binSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 8. Februar 2024, Teil 3

Redaktion

London (Weltexpresso) -  Beginnen wir mit dem Regisseur ...


Trần Anh Hùng hat einen ganz eigenen Sinn für Rhythmus und kennt keine Angst vor langen Einstelllungen und Momenten der Stille. Er ist jemand, der mit Liebe und mit der ihm eigenen Finesse filmt. Er ist wirklich aufmerksam. Ich hatte Lust, mit ihm zu arbeiten, weil er diese Sanftheit besitzt, die ihn auszeichnet. Das bemerke ich auch oft in Asien, wo man keine Angst vor Langsamkeit hat.

Was hat Sie, neben dem, was Sie bereits erwähnt haben, an diesem Projekt besonders gereizt?

Was mir an dieser Geschichte gefallen hat, ist die Konfrontation von Leben und Tod. Meine Figur wandelt auf einem Grat, sie verheimlicht das, was kommt. Sie spürt und weiß, was kommt, aber sie will die Liebe ihres Lebens nicht traurig machen. Sie ist in einem inneren Konflikt und versucht, weiter am Leben festzuhalten, an der Liebe und an ihrer Hingabe. Das hat mir gefallen.

Der Film ist viel provokativer, als es den Anschein hat. Es ist herausfordernd, heutzutage eine derartige Opulenz zu sehen, ich finde es sogar manchmal unerträglich. Bei der heutigen Lebensweise, besonders in den hektischen Großstädten, fallen diese Nonchalance und diese Stille auf. Wenn man sich die Zeit nimmt, zuzusehen, wie sich die Blätter an den Bäumen bewegen, den Wind zu spüren und die Gerüche zu riechen, finde ich das in der heutigen Zeit fast provokativ.

Außerdem ist es offensichtlich, dass meine Figur ihre Freiheit behalten will. Wenn man ihr Vorschriften macht, widersetzt sie sich. Und dieser Widerstand steigert noch sein Verlangen. Sie weiß das und spielt damit, denn dahinter steckt Humor. Dodin und Eugénie necken sich gegenseitig. Man findet das zum Beispiel bei Marivaux, diese französische Art, jemanden sanft durch Neckereien zu verführen.

Man spürt, dass Ihre Figur sehr naturverbunden ist. Ich habe mit dem Regisseur darüber gesprochen, dass sich Dodin zwischen Küche und Speisesaal bewegt, ihre Figur aber eher zwischen Küche und Gemüsegarten. Man spürt ihre Verbundenheit zur Erde.

Ja, denn das Kochen fängt bei der Erde an. Es geht darum, wie man die Grundstoffe zu etwas erhebt, das in den Bereich der Kunst fällt. Es geht darum, wie die Absicht des Kochs und die Liebe des Kochs zu den Zutaten etwas verwandelt. Durch die Verbindung von Produkten, Geschmacksrichtungen, Düften und Farben wird das Kochen zu einer Kunst. Und alles beginnt bei dem, was die Erde uns gibt. Es ist eine Suche nach der Quintessenz des Geschmacks, um etwas Außergewöhnliches zu kreieren. Wenn man es probiert, ist man verzaubert. Man entdeckt über den Gaumen neue Wege, man wacht auf. Und wenn man an einem Tisch sitzt, an dem Haute Cuisine serviert wird, wird jeder Bissen zu einer Art neuer Entdeckung. Pierre Gagnaire hat mich vor Kurzem in sein Restaurant eingeladen. Man vergisst das, wenn man jeden Tag schnell etwas zu Mittag oder zu Abend isst. Man sagt nur, dass es schmeckt oder dass etwas fehlt. Aber manchmal ist man absolut gebannt und fragt sich, was das ist. Das hat dann die Größenordnung von einem Feuerwerk. Bei so einem Reigen eines Desserts oder einer Vorspeise ist jeder Bissen anders. Und das ist eine Kunst. Man muss nicht nur das technische Können besitzen, sondern auch eine Art Genie, zu wissen, was zueinander passt.

Welche Beziehung hatten Sie dazu als Person, die die Gerichte nicht nur probiert, sondern auch kocht? Welche Beziehung hatten Sie zum Kochen an sich?

Ich kann sehr schnell Gemüse schälen, ich bin ein Ass im Gemüseschälen. Es muss schnell gehen, ich habe andere Dinge zu tun. Aber ich bin länger in der Küche, wenn Gäste oder Verwandte kommen. Aber generell koche ich schnelle Gerichte, die gut sind. Dafür kaufe ich meistens Bioprodukte. Ich habe das in den 1970ern von meiner Mutter gelernt. Ihr war die Qualität der Lebensmittel sehr wichtig, sie wusste, dass gute Ernährung gesund ist. Wenn man das weiß, macht man weniger Fehler. Und manchmal reicht einfach nur ein hervorragendes Brot mit hervorragender Butter. Das ist manchmal nicht zu übertreffen.

Waren die Gesten schwer zu lernen? Man sieht bei Ihnen und Benoît eine Präzision der Handgriffe, die beeindruckend ist. Wie kam das zustande?

Ich würde sagen, ich bin handfertig. Ich male auch, also war es einfach für mich. Ich musste schnell lernen und schnell schneiden. Und wenn man etwas hineinwirft während der Aufnahme, muss man daran glauben. Und wenn man daran glaubt, gelingt es.

Foto:
©Verleih

Info:
REGIE & DREHBUCH 
Trần Anh Hùng

BESETZUNG
Eugénie / Juliette Binoche
Dodin / Benoît Magimel
Rabaz / Emmanuel Salinger Grimaud / Patrick D’assumçao

Abdruck aus dem Presseheft