Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Das italienische Filmfestival VERSO SUD findet also zum 29sten Mal statt! Und seien wir ehrlich: es ist wichtiger denn je. Denn anders als vor 29 Jahren ist heute der italienische Film in deutschen Kinos fast überhaupt nicht mehr zu sehen. Nicht, weil er schlechter geworden wäre, sondern weil die Verträge mit amerikanischen Verleihern auf dem Wege, daß wir alle Amerikaner werden, nur noch außerhalb Hollywoodfilmen einige französische Komödien und englische Sozialdramen zulassen – und dann solche Raritäten wie SMOKE SAUNA SISTERHOOOD aus Estland, heute besprochen.
Eigentlich war VERSO SUD auch für die hiesige italienische Gemeinde ein Zubrot aus Rom, denn das dortige Ministerium unterstützt mit diesem Frankfurter Festival auch die italienische Filmindustrie. Aber über den Kreis der Italienstämmigen hinaus, hat sich VERSO SUD einfach einen Namen gemacht. Irgendwann kam zu den neuesten italienischen Filmen, für die VERSO SUD steht, auch die Idee einer Hommage hinzu. Im letzten Jahr Fellini, einfach ein Fest! Und auch dieses Jahr ist mit Claudia Cardinale eine Schauspielerin im Mittelpunkt, die ihrerseits zu den großen Stars der Filmwelt gehörte. Das waren Zeiten, wo in den Schulklassen auf einmal im Schnitt drei Mädchen Claudia hießen!
Es begrüßte die Direktorin des DFF , Ellen Harrington, im Titelfoto, die Gekommenen und überließ schnell das Wort Andreas Beilharz, der die wichtigsten
In dem Gespräch sprach die Tochter Claudia sehr warmherzig über ihre Mutter, mit der sie jetzt wieder zusammenlebt. Der erwähnte Film über die 84jährige Schauspielerin ist mir zu gewollt. Da wird inszeniert und eine Atmosphäre von Geheimnis und Schweigen erzeugt, der Substanz vermissen läßt und leider keine Aussage über die heutige Claudia Cardinale zuläßt, weil sie
Aber bevor der Film LA RAGAZA DI BUBE losgeht, muß noch Martina Grones , jeweils in der Mitte im Foto, aus Köln erwähnt werden, die wieder so kundig und perfekt übersetzte, daß es einfach eine Freude war.
Der Film selbst ist eine Überraschung, weil der Film von 1964 die frühe Nachkriegszeit Italiens thematisiert, nichts, was wir oft im Kino sähen. Die meisten kennen noch aus dem Geschichtsunterricht die Partisanen, die im von den Deutschen besetzten Italien gegen die Besatzer kämpften. Dabei ging es heiß her, mit vielen Toten. Was die einen einen Mord nannten und ein Verbrechen, war den anderen eine Heldentat. Auf jeden Fall ist der Partisan Bebo (George Chakiris) in einen Doppelmord verwickelt und wird in einem Prozeß zu einer langjährigen Gefängnisstrafe verurteilt.
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Sie besucht ihn und weiß, daß sie an seiner Seite stehen muß, denn er ist völlig paralysiert durch den kommenden Prozeß, der so ausgeht, wie befürchtet: 14 Jahre Haft.
Bei einem erneuten Zusammentreffen mit Stefano weiß sie, wie gerne sie mit ihm leben würde, aber wichtiger ist ihr die Hilfestellung für Bebo, dessen Mädchen sie eben ist.
Der Film verzichtet wohltuend auf alle Peinlichkeiten, die aus dem Thema hätten entstehen können. Da ist kein Pathos und keine Falschheit, einfach eine junge Frau, die sich ihrer Gefühle bewußt ist, aber weiß, wie sie handeln muß. Claudia Cardinale macht das hervorragend. Sie ist eine kritische, junge Frau, frech, verwegen und mit großer Erwartung an die Zukunft. Nichts da mit Lächeln in dem Jungmädchengesicht. Eher nachdenklich, immer wieder auch mürrisch und dann gibt es Augenblicke im Film, da sieht man nicht Claudia Cardinale auf der Leinwand, sondern glaubt, Jeanne Moreau zu erkennen. Das liegt daran, daß die elf Jahre ältere französische Schauspielerin eine gewisse weibliche Souveränität in ihre Rollen integrierte, so daß sie nie als Anhängsel von Männern, sondern immer als sich selbst bestimmende Frau auftrat. Und so auch Claudia Cardinale, die eben nicht Bebo’s Girl ist, sondern ihr eigener Mensch.
Fotos:
©Redaktion und Verleih
Info:
24. Januar 1964 (Italien)
Regisseur: Luigi Comencini
Darsteller
Claudia Cardinale als Mara
George Chakiris als Bube
Marc Michel als Stefano
Dany Paris als Liliana
Monique Vita als Ines
Carla Calò als Maras Mutter
Emilio Esposito als Maras Vater
Bis zum 6. Dezember laufen die zeitgenössischen italienischen Filme im Rahmen von Verso Sud, bis zum 30. Dezember die Hommage an Claudia Cardinale, deren ausgewählte Filme im Dezember ein zweites Mal gezeigt werden.