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Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 19. Oktober 2023, Teil 4

Redaktion

München (Weltexpresso) – Wer ist Ingeborg Bachmann für Sie? Waren Sie mit ihr und ihrem Werk schon vor der Arbeit an INGEBORG BACHMANN – REISE IN DIE WÜSTE vertraut?


Ingeborg Bachmann ist für mich eine der größten Poetinnen aller Zeiten. Ja, ich war natürlich schon mit ihrem Werk vertraut, aber außer dem Paul Celan-Briefwechsel war mir nichts über ihr Privatleben bekannt. Es war erschreckend zu erkennen, dass sie so sehr leiden musste, um frei sein zu können und wie ihr Glaube an die Liebe so zerrissen wurde.

Bildschirmfoto 2023 10 20 um 02.41.08Was hat Ihnen an dem Projekt gefallen? Was hat Sie gereizt? Warum wollten Sie dabei sein?

Ich habe das Drehbuch von Simone Bär geschickt bekommen und es hat mich richtig überrascht. Es war sehr gut. Es war leicht, es war jung, es wollte etwas erzählen. Etwas, das auch in meiner Brust wohnte. Daraufhin schrieb ich Margarethe einen persönlichen Brief, in dem ich ihr dieses Gefühl von Verbindung zu dem Buch erzählte und wie gerne ich mit ihr arbeiten möchte.

Fiel es Ihnen leicht in die Rolle zu schlüpfen? Wie haben Sie sich vorbereitet? Wie wichtig war es Ihnen, der realen Ingeborg Bachmann zu entsprechen?

Ich mag diese Fragen nach dem „reinschlüpfen“ überhaupt nicht. Es scheint für Außenstehende das Interessante an meiner Arbeit zu sein. Dabei ist der Teil total langweilig. Das sind lediglich die Hausaufgaben. Wenn ich Sie frage, wieviel Spaß Ihnen das Hausaufgaben machen gemacht hat als Kind, werden Sie auch nicht in Freudenschreie ausbrechen. Es geht genau um alles andere. Um das, was danach kommt. Wie mutig ich war, dem Stift blind und dunkel zu folgen – wie sehr habe ich mich getraut eben NICHT an die Hausaufgabe zu denken – wie sehr habe ich mich getraut ins Ungewisse zu wandern – zu lauschen und zu schauen. Im Moment sein, ist das Einzige, was zählt beim Schauspiel. Die Zusammenarbeit mit Regie, Licht, Kamera, Ton, das Kostüm, die Möbel und die Kollegen – das ist alles lebendig und das will alles mit dir dialogisieren, und dazu muss man still sein und eben NICHT an Hausaufgaben denken.

Wie war die Arbeit mit Ronald Zehrfeld? Was macht ihn als Schauspielpartner spannend?

Ronald Zehrfeld war vor allem eins: unerwartet. Und genau das ist es eben, was es ausmacht. Weil ich dann neugierig bin. Neugierig auf das Andere. Ich hätte mir Max Frisch immer viel schwächer vorgestellt – viel verklemmter und verhaltener. Aber ab dem ersten Tag, als wir bei Simone Bär und Alexandra Montag am Tisch saßen, war mir klar, dass es passt. Margarethe hatte von Anfang an diese Vision und hat damit recht behalten – finde ich! Von da an war es eine Freude und ein Spaziergang mit ihm zu „arbeiten“, oder, wie ich es immer gerne nenne: zu tanzen.


Wie haben Sie die Arbeit mit Margarethe von Trotta erlebt? Wie würden Sie sie als Regisseurin beschreiben? Was zeichnet sie aus?

Margarethe und ich sind zwei Frauen, die dasselbe bewegt – und wir konnten in dieser Arbeit über eine Generation hinweg miteinander kommunizieren. Das war unglaublich spannend. Und auch erfüllend. Zu sehen, dass gewisse Themen gleich bleiben über die Zeiten hinweg. Und gerade bei diesem Thema – die Befreiung der Frau – zu sehen, dass wir Frauen alle an einem Strang ziehen – es nur viel zu oft vergessen wird, dass wir nicht alleine sind. Das war ein Geschenk. Alles daran war ein Geschenk.

Wie haben Sie die Dreharbeiten in Erinnerung – eine Produktion in sechs Ländern, während Covid, eine sehr anspruchsvolle Rolle...

Die Reisen, die vielen Länder waren ein Geschenk. Wir konnten wirklich dorthin reisen, wo alles passiert ist. Und ich glaube daran – genauso wie ich an das Analoge glaube, dass es einen großen Unterschied macht. Ob etwas echt ist. Und der Dialog mit einem echten Ort immer ein anderer sein wird als mit der Vorstellung davon. Obwohl wir auch im Studio gearbeitet haben. Wobei ich die realen Orte weitaus wichtiger empfand. Im Studio ist die Gefahr viel größer, in die Hausaufgabe zu rutschen.

Foto:
©Verleih 
Vicky Krieps in „Ingeborg Bachmann – Reise in die Wüste“
©Anna-Krieps


Info:

Besetzung & Stab

Ingeborg Bachmann.   VICKY KRIEPS 
Max Frisch.          RONALD ZEHRFELD 
Adolf Opel             TOBIAS RESCH 
Hans Werner Henze.    BASIL EIDENBENZ 
Marlene               LUNA WEDLER 
Tankred Dorst      MARC LIMPACH

Regie, Drehbuch     MARGARETHE VON TROTTA

 TECHNISCHE DATEN

Schweiz/Österreich/Deutschland/Luxemburg 2023 Laufzeit: 110 Min.