Redaktion
Paris (Weltexpresso) - Sie haben bereits eine erfolgreiche Karriere als Autor für Komödien (von „Les Guignols“ für Canal+ bis zum Drehbuch des letzten ASTERIX- Films und der LES TUCHE-Filme) und Sie waren auch mit Philippe Mechelen Co-Regisseur von LE DOUDOU. Wie kamen Sie zu OH LA LA – WER AHNT DENN SOWAS?, Ihrem ersten Solofilm?
Wir arbeiten seit Jahrzehnten zusammen und ich denke, das ist eine natürliche Entwicklung: Wir haben zuerst Projekte gemeinsam umgesetzt, bevor wir auch Lust hatten, Soloabenteuer zu wagen. Die Idee mit dem DNA-Test kam von einer Freundin, und ich war mir schnell sicher, dass das ein gutes Thema für eine Komödie sein könnte. Von da an folgte ich meiner Intuition, einem Weg im Kopf, der mir klar erschien und von dem ich fast besessen war. Ich ahnte, dass sich daraus gute Komödiensituationen ergeben könnten.
Woher kommt die Komik rund um diese Tests, welche zwei Familien, die sich ihrer Herkunft so sicher sind, ins Zweifeln bringen?
Es gibt zweifelsohne persönliche Dinge, die jedoch recht universell sind. Mich hat zunächst interessiert, den Figuren zu sagen: „Ihr seid nicht das, was ihr denkt zu sein.“ Dann sehe ich, wie sie reagieren, indem ich den Bogen etwas überspanne und Charaktere wähle, die anfangs völlig gegensätzlich sind. Christian Clavier und Didier Bourdon spielen Männer, die zwar beide sehr französisch sind, aber nicht auf der gleichen Stufe der sozialen Leiter stehen. In meinen Augen repräsentieren Christian und seine Frau Marianne Denicourt jene, die gut erzogen, reich, gebildet sind, die alles haben, um sympathisch und großzügig zu sein, aber auch heuchlerisch sind. Der Sohn eines Autohändlers (den sie für einen KFZ-Mechaniker halten) passt nicht zu dem, was sie sich für ihre Tochter vorgestellt haben. Ich finde es lustig, diese Welt mit der eines anderen Paares zu vermischen, das auf den ersten Blick weniger vom Leben verwöhnt ist und zu dem man sagt: „Schließlich bist du nicht so weit unten auf der sozialen Leiter.“ Das aber seinerseits in zwei Sekunden zum Snob wird ... Das ist die menschliche Natur und bringt mich zum Lachen.
Der Film beginnt in einem beschwingten Ton, bevor er tiefere oder sogar etwas schmerzhafte Themen aufgreift ...
Es rührt etwas ziemlich Tiefgründiges an, das aufwühlend sein kann, da es um Identität geht. Die zweite Hälfte des Films erkundet die Konsequenzen der DNA-Offenbarungen. Wobei all dies natürlich in einem komödiantischen Tonfall behandelt wird. Jede Figur macht in dieser Geschichte ihre eigene Entwicklung durch. Außerdem finde ich es interessant, dass hinter der Komödie ein echtes Thema steckt, auch wenn es nicht das Hauptanliegen des Films ist.
Die Hauptkulisse, in der sich Ihre Figuren bewegen, verstärkt noch deren Gegensätze. Erzählen Sie uns etwas über das Schloss, in dem Sie gedreht haben.
Also, es sind eigentlich zwei prächtige Herrenhäuser: eines für die Innenräume, das andere für die Außenbereiche. Für die Innenansichten befinden wir uns im Schloss von Montaigne, dem Schriftsteller, an der Grenze zwischen den Departements Dordogne und Gironde. Es befindet sich in einem sehr kleinen Dorf, Saint-Michel de Montaigne, und ist ein sehr hübsches originelles Château.
