Black Friday1Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 28. Dezember 2023, Teil 2

Margarete Frühling

München (Weltexpresso) –
Albert (Pio Marmaï) arbeitet in der Gepäckabfertigung auf dem Flughafen für 1650 € im Monat. Da er wohnungslos ist, verbringt er die Nächte dort in der Abfertigungshalle. Er ist bei der Bank, bei Freunden, der Familie und Kollegen hochverschuldet. Er hält sich mit windigen Aktionen über Wasser wie dem beim ″Black Friday″ abgestaubten günstigen Fernseher, den er schon zuvor bei Ebay zum Weiterverkauf angeboten hat, oder durch illegalen Verkauf von am Flughafen beschlagnahmten Waren wie Parfüm oder Alkohol.


Doch der Käufer des Fernsehers ist Bruno (Jonathan Cohen), der genauso tief in der Schuldenfalle sitzt und der gerade vor der Pfändung seines Hauses steht, auch weil er die Unterhaltszahlungen für seinen Sohn nicht leisten kann. Bruno hat aufgegeben und will sich umbringen, da Albert aber noch kein Geld für den Fernseher bekommen hat, rettet er Bruno mehr zufällig das Leben. Durch Bruno lernt Albert Henri (
Mathieu Amalric), den Leiter eines Kurses zur Entschuldung kennen. Er versucht Menschen dabei zu helfen, durch einen Schuldenerlass bei der Banque de France aus der Schuldenfalle zu entkommen.

Unterwegs in einen Sozialcafé treffen sie auf eine Gruppe von Umweltaktivisten und -innen. Sie können zwar wenig mit deren Idealen wie soziale Gerechtigkeit und ökologisches Verantwortungsbewusstsein anfangen, aber es gibt Freibier und (abgelaufene) Gratis-Chips. Außerdem erkennt Albert, dass er der Sprecherin der Gruppe, die sich Cactus (Noémie Merlant) nennt, schon einmal begegnet ist, beim Black-Friday Run auf den Fernseher.

Albert und Bruno beginnen sich an Aktionen der Gruppe zu beteiligen, allerdings nicht aus Überzeugung, sondern weil Albert an Cactus interessiert ist und es immer wieder Gratis-Essen und -Bier gibt. Nachdem sie Straßen blockiert haben (und Albert durch Zahlung von Geld, die Autofahrer hat durchfahren lassen), machen Albert und Bruno vor allem durch den Weiterverkauf von Sachspenden einigen persönlichen Gewinn.

Mit der Zeit entwickelt vor allem Albert einige Aktionen mit denen er die Umweltschützer für seine Zwecke ausnutzen kann. Auch wenn Albert sich in Cactus verknallt hat, planen Albert und Bruno mit Hilfe der nichtsahnenden Umweltgruppe einen großen Coup, der beide sofort schuldenfrei machen soll. Doch dann droht ihr falsches Spiel aufzufliegen, denn vor allem Quinoa (Grégoire Leprince-Ringuet) hat ein Auge auf Albert und seine Aktionen geworfen…


Black Friday2Regie bei ″
Black Friday for Future″ führten Éric Toledano und Olivier Nakache, die gemeinsam auch das Drehbuch geschrieben haben. Bekannt wurden sie weltweit durch ihre Tragikomödie ″Ziemlich beste Freunde″ (2011), in der sich ein vermögender Tetraplegiker und seine neue schwarze Pflegekraft, der gerade eine sechsmonatige Haft abgesessen hat, im Laufe der Zeit anfreunden. Aber auch ihrer weiteren Filme ″Heute bin ich Samba″ (2015), ″Das Leben ist ein Fest″ (2017) – dessen deutsches Remake gerade unter dem Titel ″Ein Fest fürs Leben″ in den hiesigen Kinos lief – oder ″Alles außer gewöhnlich″ (2019) sind Sozialdramen, in denen neben ernsthaften gesellschaftlichen Problemen die Freundschaft zwischen sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten im Vordergrund stehen.

Der französische Originaltitel des Film lautet ″
Une année difficile″. Der Film sollte zuerst in Deutschland auch mit dessen englischem Titel ″A Difficult Year″ herauskommen. Und genau mit diesem Zitat beginnt der Film, in dem die beiden Regisseure zeigen, dass der Spruch mindestens seit 1976 ein Teil der Neujahrsansprache des jeweils regierenden französischen Präsidenten war.

Die Hauptrollen haben Noémie Merlant als Cactus, Jonathan Cohen als Bruno und Pio Marmaï als Albert übernommen. Pio Marmaï konnte man in diesem Jahr bereits als Porthos in der Neuverfilmung von ″Die drei Musketiere – D’Artagnan″ sehen. Die Dreharbeiten fanden im März 2022 in der Region Île-de-France und im Juni 2022 in der Stadt Châteauroux im Département Indre statt.

Die Drehbuchautoren und Regisseure haben in ihrer Komödie eigentlich drei Themen angesprochen, die sich zwar überschneiden, aber nicht immer zusammen passen und zwar geht es um Umweltaktivismus, Konsumkritik durch das Problem von Überschuldung und daraus resultierende Armut, aber auch um Freundschaft und auch etwas um die Liebe.

