nonnenSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 28. September 2023, Teil 11

Redaktion

Paris (Weltexpresso)Toll, dass bei so vielen Charakteren alle ihren Stellenwert haben und keine untergeht. War das schon beim Schreiben so angelegt? 


Im Grunde genommen beim Schreiben, beim Drehen und beim Schnitt. Das heißt, es gab Schnittversionen, bei denen einige unserer Nonnen weniger präsent waren als andere oder im Gegenteil etwas zu viel Gewicht erhielten. Es ging darum, das Gleichgewicht auszutarieren, denn solche Schauspielerinnen bieten bei den Dreharbeiten wahnsinnig viel.  Mit dem ganzen Material könnte ich einen dreistündigen Film herstellen. Aber natürlich musste ich eine Auswahl treffen. Wenn ich Studenten unterrichte oder eine Masterclass abhalte, sage ich immer, dass das Leben Eingang in den Film finden muss. Das ist ganz wichtig. Als ich 1999 meinen ersten Kurzfilm DE SOURCE SÛRE drehte, schlug mir einer der Schauspieler vor, einen Witz hinzuzufügen, den ich nicht so lustig fand. Da er daran hing und die Sache den Film nicht verfälschte, drehte ich die Szene und behielt sie im Schnitt bei. Und schließlich war es der Witz und die Szene, die die Zuschauer am meisten zum Lachen brachten, genau die Stelle hatten sie sich gemerkt. Ich habe daraus gelernt, dass man am Set auf das hören muss, was die Schauspieler vorschlagen. In meinen Filmen achte ich auf eine sehr genaue Struktur. Sie die ist für eine Komödie notwendig. Das gibt meinen Schauspielern Vertrauen und gleichzeitig die Freiheit, Dinge auszuprobieren. 

Lassen Sie uns auch über Ihre Schauspieler reden, angefangen mit François Morel, der Monsieur Pierre, den Trainer des Radsportteams, verkörpert?

François kenne ich von LE DISCOURS. Wir treffen uns oft, um über gemeinsame Projekte nachzudenken. Für DAS NONNENRENNEN rief ich ihn an und sagte: „Hör mal, in meinem nächsten Film gibt es zwei männliche Rollen: einen Trainer und einen Priester. Wen möchtest du darstellen?". Zuerst fand er es lustig, den Priester zu spielen, aber schließlich entschied er sich für die andere Rolle. Der Priester wurde also von Jean-Michel Lahmi verkörpert, der in allen meinen Filmen mitspielt! Er ist der treueste der Treuen

Es soll ein ziemlich turbulenter Dreh gewesen sein wegen Corona. 

Nachdem ich das Drehbuch im Dezember 2019 in den Händen hatte und es mir sehr gefiel, habe ich es mit Cécile und Philippe ein wenig überarbeitet, um im Sommer/Herbst 2020 zu drehen. Wir wissen alle, was damals passiert ist, und wie viele andere dachten wir, dass sich alles bald wieder einrenken würde. Wir verschoben die Dreharbeiten also erst einmal und entschieden uns schließlich beim zweiten Lockdown, im Frühjahr 2021 loszulegen. Die Bedingungen waren ziemlich schwierig, da wir die gesundheitlichen Sicherheitsmaßnahmen sehr strikt einhalten wollten. Wir konnten es uns nicht leisten, wegen Corona die Arbeit unterbrechen zu müssen. Sidse stand uns nur einen Monat lang zur Verfügung, da sie gleichzeitig von Januar bis September die vierte Staffel von BORGEN drehte. Netflix war sehr kooperativ, pochte aber auf konkrete Terminabsprachen für DAS NONNENRENNEN. Hätte es irgendwelche Probleme gegeben oder einen Verzug in der Arbeit, wäre das eine Katastrophe gewesen, da Sidse bis zum Ende des Jahres nicht mehr verfügbar war. Ein Alptraum! Kurzum, ich erinnere mich, dass ich jeden Drehtag mit einem Kloß im Hals aufstand und betete, dass niemand krank wurde.

Wie haben Sie trotz dieser schrecklichen Bedingungen den Drehplan durchgezogen?   

