Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 22. Mai, Teil 1
Romana Reich
Berlin (Weltexpresso) – Schräg. Das dachten wir uns, als wir mit ZEIT DER KANNIBALEN diesen für Deutschland nun wirklich ausgefallenen deutschen Film anschauten. Gut, manchmal denkt man auch an ein überdrehtes Fernsehspiel oder gar ein verfilmtes Kammerspiel, aber allein das Unerwartete, einen deutschen Wirtschaftsthriller,fanden wir gut.
ZEIT DER KANNIBALEN
Geben wir es zu, es liegt nicht nur an den ungewöhnlichen Drehorten wie Kuala Lumpur oder Lagos, sondern auch am Sujet. Hier geht es nämlich knallhart um Kapitalismus und was er mit denen macht, die mit ihm in der Welt herumsurfen, um für sich einen guten Reibach zu machen. Und auch da geht es den Leuten nicht immer nur um das Geld. Dazuzugehören zu diesen wenigen, die international derartige Geschäfte abwickeln, das bedeutet so manchem Adrenalin in den Adern. Unseren dreien hier auf jeden Fall.
Also, es geht um Unternehmensberater, da ist Frank Öllers (Devid Striesow), Kai Niederländer (Sebastian Blomberg) und Bianca (Katharina Schüttler). Die beiden Männer arbeiten schon länger zusammen bei einem Konzern, der Firmen aufkauft, um sie teurer zu verscherbeln oder kaputtzumachen. Je internationaler diese aufgekauften Firmen sind, desto gewinnträchtiger wird es, wenn die angeblichen „Berater“ den Firmen mit immer denselben angeblichen „Argumenten“ schmackhaft machen, billig zu verkaufen. Das Berufsbild sieht also vor, durch die Welt auf der Suche nach Gewinn zu jagen und dabei zu übertölpeln, zu betrügen und zu lügen wie es nur geht. Hauptsache, man hat etwas davon.
Die drei treffen in ihrem Jetsetleben aufeinander in einem Hotel, das durch äußere Bedrohung durch islamische Terroristen, für sie dann zum wirklichen Raubtierkäfig wird. Denn sie zeigen sich nach und nach als die Raubtiere, die den Begriff des Raubtierkapitalismus prägen. Wir neigen immer zu sehr dazu, Verhältnisse in Begriffe zu stecken, statt deutlich zu machen, daß es Menschen sind, die solche Verhältnisse zulassen. Der Film ist eine Offenbarung, was Sein und Schein angeht. Denn wenn wir die am Anfang gepflegten Herrschaften anschauen, dann scheint die Welt in Ordnung. Sie leben in dem feudalen Hotel, das so aussieht,wie alle feudalen Hotels, in Saus und Braus. Mit Champagner und Bettgeschichten und wunderbaren Aussichten durch große Scheiben. Nur stimmt da draußen zunehmend etwas nicht. Denn weder die Teppichböden, noch die Sonnenjalousien können völlig dämpfen, daß zuerst noch außerhalb des Hotels etwas los ist. Etwas passiert. Man hört Schüsse, man hört Rufe. Aber drinnen ist die Welt erst einmal noch in Ordnung.
Diese Versuchsanordung des Films, die Handlung allein in diesem Hotel spielen zu lassen, ergibt zunehmende Spannung, denn das Klaustrophobische überträgt sich auf die Zuschauer, die zwischen Luxus und potentiellem Tod mit in dieses Hotel eingesperrt werden. Der Zuschauer ist nicht schlauer als die Protagonisten, sondern lernt wie diese die Situation einschätzen. Denn die beiden Männer, die sich noch gegenseitig drangsalieren, denn der eine ist ein Ossi, halten erst einmal zusammen gegen den abwesenden Kollegen, der soeben zum Teilhaber aufgestiegen ist. Ist doch dies auch ihr Ziel. Sauer, wie sie sind, müssen sie auch jetzt noch eine Kollegin ertragen, die Feministisches von sich gibt und so sozial tut, in Wahrheit aber, das ist dann wirklich schön, auf die beiden aus Evaluierungsgründen angesetzt ist.
Sicher, international, vor allem in Amerika ist das ein bekannter Stoff, aber für einen deutschen Film eben nicht. Und eben auch nicht, daß bei der Beschränkung des Ortes dann die Wörter und Sätze sich ungeahnt ausweiten. Das wird richtig witzig und spritzig, was da bitterböse an verbalem Schlagabtausch nach und nach, am Schluß zwischen allen dreien abläuft. Ist das eine Satire. Nein, eher nicht. Aber eine Groteske, die zeigt, wie leer die Menschen werden, wenn sie sich nicht bei sich selber behalten. Regisseur Johannes Naber verhilft auch Devid Striesow endlich wieder zu einer bitterbösen Rolle. Denn seine blauen Augen und das leicht rundliche Gesicht prädestinieren ihn immer wieder zu einem Gutmenschen. Dabei bildet seine Physis eine perfekte Täuschung für das, was dahinter wohnt. In diesem Film. Mehr wollen wir nicht verraten, nur das es Spaß gemacht hat, wenngleich einem irgendwas fehlt. Aber was?