TV-Tipp für Dienstag, 13. Februar 2024 bei Tele 5
Margarete Frühling
München (Weltexpresso) - Irgendwo in Colorado reitet der verträumte 16-jährige schottische Aristokraten-Sohn Jay Cavendish (Kodi Smit-McPhee) allein durch den Wilden Westen, um seine verlorene Liebe Rose Ross (Caren Pistorius) aufzuspüren. Denn die Landarbeitertochter Rose musste mit ihrem Vater John (Rory McCann) nach einem Unglücksfall aus Schottland nach Amerika fliehen, ein Umstand an dem Jay nicht ganz unschuldig war.
Er schläft zwar nachts unter dem freien Sternenhimmel mit seinem Revolver in der Hand, aber eigentlich kann er damit gar nicht umgehen. Durch seine naive Unbedarftheit gerät er immer wieder in Gefahrensituationen, wie Ureinwohner, die aus ihren gebrandschatzten Dörfern fliehen oder marodierende ehemalige Soldaten, die auch ihn bedrohen. Doch dann taucht genau im richtigen Moment ein Fremder auf und erschießt die Widersacher. Dieser Silas Selleck (Michael Fassbender) bietet sich gegen eine Bezahlung von 100 Dollar - die eine Hälfte sofort, die andere später - an, ihn an sein Ziel zu bringen.
Auch wenn Jay Silas nicht vertraut und ihm seine Manieren nicht gefallen, zeigt sich recht schnell, dass er auf dessen Hilfe angewiesen ist. Da ist z.B. der Handelsposten, der gerade überfallen wird, als sie sich bei ihm mit Proviant und neuer Kleidung für Jay eindecken wollen. Plötzlich wird Jay zu einer Tat getrieben, die er sich in seiner Naivität nicht vorstellen konnte und die damit endet, dass er die eingekauften Sachen an zwei Kinder verschenkt, die er vor dem Handelshaus vorfindet und deren Eltern gerade zu Tode kamen. Als er versucht, daraufhin seinen Weg allein fortzusetzen, gerät er aber in eine unangenehme Situation, aus der ihn Selleck wieder herausholen wird.
Silas hat im Handelsposten ein Plakat entdeckt, auf dem steht, dass auf Rose und ihren Vater ein Kopfgeld von 2000 Dollar ausgesetzt ist. Davon erzählt er Jay nichts. Gleichzeitig ruft die Ankündigung noch andere Kopfgeldjäger herbei, wie die Gruppe geführt von Payne (Ben Mendelson), einer Bande der - wie sich herausstellt - Silas auch mal angehört hat. Payne versucht aus Silas herauszubekommen, wohin er Jay führt, der verrät aber trotz eines größeren Alkoholkonsums nichts. Da Payne und seine Gruppe Jay und Silas verfolgen, ist dieser gezwungen Jay die Wahrheit zu sagen und versucht ihn davon abzuhalten, weiter zu Rose und ihrem Vater zu reiten. Doch der hält stur an seinem Plan fest.
John und Rose Ross leben in einem einsam stehenden Haus, sie haben einen indianischen Helfer namens Kotori (Kalani Queypo). Als Jay mit Silas dort ankommt, sind auch schon Payne und seine Gruppe und mit Victor the Hawk (Edwin Wright) ein weiterer Kopfgeldjäger vor Ort. Die jetzt beginnende Schießerei werden am Ende nur ganz wenige überleben - und nicht unbedingt die, die man erwartet…
Für den Schotten John Maclean ist Slow West seine erste Regiearbeit an einem Kinofilm. Obwohl der britisch-neuseeländische Film ein typischer Western ist, wurde er nicht in den USA, sondern auf der Südinsel in Neuseeland (und in Großbritannien) gedreht. Kameramann Robbie Ryan findet auch dort faszinierende Landschaftsbilder. Der Regisseur spielt dabei ganz sicher mit den bekannten und liebgewonnenen Mechanismen des Western-Genres. Dazu greift er regelmäßig auf Versatzstücke der Western-Klassiker zurück, fügt der Story aber zusätzlich lockeren Witz und Ironie mit bei. Allerdings zeigt der Film auch, dass man im Wilden Westen nicht zimperlich sein durfte, wenn man dort überleben wollte – auch wenn man dadurch zum Verbrecher und Outlaw wurde. ″Slow West″ hatte seine Premiere beim Sundance Film Festival 2015 und wurde dort mit dem "Grand Jury Prize" ausgezeichnet.
Michael Fassbender und auch Kodi Smit-McPhee sind wunderbare Schauspieler, die es schaffen, den Film allein zu tragen. Fassbender spielt Silas Selleck als abgebrühten Outlaw, der allerdings lernt, den naiven Aristokraten-Sohn zu schätzen und für ihn einen Beschützerinstinkt zu entwickeln. Der junge Australier Kodi Smit-McPhee spielt den hoffnungslos romantischen Optimisten perfekt. Der Australier Ben Mendelson darf auch in diesem Film wieder als Payne einer der Bösewichte spielen.
Der Film ist gerade mal 84 Minuten lang. Während in so kurzer Zeit bei dem wortkargen Spätwestern keine Langeweile aufkommen kann, hat man am Schluss des Films das Gefühl, dass hier eine runde, absurde und melancholische Coming-of-Age Geschichte, trotz der manchmal schockartigen Einschübe ohne Schnörkel zu Ende erzählt worden ist. ″Slow West″ ist ein schöner Neo-Westen, der ohne auf Stereotypen des Genres zu achten, seine Story auf eine ganz eigene Art erzählt und für den es sich lohnt, ihn noch einmal oder auch zum ersten Mal im Fernsehen anzusehen.
Übrigens: Michael Fassbender als Magneto und Kodi Smit-McPhee als Nightcrawler waren danach wieder zusammen in ″X-Men: Apocalypse″ (2016) zu sehen.
Foto 1: Silas Selleck (Michael Fassbender) und Jay Cavendish (Kodi Smit-McPhee) © Prokino
Foto 2: Rose Ross (Caren Pistorius) © Prokino
Foto 3: Payne (Ben Mendelson) © Prokino
Info:
Slow West (Großbritannien, Neuseeland 2015)
Originaltitel: Slow West
Genre: Western
Filmlänge: 84 Minuten
Regie und Drehbuch: John Maclean
Darsteller: Kodi Smit-McPhee, Michael Fassbender, Ben Mendelson, Caren Pistorius, Rory McCann u.a.
FSK: ab 12 Jahren
″Slow West″ wird am Di. 13.02.2024 um 20:15 Uhr bei Tele 5 gezeigt und am Mi. 14.02.2024 um 01:40 Uhr wiederholt.