Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 29. Mai, Teil 1

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Irgendwie witzig dieser Film, der ein fortgeschriebenes Märchen ist, ein Starfilm, eine Naturbeobachtung, ein ästhetisches Unternehmen, noch dazu in 3 D, genauso ist wie eine dunkel dräuende Geschichte, in der nun endlich er- und geklärt wird, wie das Übel in die Welt kommt. Durch Mißachtung eines anderen. Stimmt schon.

 

 

MALEFICENT

 

Angelina Jolie macht das prächtig. Sie beherrscht den Film, ohne herrschsüchtig zu sein, denn ihre Präsenz gewinnt sie aus der Perspektive der Unterlegenen, zu Unrecht um ihre wichtigsten Attribute Bestohlene: die Flügel, mit denen sie sich in die Lüfte erheben konnte und wie ausgelassen unter dem Firmament segelte. Und das kam so. Es gibt die Märchen Dornröschen. Deshalb die Märchen, weil es Fassungen des Franzosen Charles Perrault gibt und die der Brüder Grimm, die durch die Welt wanderten. Bis in die USA und zu Walt Disney. Der schuf 1959 den Walt Disneyschen Dornröschenfilm DORNRÖSCHEN UND DER PRINZ, wo wir mitleiden, weil deren Schicksal ja schon an der Wiege der gerade geborenen und nun getauften Prinzessin herbeigewünscht wird, als die plötzlich auftretende böse Fee, die nicht eingeladen wurde und deshalb böse ist, die Wünsche der guten konterkarierte und den Fluch aussprach, daß die junge Maid mit ihrem sechzehnten Geburtstag sich an einer Spindel stechen und daran sterben werde.

 

Die Aufregung ist groß und den vielen magisch begabten Anwesenden gelingt es nur noch, den Fluch darauf zu reduzieren, daß nicht der ewige Schlaf, sondern nur ein hundertjähriger dieser Prinzessin vergönnt sei, es sei denn, es käme einer des Weges, der sie liebt und sie durch seinen Kuß erlöst. Der Prinz eben. Und wenn sie nicht gestorben sind, so...Walt Disney hat dieser bösen Fee einen Namen gegeben: Maleficent. MALEFICENT von Robert Stromberg mit der Darstellung durch Angelina Jolie liefert uns nun die psychoanalytischen Erklärungen und überhaupt die Vorgeschichte, die erklärt, weshalb die Wesen so geworden sind, wie sie sind - aber auch, wie die sich ändern können!!

 

Mit einem Wort: der Film um die böse Fee ist ein guter Film und ein Film, der aufzeigt, wie sich Wesen ändern können, wenn sie ihre Verhärtungen aufweichen können. Wir erleben also die Vorgeschichte. Da gab es die Hexe Malefiz, die jeder leiden mochte, die mit den Vögeln durch den Äther strich und mit den Waldtieren durch die dunklen romantischen Zauberwälder. Schönheit und Frieden. Doch dann kam der Eroberer und mit ihm ein Junge in ihr Reich, dem sie gefiel und der ihr in aller Unschuld auch gefiel. Doch spielte er falsch. Als sie hingegeben im Grase ruht und einschläft, nimmt er die Flügel, die sie ablegen kann, an sich und flieht ins Königreich.

 

Der König weiß nun seine stärkste Gegnerin geschwächt und vermählt diesen Stefan mit seiner Tochter und gibt ihm sein Königreich. Und als diesen jungen Königspaar eine Tochter geboren wird, da kommt MALIFICENT. Na, ist das eine Erklärung, für den Fluch. Wir meinen ja und können uns das Augenzwinkern der Drehbuchschreiber – übrigens auch dies ist ein Disneyfilm! Disney geht mit der Zeit – gut vorstellen, wie sie hier das Unterste nach oben kehren und umgekehrt. Denn wenn man zurückdenkt an antike Dramen, die Bibel und auch Sigmund Freud, dann gehört die Kastration zu den gefährlichsten Ängsten, aber auch Taten, die Ursache von vielem Übel werden. Nur sind die von Kastration Bedrohten die Männer. Hier aber wird einer Frau ihre Macht genommen, noch dazu unter Vorspieglung von Gefühlen. Wie gemein.

 

Warum wir Angelina Jolie in ihrer Rolle so gut finden, ist, daß sie wenig macht. Sie kann so wundervoll hoheitsvoll schauen, die Maske, die über viele Stunden aufgetragen wurde und ihr einen Abbruch der Wangen bescheren, läßt sie wie aus einer anderen Welt erscheinen. Ist sie ja auch. Aber die Hörner, die sie wie aus einer Wagneroper erscheinen läßt, zeigen dann wieder ihr diesseitiges kriegerisches Potential, das sie braucht, um den Wald und ihre Wesen aus der Einflußsphäre des Königs zu befreien. Sie vertritt einfach das Prinzip Vernunft und Natur und den Zuschauer möchten wir sehen, der nicht zu ihr, sondern dem lausigen Stefan hält.

 

Der ist inzwischen König und als die kleine Aurora geboren wird, da kommt also zur Taufe der Fluch der Maleficent. Aber als sie das kleine Ding in ihrer Wiege liegen sieht, das sie mit großen Augen anstarrt, da kann sie nicht anders, als selbst ihren Fluch zu differenzieren. Wenn nämlich einer des Wegs kommt, der die verwunschene Prinzessin wirklich liebt und sie küßt, wird sie erwachen.

 

Nein, wir erzählen nicht weiter. Denn tatsächlich ist der Kuß der Clou der ganzen Geschichte, die aus einem altbekannten Märchen mit dem üblichen Personal doch eine ganz andere Geschichte macht. Das gefällt einfach.