lolafil Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 28. Dezember 2023, Teil 3

Redaktiion

London (Weltexpresso) – Was hat Sie dazu inspiriert, diesen Film zu drehen?


Ich mochte die Idee von zwei Schwestern im Vor-Pop- Zeitalter, die Musik jenseits ihrer Zeit hören und die Möglichkeiten einer Maschine, die Medieninhalte aus der Zukunft empfangen kann.

Wann wurde aus der Idee ein Drehbuch? 

Ich habe ziemlich früh aus dieser Idee einen ersten Entwurf geschrieben. Die Grundlage dafür gab es bereits in meinem Kurzfilm THE CHRONOSCOPE, ein Dokumentarfilm über die irische Wissenschaftlerin Charlotte Keppel, die in den 1930er Jahren eine Ma- schine erfand, die in die Vergangenheit sehen konnte.


Bitte erzählen Sie uns kurz, worum es in LOLA geht. Warum haben Sie sich für Schwarz/Weiß und diese besondere Filmform und Erzählweise entschieden?

LOLA handelt von zwei unterschiedlichen Schwestern in den 1940er Jahren, die eine Maschine besitzen, die Medieninhalte aus der Zukunft empfangen kann.
 

Warum haben Sie sich für Schwarz/Weiß und diese besondere Filmform und Erzählweise entschieden?

Ich wollte, dass der Film so nah wie möglich an ein Artefakt aus den 1940er Jahren herankommt. Die Idee ist, dass der Film von einer der Hauptfiguren, nämlich Martha, selbst gedreht wurde. Wir verwendeten
viel Archivmaterial, das ich mit unseren Aufnahmen abstimmte. Deshalb drehten wir mit Kameras und Material aus dieser Zeit, um diese Authentizität zu erreichen.


...und warum 1941 und der Zweite Weltkrieg?

Ich glaube, dass die 1940er Jahre eine Art kultureller Wendepunkt waren. Es war eine Ära, bevor Popmusik und Popkultur wirklich die Oberhand gewannen, also war es der richtige Zeitpunkt, um unsere Protagonisten zu platzieren. Und 1941 stand sehr viel auf dem Spiel. Hitler hatte immer noch gute Chancen, den Krieg zu gewinnen.



Bitte erzählen Sie uns etwas über den Casting-Prozess. Wie haben Sie Ihre Hanbury-Schwestern gefunden?

Wir arbeiteten mit der Casterin Jessie Frost und besetzten zunächst Emma, die ich in „Traitors“ und „The Witcher“ gesehen hatte. Sie spielt Thom. Ich finde, sie ist eine großartige Schauspielerin, sehr natürlich. Für Mars (Martha) mussten wir ein Pendant zu Thom finden, jemanden, der einen Kontrast zu ihr darstellt. Und wir brauchten auch jemanden, der auch singen kann, was das Feld ein wenig einschränkte. Das führte uns zu Stefanie, die zu dem Zeitpunkt gerade einen tollen Film mit dem Titel MAKE UP gemacht hatte.


Könnten Sie bitte kurz die Hauptfiguren beschreiben?

Thomasina Hanbury (Thom) ist eine grüblerische, eher introvertierte, getriebene Frau. Sie sieht Lola letztlich als Waffe. Sie lässt sich nie von Gefühlen leiten.

Martha Hanbury (Mars) ist extrovertiert und romantisch. Sie ist viel emotionaler als ihre Schwester. Es war Martha, die ihre gemeinsame Maschine Lola nannte. Sie betrachtet sie als ein kulturelles Portal. Martha wird eher von ihren Emotionen und Impulsen als von Logik geleitet.

Leutnant Sebastian Holloway ist eine Art Außenseiter in der Armee, der sich von der Welt der Schwestern und insbesondere von Marthas Sensibilität angezogen fühlt. Wie Martha ist auch er ein Romantiker. Mitten im Krieg Offizier zu werden, war wahrscheinlich das Letzte, was er auf seiner Agenda hatte, als er die Schule verließ.

 
Die Musik hat eine sehr wichtige erzählerische Funktion in dem Film. Können Sie uns bitte ein wenig mehr über die Musik erzählen?