Dabei versuchen
Olivier Nakache und Éric Toledano in ihrem Film darzustellen, dass überschuldete Menschen und Menschen, die sich für den Umweltschutz einsetzen, eigentlich beide ein eingeschränktes Konsumverhalten zeigen. So stellten sie Albert und Bruno, die sich aus finanziellen Gründen nicht viel leisten können, der minimalistisch lebenden Aktivistin Cactus gegenüber, die dies bewusst aus Sorge um unseren Planeten tut. Dabei wohnt sie in einer riesigen (leeren) Wohnung, lässt sich weiter von ihren Eltern aushalten und gehört ganz sicher der Oberschicht an.

Leider wird in dem Film die Gesellschafts- und Konsumkritik nur verbalisiert und die Auswirkungen werden verharmlost. Denn es scheint kein größeres Problem zu sein, dass Albert durch seine Schulden alle seine Freunde und auch die Familie seiner Schwester vergrault hat, dass er wohnungslos ist und dass er trotz Schuldnerberatung eigentlich keinen Plan hat, wie er seine Schulden verringern kann oder wie er sein Leben ändern will. Er hofft einfach nur auf eine Löschung. Dasselbe gilt auch für Bruno, der zwar zu Beginn noch hofft, seinen Sohn wieder zu sehen, allerdings wird dieses Thema im Laufe des Films nicht wieder aufgegriffen.

Neben den vielen – zugegeben filmisch teilweise recht gelungenen Aktionen der Umweltschützer (wie das Herunterlaufen lassen von roter Farbe an einer Treppe) – gibt es noch eine völlig überflüssige Nebenhandlung über Henri, den Leiter des Schuldenkurses, der zwar gute Ratschläge erteilt aber heimlich weiterhin glücksspielsüchtig ist und immer wieder in Verkleidung versucht, sich ins immer gleiche Casino zu schleichen, obwohl er dort gesperrt ist. Das mag zwar einen netten Gag hergeben, hat aber eigentlich keinen Einfluss auf den Fortgang der Haupthandlung und endet während des Abspanns auch noch mit einer völlig kontraproduktiven Szene.

Auch andere Nebenhandlungen und -figuren sind überflüssig und ziehen den Film nur in die Länge. Einige der Szenen sind einfach nur daneben, wie z.B. Brunos Reaktion auf die Anmach-Versuche der etwas rundlichen Sirène (Sandrine Briard). Dass er aber am Ende sich bei ihr einnistet, zeigt auch, dass er nicht bemitleidenswert, sondern eigentlich nur unangenehm ist und sich wohl auch nicht ändern wird.

Auffällig ist auch, dass die Umweltaktivisten immer gleich wieder freigelassen werden, auch bei ihrer letzten Aktion, die dann doch etwas schief geht. Es werden auch nicht die Auswirkungen auf einzelnen Personen gezeigt und ob sie überhaupt Lehren daraus gezogen haben. Ganz sicher haben Albert, Bruno oder Henri sich am Ende des Films kein bisschen verändert.

Black Friday3
″Black Friday for Future″ ist im Großen und Ganzen durchaus unterhaltsam und in einige Szenen sogar witzig, aber die Komödie hat deutliche Längen. Manchmal hat man das Gefühl, dass die Regisseure meinten, noch ein paar ihrer Gags unterbringen zu müssen. Denn statt sich auf auf die beiden Hauptfiguren und die eigentliche Handlung zu konzentrieren, wird der Film durch teilweise nette aber unbedeutende Nebengeschichten unnötig in die Länge gezogen. Dadurch fehlt dem Film sowohl die in den anderen Filmen des Regieduos gezeigte Leichtigkeit als auch eine gewisse Stringenz im Fortgang der Story. Das führt dazu, dass es einige überflüssige Szenen gibt aber auch, dass die Figurenzeichnung schwächelt. Dabei wird der Film auch nicht durch ein im Corona-Lockdown spielenden Quasi-Happy-End gerettet.

Insgesamt ist der Film als Komödie mit sozialem Touch, in der Black-Friday Rabattschlachten auf Fridays-for-Future Ideale treffen, akzeptabel und in manchen Teilen auch unterhaltsam. Ob man ihn sich unbedingt im Kino ansehen muss, bleibt jedem selbst überlassen.

Foto 1: Albert (Pio Marmaï) wird bei seiner "Black Friday"-Rabattjagd von Cactus (Noémie Merlant) gestört © Weltkino Filmverleih
Foto 2: Von Freibier angelockt finden sich Bruno (Jonathan Cohen) und Albert (Pio Marmaï) bei den Umweltaktivisten wieder © Weltkino Filmverleih
Foto 3: Schuldnerberatung: Henri (Mathieu Amalric) gibt Bruno (Jonathan Cohen) und Albert (Pio Marmaï) wertvolle Tipps für den nächsten Einkauf © Weltkino Filmverleih

Info:
Black Friday for Future (Frankreich 2023)
Originaltitel: Une année difficile
Genre: Drama, Komödie
Filmlänge: ca. 120 Min.
Regie: Olivier Nakache und Éric Toledano
Drehbuch: Olivier Nakache und Éric Toledano
Darsteller: Pio Marmaï, Jonathan Cohen, Noémie Merlant, Mathieu Amalric, Grégoire Leprince-Ringuet, Luàna Bajrami, Sandrine Briard u.a.
Verleih: Weltkino Filmverleih
FSK: ab 12 Jahren
Kinostart: 28.12.2023