Außerdem ist es ein Schloss, das bisher wenig im Kino zu sehen war, da es sich um einen privaten Ort handelt, in dem die Großmutter der Familie bis vor kurzem lebte. Ich wollte etwas Beeindruckendes: Als Gérard Martin und seine Frau in ihrem glänzenden Peugeot durch die Tore fahren, werden sie von dem Ort überwältigt, fast erdrückt. Man denkt sich: Es ist wunderschön, aber es ist tot. Sie können nicht mit dem Bouvier-Sauvages mithalten! Außerdem treffen sie auf einen total unausstehlichen Typen, der von sich und seiner Herkunft sehr eingenommen ist. Christian hat mich dazu ermutigt, diesen Aspekt der Figur auszuarbeiten: Sein Charakter müsse diese Abstammung als eine Art Fluch empfinden. Im Weinkeller spricht er von seiner „verdammten Herkunft“, als ob er gezwungen wäre, all dem gerecht zu werden, und entschuldigt sich dafür, dass er nicht akzeptieren kann, dass seine Tochter Didiers Sohn heiratet. Und die Kulisse hilft, all dies zu unterstreichen, insbesondere die Ahnengalerie, in der Christian seine Gäste mit seiner Erbfolge förmlich erschlägt.
Für die Außenaufnahmen drehten wir auf dem Château de La Rivière im Weinbaugebiet Fronsac, ebenfalls in der Region Bordeaux. Ein majestätisches Weingut, umgeben von Weinbergen. Ein weiteres wichtiges Thema, da Frédéric Bouvier-Sauvage seit jeher „Grands Cru“-Weine produziert. Es erzählt von einer Ecke Frankreichs, die eng mit der Kultur und unserer Geschichte verbunden ist. Ich kenne nicht unbedingt dieses Milieu der Aristokraten und ich wollte nicht einfach nur Karikaturen von ihnen zeichnen, aber ich denke, dass einige von ihnen tatsächlich sehr stolz auf ihre edle Herkunft sind und eine hohe Meinung von ihrem Rang haben.
Für die beiden männlichen Hauptrollen haben Sie also Christian Clavier und Didier Bourdon gewählt: Sie sind der erste Regisseur, der sie fürs Kino zusammenbringt.
Ja, ich hatte das Glück, dass beide zugesagt haben, und darüber freue ich mich sehr. Beim Schreiben des Films habe ich bereits an Didier Bourdon gedacht: Für mich kann er diesen Autohändler perfekt verkörpern, denn obwohl er ein großer Schauspieler ist, der alles spielen kann, ist er sofort glaubwürdig in einer Figur, die aus einem einfachen Milieu stammt. Als wir anfingen, uns Schauspieler für die andere männliche Hauptrolle vorzustellen, passte niemand so richtig, und irgendwann sagte ich mir: Ja, das ist was für Clavier! Ich habe ihm also das Drehbuch geschickt und er hat sehr schnell zugesagt. Plötzlich spüren Sie den Druck, die Last auf Ihren Schultern, bei dem Gedanken, dieses Duo zu leiten. Es war mein erster Film allein, das war fast schon beängstigend! Aber es sind zwei echte Profis und sie haben mir am Set nie dieses Gefühl vermittelt. Außerdem kannten sie sich aus Hunderten von gemeinsamen Auftritten in „Ein Käfig voller Narren“, es gab also keine anfängliche Rivalität. Aber ich muss zugeben, dass es in meinem Kopf ein bisschen wie „Les Inconnus“ vs. „Splendid“ war, und das ist schon etwas Besonderes!
Und ich habe auch die Gelegenheit genutzt, um mich mit den beiden auszutauschen: Jeder hat mir viel gegeben, an Ideen, an Charakteraufbau, ich hatte wirklich großes Glück, mit beiden arbeiten zu dürfen. Sie verfügen über eine unersetzliche Erfahrung, die sie genau wissen lässt, was sie tun müssen.
Sprechen wir auch über Ihre Darstellerinnen: Marianne Denicourt als Catherine Bouvier-Sauvage und Sylvie Testud als Nicole Martin.