Die Musik für den Film wurde von Neil Hannon von Divine Comedy geschrieben und gespielt. Eines der Dinge, die mich bei LOLA inspirierten, war die Idee, neue Arten von Musik zu schaffen, und der Spaß, den wir dabei haben würden. Neils Herausforderung bestand darin, dass die beiden Schwestern Mars und Thom über ihren Apparat Lola, Medieninhalte aus der Zukunft empfangen. Sie sind also nicht wirklich Frauen aus den 1940er Jahren, leben aber in dieser Zeit. Sie schufen Musik, die von Dingen inspiriert waren, die sie hörten. Die Musik der Schwestern sollte sich irgendwie zeitgenössisch anfühlen, aber mit einem futuristischen Twist, weil sie mit der Musik der 50er, 60er und 70er Jahre in Berührung gekommen sind. Und weil sie Erfinderinnen sind, hatten wir die Möglichkeit, Synthesizer-Sounds zu kreieren, die angeblich von ihrem selbstgebauten Synthesizer stammen. Dieser Synthesizer wurde von einem deutschen elektronischen Instrument aus dem Jahr 1929 namens Truatonium inspiriert. Und schließlich hatten wir die Gelegenheit, kultige 60er-Jahre-Songs wie „You Really Got me“ mit einer Swing-Band aus den 1940ern neu zu arrangieren. Neil durfte wirklich spielerisch sein. Wir mussten die Lieder von Reginald Watson komponieren, einem faschistischen Popstar, der in einer alternativen Realität auftaucht, die von den Schwestern versehentlich geschaffen wurde. Diese Musik sollte ein Gefühl von Pop der 1970er und 80er Jahre vermitteln, aber mit einem gewissen Twist.



Es ist eine sehr komplexe und vielschichtige Geschichte. Was war für Sie die größte Herausforderung bei der Entwicklung des Drehbuchs, aber auch bei der Produktion des Films?

Das Found-Footage-Format. Es bedeutete, dass ich alle Aufnahmen arrangieren musste. Das machte es viel schwieriger, die Szenen zu schreiben, weil ich immer die Anwesenheit der Kamera rechtfertigen musste. Es war auch komplizierter, wirklich intime Szenen zu schreiben oder von Marthas Sichtweise abzurücken. Das einzige Mal, dass wir uns von Marthas Perspektive wegbewegen, ist bei der Verwendung 

von Wochenschauen, die Martha gesammelt und zu ihrem Dokumentarfilm zusammengeschnitten hat. Das Problem mit Wochenschauen ist jedoch, dass sie den Zuschauer von den Figuren entfernen können. Deshalb war die zweite Hälfte des Films besonders knifflig, denn nach der Trennung der Schwestern standen wir vor dem Problem, wie wir Thom weiter verfolgen sollen.



Die beiden Schwestern sind ihrer Zeit weit voraus, nicht nur wegen Lola, sondern wohl auch wegen ihrer offenen Erziehung. Wie schwierig war es, diese beiden modernen Frauen glaubwürdig in einer Zeit zu verankern, in der die Selbstbestimmung der Frau keine Rolle spielte.

Auch das war schwierig und herausfordernd. Ich musste abwägen, ob ich den Schwestern eine zeitgemäße Ausstrahlung geben sollte, also die der 1940er Jahre, oder ob ich ihnen anachronistische Dialoge gebe, weil sie dieser ganzen Kultur aus der Zukunft ausgesetzt sind.


Filme, die die Idee von Parallelwelten oder alternativen Handlungssträngen aufgreifen, wie in LOLA, scheinen dem Zeitgeist unserer Gesellschaft gerade zu entsprechen. Denken Sie an den diesjährigen Oscar- Gewinner. Wie würden Sie diese Entwicklung erklären?

Ich frage mich, ob das ein Zufall ist. Vielleicht sehnen wir uns als Gesellschaft nach einer Parallelwelt, weil wir unsere Welt so kaputt machen.


Das heutige Leben wirkt manchmal wie eine brutale Mischung aus absolutem Chaos und totaler Entschlossenheit. Ist Ihr Film eine Art Reaktion auf den aktuellen Zustand der Welt?

Vermutlich!

 

 

Über den Regisseur Andrew Legge 

Der in Dublin lebende irische Filmemacher Andrew Legge widmet sich mit besonderem Interesse der Arbeit mit Originalmaterial und der Schaffung fantastischer Welten. Er liebt es, mit Filmform und Musik als Teil des Erzählprozesses zu spielen. Er drehte zunächst eine Reihe von preisgekrönten Kurzfilmen wie u.a. THE UNUSUAL INVENTIONS OF HENRY CAVENDISH, eine stumme Liebesgeschichte, die teilweise mit einer 16-mm-Handkamera gedreht wurde. In Dublin, New York und im Barbican Center in London wurde der Film mit Live-Begleitung eines Pianisten vorgeführt. Sein Kurzfilm THE GIRL WITH THE MECHA- NICAL MAIDEN wurde mit einem 25-köpfigen Orchester und einem Team aus Synchrons- prechern in Laborkitteln in der National Concert Hall in Dublin und im Lincoln Center in New York präsentiert. In seinem fiktiven Dokumentarfilm THE CHRONOSCOPE erforscht er das Leben der irischen Wissenschaftlerin Charlotte Keppel, die in den 1930er Jahren eine Maschine erfand, die in die Vergangenheit blicken konnte. Andrew Legge wurde von den Internationalen Filmfestspielen von Cannes für die Cinefondation ausgewählt. Diese wurde im Jahr 2000 von Gilles Jacob, dem Präsidenten der Filmfestspiele von Cannes, zur Nach- wuchsförderung gegründet.


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