkt der Junge, dass ihm sein Rucksack mit Fahrkarte, Geld, Handy und seinem wichtigen Fotoalbum geklaut worden ist. Dummerweise glaubt die Schaffnerin (Mirja Boes) Finn kein Wort, sondern wirft ihn an der nächsten Haltestelle aus dem Zug und übergibt ihn den herbeigerufenen Polizisten Hase (Gisa Flake) und Fuchs (Heiko Pinkowski). Finn fühlt sich schrecklich allein und unverstanden.
Doch dann gerät das Polizeifahrzeug auf dem Weg zum Revier in einen Unfall mit einem Lieferfahrzeug. Im anderen Unfallfahrzeug sitzt die ein Jahr ältere Jola (Lotte Engels). Da bei dem Chaos nach dem Unfall die Polizei nicht auf ihn achtet, fragt ihn das abenteuerlustige Mädchen, ob er nicht mit ihr zusammen abhauen will, denn Jola will unbedingt zum ersten Mal das Meer sehen.
Auch wenn der verträumte Junge etwas ängstlich ist, entschließt er sich Jola zu folgen. So beginnt für die beiden Kinder eine abenteuerliche Reise an die Ostsee, die damit beginnt, dass sie eine klapprigen Traktor auf einen Bauernhof kapern. Danach erleben sie noch weitere Abenteuer bei denen sie im Freien übernachten, eine Sexshop besitzende Drag-Queen, einen verklemmten Tankstellenwart oder ein hilfsbereites Nudistenpärchen treffen, einem Wolf begegnen, immer wieder der Polizei entkommen und eine dreiste Rockerbande um einen geheimnisvollen Hackmack verfolgen. Bei all den Abenteuern werden Jola und Finn nicht nur Finns Rucksack zurückerobern und ihren Weg an die Ostsee immer weiter verfolgen, sondern auch die besten Freunde werden…
Das märchenhaft-abenteuerliches Roadmovie ″Kannawoniwasein!″ für Kinder beruht auf dem ersten Roman Kannawoniwasein! Manchmal muss man einfach verduften (2018) der Buchreihe von Martin Muser. Es gibt mit Kannawoniwasein! Manchmal fliegt einem alles um die Ohren (2019) und Kannawoniwasein! Manchmal kriegt man einfach die Krise. (2020) noch zwei weitere Bücher.
Regisseur des Abenteuer für Kinder ist Stefan Westerwelle nach dem Drehbuch von Stefan Westerwelle, Adrian Bickenbach und Klaus Döring.
Der Film ist ein typisches Roadmovie, bei dem es zwar auch darum geht, dass man irgendwann am Ziel ankommt, aber das was unterwegs passiert und welche Entwicklungen die Protagonisten durchmachen ist mindestens genauso wichtig. Das erreicht der Regisseur in dem Film auf jeden Fall, denn er erzählt von einem abenteuerlichen Roadtrip, in dem Chaos, Spaß und Anarchie zu sehen sind, aber genauso wichtig sind die positiven Botschaften wie Freundschaft, kindliche Neugier und das Entwickeln von Selbstbewusstsein mit genauen Blick und auf Augenhöhe für die kindliche Zielgruppe der Komödie.
Denn Finn und Jola versuchen zwar auf ihrem Weg zum Meer den dreisten Dieb Heiko und Finns Rucksack zu finden. Auch wenn Finn und Jola ein fantastisches Abenteuer mit vielen skurrilen Gestalten erleben, geht es vor allem darum, welche Erfahrungen die beiden Kinder unterwegs machen, wie sie die verarbeiten, wie sie dadurch langsam zu einem Team zusammenwachsen und wie vor allem Finn dadurch an Stärke und Mut gewinnt aber trotzdem der wohlerzogene Junge bleibt.
Sowohl Lotte Engels als auch Miran Selcuk überzeugen als Jola und Finn, dabei ist Lotte Engels Jola immer die treibende Kraft. Sie ist selbstbewusst, vorlaut, nicht auf den Mund gefallen und immer mutig. Dadurch reißt sie auch den braven Finn aus seiner Lethargie, so dass er bereit ist, etwas zu wagen und dadurch auch etwas Neues zu erleben.
Die Erwachsenen werden manchmal etwas übertrieben dargestellt, besonders die beiden Polizisten Hase (Gisa Flake) und Fuchs (Heiko Pinkowski) gehen dem Zuschauer durch etwas auf die Nerven. Aber das mag auch nur die Sicht eines Erwachsenen sein, Kinder sehen die beiden Charaktere möglicherweise sehr viel lustiger.
Die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) vergibt das Prädikat ″besonders wertvoll″, denn dem Regisseur Stefan Westerwelle und seinem Team ist ein bemerkenswerter Kinderfilm und zudem Roadmovie gelungen, bei dem hervorragend die Perspektive der Kinder eingenommen worden ist. Von der FBW Jugend Filmjury erhielt ″Kannawoniwasein!″ 3,5 von 5 Sternen, da hier eine Geschichte von Kindern erzählt wird, die ein tolles Abenteuer erleben, wie man es als Kind gerne selbst erleben möchte. Die Jury empfiehlt den Film ab 7 Jahren.
Insgesamt ist ″Kannawoniwasein!″ ein spannendes und liebevoll gemachtes Road-Movie für jüngere Kinder, die in den beiden jungen Hauptcharakteren starke Identifikationsfiguren finden können. Ältere Kinder und Jugendliche werden sich möglicherweise weniger angesprochen fühlen.
Foto 1: Jola (Lotte Engels) und Finn (Miran Selcuk) hauen mit einem Traktor ab. © Lieblingsfilm, SadOrigami
Foto 2: Die Schaffnerin (Mirja Boes) glaubt Finn (Miran Selcuk) nicht, dass er von einem fiesen Rocker beklaut wurde und deshalb keine Fahrkarte hat. © Lieblingsfilm, SadOrigami
Foto 3: Die Rockerbande um Hackmack (Leslie Malton) und Heiko (Joachim Foerster) mischt auch mit. © Lieblingsfilm, SadOrigami
Info:
Kannawoniwasein! (Deutschland 2023)
Genre: Komödie, Abenteuer, Jugendroman-Verfilmung, Jugendfilm
Filmlänge: 94 Minuten
Regie: Stefan Westerwelle
Drehbuch: Stefan Westerwelle; Adrian Bickenbach; Klaus Döring nach der Buchvorlage Kannawoniwasein! Manchmal muss man einfach verduften (2018) von Martin Muser
Darsteller: Lotte Engels, Miran Selcuk, Ekrem Bora, Gisa Flake, Heiko Pinkowski, Joachim Foerster, Mirja Boes, Leslie Malton, Felix von Manteuffel, Florian von Manteuffel, Sarina Radomski, Tim Gailus, Ades Zabel, Anna Mateur, Tristan Göbel, Anna Bergmann, Mathias Harrebye-Brandt, Judith Schäfer, René Schwittay u.a.
Verleih: Weltkino
FSK: ab 6 Jahren
Kinostart: 17.08.2023