Sylvie ist eine großartige Schauspielerin, sehr talentiert. Ich finde, dass sie DIE komödiantische Offenbarung des Films ist. Sie ist kein Snob: Sie kann einen Molière für eine Inszenierung über einen Frauenmord gewinnen und dann OH LA LA – WER AHNT DENN SOWAS? machen! Sie steht zu allem und tut es mit vollem Herzen. Was Marianne betrifft, so wollte ich eine Schauspielerin, die die aristokratische Klasse verkörpert. In der Szene, in der sie die Schlosstreppe hinuntergeht, gibt es daran keinen Zweifel! Angesichts dieses Ehemanns, der schnell aus der Haut fährt, ist sie perfekt in der Rolle des „weißen Clowns“: ruhig, streng, aristokratisch ... Es war mir sehr wichtig, dass die weiblichen Rollen im Laufe des Films ihren Platz einnehmen und an Bedeutung gewinnen, denn auch die Frauen entdecken ihre überraschenden Ursprünge.
Zwischen all Ihren Schauspielern herrscht eine Art Chemie, wie bei einer Theatertruppe. Dieses Gefühl wird während der langen, formal sehr theatralischen Eröffnungsszene noch verstärkt.
Von 37 Drehtagen haben wir 22 im Château Montaigne verbracht. Das verstärkt de facto die Ferienlager-Atmosphäre. Jeden Morgen trafen wir uns, um lange Szenen zu drehen: Eine davon war 17 Seiten lang! Wir haben sie zerlegt, um sie über eine Woche hinweg zu drehen. Alle nutzten die Qualitäten, die sie aus dem Theater mitbrachten. Es sind Schauspieler, die wissen, wie man Texte lernt und es lieben, sie wiederzugeben. Wir sind also ziemlich schnell vorgegangen und ich weiß, dass alle dabei wirklich Spaß hatten. Ich sehe Christian noch vor mir, wie er am Ende bestimmter Aufnahmen mit den Füßen stampfte und sehr zufrieden war!
Wir dürfen nicht die Kinder vergessen und die, die sie gespielt haben: Chloé Coullou und Julien Pestel.
Die Rollen der Kinder sind ein bisschen wie wir, die Zuschauer. Sie repräsentieren die Modernität und den Abstand zu den Eltern! Für die jüngere Generation ändert sich nichts, egal wie das Ergebnis des DNA-Tests ausfällt, es ist nicht dramatisch. Sie sind wichtige Figuren im Film, die Dinge einordnen: zum Beispiel in der Porträtgalerie, als Chloé Christian darauf hinweist, dass auf den Bildern nur Männer zu sehen sind. Man versteht, dass es die neue Welt schwer hat, bis zu Frédéric Bouvier-Sauvage vorzudringen!
Was nehmen Sie aus der Zusammenarbeit mit?
Ich habe viel gelernt. Es hat mich wachsen lassen. Ich bin 50 Jahre alt und stehe der Generation Clavier- Bourdon wahrscheinlich näher als der Generation der 25-/30-Jährigen. Ich bin ein kleiner Junge aus der Provinz, der „La télé des Inconnus“ sah und am nächsten Tag darüber mit seinen Schulfreunden debattierte – ein Kind von „Splendid“ und „Les Inconnus“. Sie können sich also vorstellen, wie viel Spaß ich bei den Dreharbeiten hatte. Spaß und ein bisschen Stress. Am ersten Tag hatte ich eine Nachtszene mit Christian und als er im Pyjama am Set erschien und sagte: „Also, Julien, wie stellen Sie sich diese Szene vor?“, hatte ich gleichzeitig große Lust und ein bisschen Angst ... Und dann haben sich die Dinge ganz natürlich und einfach ergeben. Die Darsteller spielten den Text mit großer Sorgfalt und Ernsthaftigkeit. Ich habe es geliebt, diesen Film zu machen, und ich habe große Lust, es wieder zu tun!
Foto:
©Verleih
Info:
Oh la la - Wer ahnt denn sowas?
Ab 21.03.2024 im Kino
Genre: Komödie
Regie und Buch: Julien Herve‘
Mit: Christian Clavier, Didier Bourdon, Sylvie Testud