Serie: Die angelaufenen Filme in deutschen Kinos vom 15. Mai, Teil 3

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Kaum zu glauben, wie viele „große“ Filme am heutigen Donnerstag anlaufen. Das gilt zuvörderst für den Film über die ehemalige amerikanische Schauspielerin Grace Kelly, die mit ihrer Heirat mit Rainier III. als Gracia Patricia von Monaco in die europäische Fürstengeschichte einging und einen festen Platz in den Bunten Blättern erhielt.

 

GRACE OF MONACO

Der Film machte schon vorab Schlagzeilen durch drei Aufreger. Er war der Eröffnungsfilm der Filmfestspiele von Cannes, die gestern Abend begannen. Die monegassische Fürstenfamilie, Cannes unmittelbar benachbart, erklärte, daß sie aus Protest dieses Mal der Eröffnung fernbleibe. Die Darstellung der Fürstin Gracia als Grace entspreche nicht ihrer Person und sei ihrem Gedenken abträglich. Zudem habe Regisseur Olivier Dahan familiäre Sachverhalte falsch dargestellt, manche einfach erfunden? Der Verleiher auf dem amerikanischen Markt, finanziell einfach der wichtigste, Harvey Weinstein bekrittelt die Schnittfassung, die ihm zu sehr auf die europäischen Zuschauer und Interessen zugeschnitten ist. Eine folgerichtige Entscheidung des deutschen Verleihers war es dann, diesen Film direkt nach der Eröffnung von Cannes in die deutschen Kinos zu bringen.Wie auch Italien und Frankreich.

Der Film selbst ist keine Aufregungen wert und man kann zu ihm mindestens drei Meinungen haben. Er spiegelt das Leben einer europäischen Fürstin im 20. Jahrhundert in einem zugespitzten persönlichen und politischen Konflikt in bunten Bildern, schönen Kostümen und kleinen und größeren Intrigen. Einerseits. Andererseits wirkt der Film wie die Bewegung von Fotos, die man damals verstärkt in diesen Bunten Blättern oder auch der Bildzeitung sehen konnte. Das langweilt. Eine dritte Sicht ist die als Heiligenlegende. In einer Szene sehen wir die Monarchin, wie sie zu Fuß und alleine einen Obstkorb zu den französischen Soldaten bringt, die Monacos Landesgrenze blockieren, und die Früchte unter ihnen verteilt, wie weiland die Heilige Elisabeth von Thüringen das Brot an die Armen. Herausgegriffen aus dem Leben des Hollywoodstars Grace Kelly, deren Markenzeichen die kühle blonde Schönheit war, was sie zu einem begehrten Objekt (Über den Dächern von Nizza) für Alfred Hitchcock gemacht hatte, herausgegriffen wird ein einziges Jahr: 1962.

Da ist sie (Nicole Kidman, die schon als Typ durchaus eine Grace Kelly sein kann und diese einerseits schüchtern, etwas kleinmädchenhaft und mit bleichem Gesicht außerordentlich starr, andererseits durchaus glaubwürdig verkörpert) seit 6 Jahren mit Rainier verheiratet, für den sie ihre Hollywoodkarriere aufgab, hat mit ihm zwei Kinder, aber fühlt sich in ihrer neuen Rolle nicht ausgefüllt. Weder ist sie Landesmutter noch eine glückliche Ehefrau. Deshalb interessiert sie das Angebot ihres Besuchers Hitchcock, der sie als Marnie im gleichnamigen Film besetzen möchte. Aber ihre Haltung ist in etwa die des Karl Valentin: „Mögen hätt ich schon wollen, aber dürfen habe ich mich nicht getraut.“

Schließlich ist der Fürst (Tim Roth als Rainier wirkt sehr nett, selbst wenn er sich patriarchalisch verhält) dagegen, was Grace länger glaubt, überwinden zu können. Doch dann kommt die große Politik ins Spiel. Monaco ist ein begehrtes Steuerparadies, denn sie erheben keine. Der französische Staatspräsident de Gaulle, in dessen Territorium Monaco liegt, erhebt Anspruch auf Abgaben aus diesem Spielerparadies, denn vom Casino leben die Monegassen, die auch keine Steuer zahlen. Andernfalls marschiere er ein, mache Monaco zu Frankreich. Uns haben alleine diese Szenen Spaß gemacht, die uns die große Politik im Kinderzimmer der Fürstenfamilie zeigt. Beteiligt sind daran nur Männer! Sie rauchen und trinken und schwadronieren, mit welchen Mitteln sie de Gaulle in die Schranken weisen wollen.

Der nun sitzt die ganze Zeit hoheitsvoll in Paris. Das hat schon klamottige Züge, aber ist wenigstens lustig. So was wie Humor oder gar Ironie, wie ein amerikanisches Mädchen nun als Hausherrin auf dem Schloß ihre demokratischen Ideale verwirklichen will, das gibt es leider überhaupt nicht. Stattdessen eine Einführung für Gracia und den Zuschauer, wie schlechthin aufreibend und arbeitsintensiv so ein Job ist, zu dem sich Gracia unter Aufgabe ihrer Filmpläne schließlich versteht: sie will ihren Mann lieben, sie lernt Französisch, sie studiert die Hofetikette, lernt schreiten und würdig blicken, arrogant oder gelassen zu wirken. Ein Etikettenlehrling, der Meisterin wird. Das hilft ihr dann alles, bei dem von ihr veranstalteten Bankettball zu Gunsten des Roten Kreuzes, zu dem tatsächlich unter dem Gesang der Freundin Maria Callas die Großen der Welt kommen. Auch de Gaulle. Der gibt nach ihrer so naiven wie auf die moralischen Tränendrüsen drückenden Ansprache seine Besetzungspläne auf, real dann tatsächlich 1963. Die Fürstin hat Monaco gerettet. Und nun wird sie geliebt. Eine nette Operette.Operette.

Nur langsamer Autofahren über die Mittelmeerküste wird sie nicht. Wir sehen sie in ihrem Sportwagen rasen, weil sie ihre Wut über eine unangemessene Würdigung durch den örtlichen Adel an der Fahrweise und Geschwindigkeit ausläßt. Ein Wink mit dem Porsche sozusagen, mit dem sie zwanzig Jahre später tödlich verunglückt.

P.S. Der Titel macht ungewollt den Konflikt, in dem sich Gracia von Monaco befindet deutlich. Denn entweder war sie Grace of Hollywood oder Gracia of Monaco. Aber die Amerikaner gönnen ihr noch nicht einmal ihren neuen Namen.