Wir haben zunächst alle Innenaufnahmen in einem Studio in der Nähe von Paris gedreht und anschließend die Außenaufnahmen im Jura. Wir haben gehofft, dass das Wetter in dieser Region im April drei Wochen lang gut sein würde! Ich erinnere mich an unsere Ankunft an einem Sonntagabend, wo es wie aus Kübeln schüttete. Am nächsten Tag klärte sich der Himmel auf und die Sonne schien die nächsten drei Wochen, für die Leute dort eine totale Überraschung. So was hatte es vorher nie gegeben. In der letzten Woche wurde uns prophezeit, es würde am Freitag wieder regnen ohne Aussicht auf Besserung. Also beschleunigten wir die Dreharbeiten, um am Donnerstag fertig zu werden, und tatsächlich goss es am Freitag in Strömen.

Wo fanden Sie dieses wunderschöne Kloster?

Größtenteils in Baume-les-Messieurs, einem wunderschönen Dorf im Jura. Was Sie von außen am Kloster sehen, ist eigentlich nur der sehr kleine Teil eines riesigen Komplexes, der sich mitten in den Bergen befindet. Ein herrlicher Ort. Für die Fahrradszenen hatte ich bereits im Vorfeld die umliegenden Straßen ausgekundschaftet, indem ich in meinem Auto mit Landkarten durch die Gegend fuhr - ganz altmodisch! Bei dieser Gelegenheit habe ich übrigens auch andere Teile meines idealen Klosters gefunden, insbesondere den Eingang und die Kapelle, die sich in einem anderen Dorf in Toulouse-le-Château befinden. Mein Ausstattungschef zweifelte, ob wir das Ganze zu einer optischen Einheit verbinden konnten, aber am Ende funktioniert es sehr gut. Das ist die Magie, das kleine Wunder des Kinos! 

„Kleines Wunder“ ist wieder ein fast religiöser Begriff: Wie stehen Sie zum Glauben?

Ich bin überhaupt nicht religiös. Wenn man mich fragt, ob ich an Gott glaube, antworte ich mit "ja", aber ich weise darauf hin, dass ich nicht an Religion glaube. Allerdings ist man in einem künstlerischen Beruf manchmal sehr nahe an der Mystik. Man muss den Glauben haben, man hinterfragt ständig die Idee vom Sinn des Lebens. Wenn ich mir meine Nonnen anschaue, sehe ich etwas ziemlich Rührendes und Bewundernswertes. Ich habe viele Dokumentationen über solche Nonnengemeinschaften gesichtet und dort Menschen beobachtet, die überhaupt nicht streng waren, sondern sich durch große Fantasie hervortaten.

Zum Schluss noch ein Wort zur Musik von DAS NONNENRENNEN. Erneut arbeiteten Sie mit Mathieu Lamboley zusammen.

Es ist unsere dritte Zusammenarbeit. Wir haben eine etwas eigenwillige Arbeitsmethode, beginnen schon sehr früh im Vorfeld der Dreharbeiten. Bei DIE RÜCKKEHR DES HELDEN war der Ausgangspunkt die Idee eines barocken Westerns, irgendwo angesiedelt zwischen Ennio Morricone und BARRY LYNDON. Bei DAS NONNENRENNEN bemerkte ich schnell die Fallstricke, die uns gefährlich werden konnten. Angesichts all dieser Frauen mit ihren starken Persönlichkeiten kam mir Almodovar in den Sinn. Das brachte uns auf die Idee mit dem Flamenco, für Mathieu Grundlage für seine Arbeit. Er lieferte mir das Hauptthema vor Beginn der Dreharbeiten. Sobald die Cutterin Anne-Sophie Bion die Arbeit an einer Szene beendet hatte, schickte sie ihm das Ergebnis und in 48 Stunden erhielten wir von Mathieu seine Musik. Es ist äußerst selten und sehr toll, so arbeiten zu können.


Foto:
©Verleih


Info:

BESETZUNG
Mutter Oberin Véronique Valérie Bonneton
Schwester Augustine Camille Chamoux
Schwester Bernadette Claire Nadeau
Schwester Béatrice Guilaine Londez
Mutter Oberin Joséphine Sidse Babett Knudsen
Praktikantin Gwendoline Louise Malek
Monsieur Pierre François Morel
Vater Abbé Jean-Michel Lahmi


Stab
Regie Laurent Tirard
Drehbuch Cécile Larripa, Philippe Pinel und Laurent Tirard

Abdruck aus dem Presseheft