Heute Start der DVD bei Universal International
Robert Matta und Siegrid Püschel
London (Weltexpresso) – Wer den Film in den Kinos versäumte, hat nun die Gelegenheit, sich den überdrehten, liebenswerten, ganz schön verrückten und schurkischen Leonardo DiCaprio anzuschauen, der in einer Glanzrolle den Börsenmakler buchstäblich verkörpert. Denn um Körper, möglichst nackte, geht’s oft. Wer den Film schon gesehen hat, zieht sich auch die DVD sehr gerne rein.
THE WOLF OF WALL STREET
Um was es geht, verrät schon der Titel. Die Wall Street ist auch Nicht-Finanzleuten als Handelszentrum in New York ein Begriff. Und THE WOLF, da haben es die germanischen Sprachen einfach. Das ist wirklich der Wolf. Aber nicht der im Schafspelz. Wenigstens nicht, wenn man börsenerfahren ist. Aber gegenüber den Kunden, die so dumm sind, in seine Fänge zu geraten, für die geht alles übel aus. Also, das mit dem Schafspelz ist doch passender als gedacht.
Zuerst halten viele den Film für einen Porno, wenigstens waren das die Kommentare von Kollegen, die vorbeigingen, während zwei da ernsthaft schauten, was wohl aus einem Film werden wird, der völlig durchgeknallt anfängt und bei dem am Schluß die Zuschauer als inzwischen geübte Verkäufer schlauer sind als diejenigen, die von Jordan Belfort (DiCaprio) im Verkaufenkönnen geschult werden. Denn, wie man einen Kugelschreiber verkauft, das konnte man schon in der Mitte des Films lernen. Ihn anzupreisen, seine schöne Gestalt, die Farbe, die Form, die Funktion, den Preis, das alles ist albern und bringt nichts. Stattdessen muß man den Gegenüber in eine Situation versetzen, wo er den Kugelschreiber braucht. Und schon hat man die klassische Ausgangsposition im Kapitalismus von Nachfrage und Angebot. Man muß also Bedürfnisse wecken, dann kauft der Mensch von alleine das, was ihm suggeriert wurde. So funktioniert der Markt. So funktioniert auch die Finanzwelt. Und jetzt von vorne, während wir am Schluß das traurige Ende des Verkaufstrainers erleben, aber wissen: Das kann nicht alles gewesen sein. Der Typ kommt wieder hoch. Schon deshalb, weil die Dummen nicht aussterben und die Gewinnsucht in der Welt bleibt. .
Diesen Jordan Belfort hat es wirklich gegeben und er hat auch aus seinem Fall – er wurde ein Fall und er fiel tief! - einen Roman geschrieben, der zum Bestseller wurde und aus dem Terence Winter ein spritziges Drehbuch machte. Regisseur Martin Scorsese überläßt seinem Star Leonardo DiCaprio die Auftritte und tut gut daran, denn eigentlich werden wir durch den so raffinierten wie saudummen, den charmant-verführerischen wie tumben, den so bösen wie gut-lieben Kerl durch den Film gezogen. Der Anfang also. Da lernen wir Anfang der 90er Jahre die Firma Stratton Oakmont kennen, die dem jungen Jordan Belfort gehört und die in der Werbung für sich die Seriosität hervorkehrt, deren Personal, ständig feiernd, auf jeden Fall unter Alkohol und Drogen stehend,so ungefähr das Unseriöseste ist, was man sich vorstellen kann. Aber sie verdienen sich die Drogen und auch die Lieferung von Fleisch ins Büro in Form von dreierlei Arten von Nutten.
Alles in allem ist das urkomisch, denn Scorsese bedient dabei auch alle Vorurteile, die man sich von den in Saus und Braus lebenden Börsianern macht, von denen aber Autor Belfort sagte, so sei es wirklich gewesen, denn ohne diesen permanenten Rausch habe man die Gemeinheiten, die man beging, gar nicht ausgehalten. Nachdem nämlich Belfort erst einmal die kleinen Leute ausnimmt, rät ihm seine Freundin, doch die wirklich Reichen mit Aktienverkäufen reinzulegen. Das klappt und im Nu wird Belfort zum Multimillionär und die dunkelgelockte Freundin, mit der er längst verheiratet ist, hat das Nachsehen! Denn zu so einem schicken Typen muß jetzt eine aufregende Blondine her, die Margot Robbie gibt. Aber nie verliert dieser DiCaprio sich so völlig, daß er nur noch außengesteuert lebte und diese Frau allein ihres gesellschaftlichen 'Tauschwertes' wegen heiraten täte. Denn tatsächlich liebt er seine Blondine und die zwei Kinder.
Die zweite emotionale Dimension ist die Freundschaft zu seinen Kumpeln, zuvorderst seinem ehemaligen Nachbarn Donnie Azoff (Jonah Hill). Die wird auf eine harte Probe gestellt, denn auch der leistet sich derartige Dummheiten, daß der The Wolf genannte Belfort – auch das ist satirisch, denn den Namen erhält er von einer Journalistin, die ihn zerreißt, als Folge wird er jedoch sein Ehrenname, denn Wolfsein ist angesagt im Finanzgeschäft. Das andere wäre der Hai im Karpfenteich - seinen Häschern ins Netz geht. Denn längst war bei seinen Finanzverkäufen der FBI per Überwachung bei seinen Verkäufen dabei und obwohl Belfort genau weiß, wo er aufpassen muß, nicht kriminell zu werden, hält er sich ob seiner Erfolge für unbesiegbar und macht Fehler.
Dazwischen – und er nimmt uns mit auf die Reise – wird durch urkomische Geldtransporte an lebendigem Leib erst einmal in der Schweiz ein Millionenvermögen gehortet. Dabei spielt dann Jean Dujardin eine zwielichtige Rolle, die ihm wirklich auf den Leib geschneidert ist. Und so nimmt denn zwischen Glück und Unglück die Geschichte ihren Lauf, in der Belfort dann doch auspackt und so eine geringere Strafe erhält. Aber seine Kumpels hat er nicht verraten.
Was auffällt, das ist, daß wir als Zuschauer vom Börsengeschäft nur den psychologischen Anteil mitbekommen. Wie die Menschen darauf anspringen, wenn man ihnen per Telefon die Gewinnmargen vorrechnet, die ja nur Fata Morgana sind. Die Gewinnsucht der Menschen ist es dann doch, die hier am Pranger steht und deren sich solche Vertreter wie dieser Belfort bedienen. Daß dieser Exzentriker das so charmant, elegant, rotzfrech und verwegen macht, ist das Verdienst von DiCaprio, der wie der gesamte Film bei der Oscarverleihung 2014 leer ausging, obwohl er in fünf Kategorien nominiert war, darunter auch als Bester Hauptdarsteller. Dies war für DiCaprio zudem die fünfte Nominierung. Kann schon sein, daß die Jury seine Rolle mit ihm verwechselt hatte, die sie nicht auszeichnen wollte, denn jugendfrei kommt er wirklich nicht daher. Ansonsten aber grandios.
INFO:
The Wolf of Wall Street. DVD, Universal International, VÖ 30. Mai 2014